13.01.2016

INES-1-Fall im AKW Leibstadt
nachträglich bekannt geworden

AKW Leibstadt - Foto: Adriana Ascoli
Bern (LiZ). Eines der Notkühl-Systeme des Schweizer AKW Leibstadt war im Jahr 2014 für rund 11 Tage wegen eines Computer-Fehlers nicht verfügbar. Dies wurde erst jetzt bekannt. Die Schweizer Atom-Aufsicht ENSI stufte dies auf der internationalen INES-Skala auf der Stufe 1 ein.

Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt am Rhein nahe der Aare-Mündung und der deutschen Grenze bei Waldshut-Tiengen ging Ende 1984 in Betrieb. Die von der Schweizer Regierung im Jahr 2011 für das Jahr 2034 versprochene Stilllegung ("Atom-Ausstieg nach 50 Jahren Betrieb") wurde mittlerweile fiktiv auf "unbestimmt" verlängert (Siehe hierzu unsere Artikel vom 26.05.11 und vom 9.12.14). Das AKW Leibstadt verfügt über einen Reaktor vom Typ Siedewasser mit einer Leistung von 1.275 MW, der durch einen Naturzug-Naßkühlturm gekühlt wird. Falls dieses Kühl-System ausfällt, soll ein mit Grundwasser gespeistes Notkühl-Systeme zur Verfügung stehen.

Im Jahr 2014 - präzise Angaben wurden nicht gemacht - soll ein Teil dieses Notkühl-Systems wegen der gleichzeitigen Nichtverfügbarkeit zweier Pumpen für rund 11 Tage nicht funktionsfähig gewesen sein. Laut den vorliegenden Angaben war hierfür wiederum ein Fehler im computergesteuerten Wartungs-Management ursächlich. Ein vorgegebenes Wartungs-Intervall war überschritten worden und der Ausfall von elektrischen Leistungsschaltern der Grundwasser-Pumpen erst bei einer darauffolgenden Revision entdeckt worden.

Das Eidgenössischen Nuklearsicherheits-Inspektorat (ENSI) verharmlost in seiner Stellungnahme die Ursache mit der Formulierung, "die Ausfälle" seinen durch "eine unzureichende Wartungsplanung in Kombination mit einer Überschreitung der Wartungsintervalle begünstigt" worden. Weiter heißt es von Seiten des ENSI wie üblich, der Betrieb des AKW sei "durch die Pannen nicht beeinträchtigt" worden. Alle sogenannten Kernnotkühl-Systeme seien uneingeschränkt verfügbar gewesen. Zugleich geht aus dem Bericht des ENSI hervor, daß "rechnerisch während des betreffenden Zeitraums ein leicht erhöhtes Risiko im Fall einer Reaktorstörung" zu verzeichnen war. Der Fall wurde vom ENSI auf der zweitniedrigsten Stufe 1 auf der achtteiligen internationalen Skala für nukleare Ereignisse bewertet. Von Seiten des AKW-Betreibers hieß es, der Software-Fehler sei gefunden und behoben worden.

Im Jahr 2011 wurde im AKW Leibstadt ein Mitarbeiter verstrahlt (Siehe unseren Artikel v. 18.02.11). Im Juli 2014 wurde bekannt, daß sechs mutwillig vorgenommene, wanddurchdringende Bohrungen durch das Containment über sechs Jahre nicht entdeckt worden waren (Siehe hierzu unsere Artikel v. 7.07.14 und v. 11.07.14).

Im Juni 2015 wurde bekannt, daß das AKW Leibstadt nicht mehr rentabel ist (Siehe unseren Artikel v. 20.06.15). An dem als AG geführten Betreiber sind sechs Schweizer Energie-Unternehmen beteiligt: die Alpiq AG mit 27,4 Prozent, die Alpiq Suisse SA mit 5 Prozent, die Axpo Power AG mit 22,8 Prozent, die Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW) mit 13,6 Prozent, die Axpo Trading AG (ehemals EGL) mit 16,3 Prozent, die Bernische Kraftwerke AG (BKW FMB Energie AG) mit 9,5 Prozent und die AEW Energie AG mit 5,4 Prozent.

