23.11.2018

Dioxine in Plastik-Spielzeug
BUND fordert strengere Gesetze

Zauberwürfel-Anhänger - Foto: Klaus Schramm - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Berlin (LiZ). Nach einer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) veröffentlichten Studie weisen Billig-Produkte aus recycelten Kunststoff-Abfällen aus Elektro-Schrott alarmierend hohe Werte an bromierten Dioxinen auf. Die höchsten Werte wurden bei einem in Deutschland gekauften Zauberwürfel-Anhänger gefunden.

Im Falle des Zauberwürfels überschreitet der gemessene Wert an bromierten Dioxinen sogar den in der nationalen Chemikalienverbots-Verordnung festgelegten Grenzwert. Der BUND hat deshalb die zuständige Behörde verständigt, damit das Produkt umgehend vom Markt genommen wird. Weitere acht Produkte aus Tschechien, Frankreich, Portugal, Argentinien, Indien und Nigeria (sieben Spielzeuge und eine Haarklammer), die im Rahmen der Studie "Dioxine in Plastikspielzeug" (Toxic Soup: Dioxins in Plastic Toys) analysiert wurden, waren ebenfalls stark belastet. Die ermittelten Werte für die hochgiftigen bromierten Dioxine und Furane liegen bei allen getesteten neun Produkten im Bereich dessen, was sonst nur in der Flugasche von Müllverbrennungsanlagen gemessen wird und sind damit stark gesundheitsgefährdend.

"Daß der Zauberwürfel aus Deutschland als einziger die Grenzwerte überschreitet, heißt nicht, daß die anderen Produkte sicher sind," erklärte BUND-Chemie-Experte Manuel Fernández. "Die nationale Chemikalienverbots-Verordnung regelt leider nicht alle Dioxin-Verbindungen. Bei der jetzt analysierten Art von Dioxinen handelt es sich um Verunreinigungen durch bromierte Flammschutzmittel. Deshalb muß der Grenzwert für diese Flammschutzmittel in Recyclingmaterialien radikal gesenkt werden. Nur so läßt sich vermeiden, daß Gifte mit recycelt werden."

Peter Behnisch, Direktor des Labors Biodetection Systems in Amsterdam und Ko-Autor der Studie, erläutert dazu weiter: "Die Dioxinwerte belegen ein überraschend hohes toxisches Potenzial von recyceltem Plastik. Soweit wir wissen, ist das die erste öffentlich zugängliche Studie über bromierte Dioxine in Produkten für Kinder."

Bromierte Dioxine sind hochgiftige Stoffe, die das Krebsrisiko erhöhen und die Entwicklung des Gehirns sowie das Hormonsystem und die Funktion der Schilddrüse stören können. Obwohl chemisch verwandt mit den weltweit unter der Stockholm-Konvention für langlebige organische Gifte (POPs) verbotenen chlorierten Dioxinen und auch ähnlich giftig, sind sie bislang kaum reguliert. Sie entstehen unter anderem bei der thermischen Zersetzung von Plastikabfällen, die bestimmte bromierte Flammschutzmittel enthalten (sogenannte PBDE) und landen so in Recyclingprodukten. PBDE stehen zwar auf der POPs-Liste, doch gilt derzeit eine Ausnahmeregelung, die bei Recyclingprodukten eine 100-fach höhere Konzentration erlaubt, als in Produkten aus neuen Materialien. Diese Regelung gilt auch in der EU.

In wenigen Tagen treten in Brüssel die zuständigen Behörden und POPs-Experten zusammen, um die gegenwärtigen Recyclingbestimmungen für POPs zu diskutieren. Dies bietet Anlaß für Jindrich Petrlik, Ko-Autor der Studie und Direktor der tschechischen Umweltorganisation Arnika sowie im Vorstand von IPEN (International POPs Elimination Network), klare Forderungen zu stellen: "Die Ausnahmeregelungen für Recyclingmaterialien müssen sofort zurückgezogen und die bromierten Dioxine auf die POPs-Liste gesetzt werden. Die Grenzwerte für POPs in Abfallmaterialien müssen generell gesenkt werden."

"Der BUND sieht die deutsche Bundesregierung in der Pflicht, als einer der größten Chemie-Standorte und Exporteur von Elektroschrott mit gutem Beispiel voranzugehen und sich für strikte Recyclingregelungen einzusetzen," ergänzt Fernández. "Wir brauchen strengere Gesetze, um das Recycling von schadstoffhaltigen Kunststoffabfällen aus Elektroschrott zu unterbinden."

Die Recherchen zur Studie "Toxic Soup: Dioxins in Plastic Toys" wurden von Arnika, IPEN, BUND und HEAL (Health and Environment Alliance) durchgeführt. Die getesteten Produkte wurden 2017 und 2018 in den EU-Ländern Tschechien, Frankreich, Deutschland und Portugel sowie Argentinien, Indien und Nigeria eingekauft.

 

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