12.09.2011

Explosion in Nuklear-Anlage Marcoule
Ein Toter

Nuklear-Anlage Marcoule Avignon (LiZ). In der Nuklear-Anlage Marcoule, rund 30 Kilometer nördlich von Avignon, ereignete sich heute gegen 11:45 Uhr eine Explosion, bei der ein Mensch ums Leben kam, vier weitere wurden verletzt. Laut amtlicher Stellungnahme wurde eine "Sicherheitszone" eingerichtet. Auf dem Gelände der Anlage befinden sich mehrere ältere bereits seit längerem stillgelegte Atomreaktoren.

Nach Angaben der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN wurde bei der Explosion in der Nuklear-Anlage Marcoule ein Mensch getötet und vier weitere verletzt. Entgegen den üblichen Beschwichtigungsformeln geht die Behörde offenbar von der Gefahr aus, daß Radioaktivität in die Umgebung der Anlage entweicht. Es wurde eine "Sicherheitszone" mit unbekanntem Radius eingerichtet.

Laut einer Sprecherin der Nuklear-Anlage Marcoule ereignete sich die Explosion in einem Verbrennungsofen für schwach radioaktive Abfälle. Die Ursache sei noch unbekannt. Der französische Energie-Konzern EdF, Betreiber von 19 Atomkraftwerken mit insgesamt 58 Reaktoren, gab die Interpretation heraus, es handele sich um einen "Industrieunfall" und nicht um einen Atomunfall. Die Nuklear-Anlage Marcoule wird von der EdF-Tochter Socodei betrieben.

Zugleich wird die Nuklear-Anlage unter anderem vom französischen Atom-Konzern Areva für die Aufarbeitung abgebrannter Uran-Brennstäbe genutzt. So wird in Marcoule das hochgefährliche Uran-Plutonium-Gemisch MOX produziert. MOX-Brennstäbe zählen nach Ansicht von UmweltschützerInnen zu den gefährlichsten der Welt. So stammten beispielsweise die in Reaktor III des AKW Fukushima Daiichi eingesetzten MOX-Brennstäbe aus der Produktion von Areva.

Auf dem Gelände der Nuklear-Anlage Marcoule befinden sich zwei kleinere UNGG-Reaktoren, die in den Jahren 1980 und 1984 stillgelegt worden sind. Außerdem befindet sich hier der 1998 stillgelegte Prototyp eines Schnellen Brüters, der 'Phénix', der als Modell für das gescheiterte Projekt des Schnellen Brüters 'Superphénix' in Creys-Malville gebaut worden war.

Seit dem Beginn des Super-GAU von Fukushima hält die französische Regierung am Weiterbetrieb der Atomkraftwerke fest. Die Aufsichtsbehörde ASN startete im Jahr 2009 eine dritte Reihe von Zehnjahresinspektionen der 34 Reaktoren der 900-Megawatt-Klasse. Diese begann bei den AKW Fessenheim und Tricastin. Nach einer Stellungnahme der ASN vom Juli 2009, wonach es keine anlagebedingten Probleme gebe, die es in Frage stellen könnten, daß die EdF die "Sicherheit" der Atomkraftwerk für eine Betriebszeit von 40 Jahren zu gewährleisten vermag, ist davon auszugehen, daß das Ergebnis der Inspektionen bereits vorab feststeht.

In den vergangenen sechs Monaten ist auch in Frankreich der Ruf nach einem Atom-Ausstieg lauter geworden. Laut Meinungsumfragen sprechen sich mittlerweile über 66 Prozent der FranzösInnen gegen Atomenergie aus. Noch vor einem Jahr wurde von den deutschen Mainstream-Medien immer wieder suggeriert, in Frankreich sei eine Mehrheit der Bevölkerung für Atomenergie. Auch eine Mehrheit der Deutschen saß diesem Vorurteil gegen die NachbarInnen im Westen auf. Bereits vor der Reaktor-Katastrophe von Fukushima ergab beispielsweise das Euro-Barometer 2006/2007 für Frankreich mit 56:33 Prozent eine deutliche Mehrheit gegen Atomenergie. Diese Mehrheit war zum damaligen Zeitpunkt sogar größer als in Deutschland (51:37).

 

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