Ein Super-GAU im AKW Leibstadt würde sich in seinen Auswirkungen nicht sehr von einem Super-GAU in einem der beiden Reaktoren des nur wenige Kilometer entfernten AKW Beznau unterscheiden:

Radioaktive Kontamination nach einem Super-GAU im Schweizer AKW Beznau

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Reaktor-Stahl des AKW Beznau
      löchrig wie Emmentaler (8.10.15)

      AKW Beznau am Ende?
      14 Jahre vor "Atom-Ausstieg" (16.07.15)

      AKW Leibstadt unrentabel
      Atom-Ausstieg Dank roter Zahlen? (20.06.15)

      Rote Zahlen beim Schweizer AKW-Betreiber
      und Strom-Konzern Axpo (19.12.14)

      Reiche Schweiz - Uralte Atomkraftwerke
      Gefahrzeitverlängerung auf 60 Jahre (9.12.14)

      Löcher im AKW Leibstadt
      6 Jahre lang nicht entdeckt (11.07.14)

      Löcher im AKW Leibstadt
      Feuerlöscher falsch montiert (7.07.14)

      Radioaktiver Müll in Schweizer Wohngebiet
      Behörde schwieg 18 Monate lang (30.05.14)

      Schweizer Atomkraftwerke
      Gefahr für weite Teile Europas (14.02.14)

      Transparente Schweizer Endlager-Suche?
      Illusion um Benken geplatzt
      Rücktritt von KNS-Geologe Marcos Buser (2.07.12)

      Schweizer Uralt-AKW Beznau:
      Riß im Reaktordeckel? (19.06.12)

      Schweizer AKW Beznau:
      Reaktor II wegen Kühlproblem abgeschaltet (24.03.12)

      Atomkraftwerke
      Kernschmelz-Risiko unterschätzt (1.03.12)

      Schweizer AKW Beznau
      jetzt ältestes Atomkraftwerk der Welt (29.02.12)

      Endlagersuche in der Schweiz
      20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)

      Atommüll-Endlager in der Schweiz?
      Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)

      AKW Mühleberg abgeschaltet
      Schwere Vorwürfe
      gegen Schweizer Atom-Aufsicht ENSI (4.07.11)

      Atom-Ausstieg in der Schweiz?
      Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)

      20.000 beim AKW Beznau
      Größte Schweizer Anti-AKW-Demo seit 25 Jahren
      (22.05.11)

      AKW Leibstadt
      Mitarbeiter verstrahlt (18.02.11)

      Schweizer Studie:
      AKW-Neubau unwirtschaftlich (8.06.10)

      5000 bei Schweizer Anti-AKW-Demo
      Für Abschaltung des AKW Gösgen und gegen neue AKW
      (25.05.10)

      Schlechte Noten für Schweizer Atomkraftwerke
      Verfahren gegen zwei AKW-Betreiber (6.05.10)

      Schweizer AKW Mühleberg
      bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?
      Unbefristete Betriebsgenehmigung
      ohne BürgerInnenbeteiligung (22.12.09)

      August 2009: "Panne" im AKW Beznau
      Zwei Angestellte verstrahlt - bis heute verharmlost
      (9.11.09)

      Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
      Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)

      Patt bei Atomenergie in der Schweiz
      Hauptstadt Bern will auf erneuerbarre Energien umsteigen
      (29.05.09)

      Demo gegen Schweizer
      Atom-Endlager in Benken (20.09.08)

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz)
      und Bure (Frankreich) (4.01.08)

      'Stopp-Atom'-Allianz in der Schweiz gegründet
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      von Greenpeace Schweiz (31.08.07)

      Neuformierung der Anti-Atom-Bewegung in der Schweiz
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      Kein Kampf um Atomausstieg? (3.07.07)

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      geplantes Endlager für Atommüll (26.10.05)

      Schweiz: Alternativen zu Atom-Endlager Benken?
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      Die Schweiz zwischen Atom und "direkter Demokratie"
      (10.03.01)

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      Hier strahlt die Schweiz: Atomklo Hochrhein

      Die Geschichte der Atom-Unfälle
      Folge 7 der Info-Serie Atomenergie