4.03.2012

Warnung vor AKW Angra
Der Wahnsinn der Hermes-Bürgschaften

Eine Hand wäscht die andere Berlin (LiZ). Daß in Deutschland im vergangenen Jahr keineswegs ein Atom-Ausstieg von "Schwarz-Rot-Grün-Gelb" beschlossen wurde, zeigte sich schon am Weiterbetrieb von neun Atom-Reaktoren und an dem vor wenigen Tagen von den Ministern Röttgen und Rösler verkündeten Solar-Ausstieg. Doch weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit werden zudem deutsche Milliarden-Subventionen für den Ausbau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra eingefädelt.

Wer an die in Deutschland zum zweiten Mal innerhalb von elf Jahren verkündete Mär vom Atom-Ausstieg glaubte, rieb sich ob des vermeintlichen Widerspruchs die Augen: Die deutsche Bundesregierung erklärt den Ausstieg aus der Atomenergie und fördert zugleich in Brasilien den Bau eines dritten Atom-Reaktors am Standort des AKW Angra. Nun zeigt zudem ein Gutachten im Auftrag der Umweltschutz-Organisation 'urgewald' auf, daß das AKW Angra massive Sicherheitsdefizite aufweist.

Eine Nuklear-Katastrophe im AKW Angra kann laut Gutachten sogar den Super-GAU von Fukushima in den Schatten stellen. Die Anlage ist einem Tsunami nahezu schutzlos ausgeliefert. Aufgrund seiner Lage an einem schmalen Uferstreifen zwischen Meer und Steilhang ist das Atomkraftwerk mit bislang zwei Reaktoren auch vor einem Erdrutsch nicht ausreichend geschützt. Zudem ist eine Evakuierung der Bevölkerung extrem erschwert, weil diese lediglich über eine Küstenstraße möglich wäre. Auch könnte die Betonhülle die geplanten dritten Atom-Reaktors allenfalls dem Aufprall einer Cessna standhalten, nicht aber dem Absturz eines gekaperten Linienflugzeugs nach dem Vorbild des 11. September 2001. Laut Gutachten entspricht das AKW Angra nicht einmal den Kriterien, die der brasilianische Atom-Konzern Eletronuclear derzeit benutzt, um geeignete Standorte für den Bau neuer Atomkraftwerke zu identifizieren.

Im September 2011 hatte die deutsche Bundesregierung eine Hermes-Bürgschaft für das AKW Angra zunächst um ein halbes Jahr verlängert. Noch im März will sie nun darüber entscheiden, ob sie den Bau von Angra III mit einer Hermes-Bürgschaft im Volumen von 1,3 Milliarden Euro unterstützt. UmweltschützerInnen werfen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, auch Hermes-Bürgschaften für weitere Atomenergieprojekte im Ausland zu planen. Dazu gehöre der Bau eines AKW in der Provinz Hainan in China und der Bau von sieben Atom-Reaktoren mit jeweils 1.600 Megawatt Leistung im indischen Jaitapur - einem Erdbeben- und Tsunamigebiet. Die Bundesregierung prüfe Export-Bürgschaften in Höhe von 26 Millionen Euro. Außerdem lägen Bürgschafts-Anfragen für AKW-Bauten in Großbritannien und Finnland vor.

Auch die "rot-grüne" Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder hatte bereits mit Hermes-Bürgschaften in den Jahren 1999 (AKW Krsko, Slowenien) und 2003 (AKW Lianyungang, China) bewiesen, daß die Einschätzung des bekannten Publizisten Holger Strohm aus dem Jahr 2000 zutraf: "Dabei waren Atomkraftwerke anfangs nur für 25 Jahre Betrieb ausgelegt. Seit über einem Jahrzehnt ist kein neues Atomkraftwerk mehr ans Netz gegangen. Das heißt, die Atomkraftwerke laufen länger als ursprünglich geplant, und das wird uns als Ausstieg verkauft. Wir werden arglistig getäuscht!"

 

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Anmerkungen

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