11.10.2010

Photovoltaik statt Atomenergie
Zwentendorf wird Forschungszentrum

Zwentendorf: Erneuerbare Energien statt Atomenergie Wien (LiZ). In den vergangenen zehn Jahren tischten die deutschen Mainstream-Medien immer wieder die Behauptung auf, mit dem "Atom-Ausstieg" isoliere sich Deutschland in Europa. Unterschlagen wurde dabei, daß Österreich bereits 1978 per Volksentscheid aus der Atomenergie ausstieg und die ItalienerInnen nach einem Referendum im Jahr 1987 innerhalb von zwei Jahren die Stilllegung ihrer Atomkraftwerke erzwingen konnten. In Österreich wurde nun in Zwentendorf, am Standort des nie in Betrieb gegangenen AKW, ein Photovoltaik-Forschungszentrum gegründet.

13 europäische Staaten sind frei von Atomenergie: Italien, Dänemark, Österreich, Irland, Luxemburg, Griechenland, Portugal, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Zypern und Malta. Fünf EU-Staaten haben in den vergangenen 20 Jahren - zumindest auf dem Papier - einen Atom-Ausstieg erklärt: Deutschland, Schweden, Spanien, Belgien und Litauen. Lediglich in Litauen wurde dieser mit dem Abschalten der beiden Reaktoren (der zweite zum Januar 2010) realisiert. Von den 27 EU-Staaten sind also nur 10 Profiteure der Zwangsgemeinschaft EURATOM.

Kaum beachtet wurde von den deutschen Mainstream-Medien, daß der Anteil der erneuerbaren Energien in Österreich bereits einen Anteil von 66 Prozent an der Stromerzeugung erreicht hat - in Deutschland liegt dieser erst bei 17 Prozent. So schreibt etwa die österreichische Kronen Zeitung nicht ohne Stolz: "Die Deutschen müssen sich ein Vorbild an Österreichs Energieversorgern nehmen: Denn während unsere Nachbarn blind auf Atomkraft setzen, wird hierzulande vermehrt die Kraft der Sonne genutzt." Symbolkraft erhält dabei die Umwidmung der Kraftwerks-Ruine des nie in Betrieb gegangenen AKW Zwentendorf. Dort nahm im Sommer 2009 Photovoltaik-Werk seinen Betrieb auf.

Zudem wurde nun am Standort Zwentendorf ein Photovoltaik-Forschungszentrum gegründet. Handelsübliche Photovoltaik-Module, solare Nachführungssysteme (Tracker), Solar-Wechselrichter und Hilfseinrichtungen werden dort unter realen Umweltbedingungen hinsichtlich ihrer Effizienz, Anwendungstauglichkeit und ihren Investitions- und voraussichtlichen Betriebskosten untersucht. Ziel ist es unter anderem, Erfahrungen zu sammeln, welche Module sich für die Haus- und Garagendächer am besten eignen.

In Zwentendorf wurden auf dem Dach des Kraftwerkes, an den Seitenwänden und im Freigelände Solarmodule verschiedener Hersteller mit einer Gesamtleistung von 214 kWp (Kilowatt Peak = Spitzenleistung) und einer nutzbaren Leistung von 190 kW installiert. Auf dem Freigelände sind zwei Modul-Gruppen mit automatischen Nachführungseinrichtungen versehen, um einen Vergleich des möglichen Mehrertrags mit den höheren Investitionskosten zu ermöglichen. Die Module können über ein automatisches Meß-System mit Internetanschluß fernüberwacht und ausgewertet werden. Eine Kamera ermöglicht es, den Einfluß der Wetterbedingungen, insbesondere von winterlicher Schneelast, sowie die natürliche Selbstreinigung der Module durch Niederschlag zu überwachen. "Die Selbstreinigung ist ein spannendes Thema, wahrscheinlich wird herauskommen, daß eine etwas steilere Aufstellung günstiger ist. Hier muß die geringe Ertragsminderung mit den hohen Reinigungskosten verglichen werden," erklärt Günther Brauner, Professor am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft an der TU Wien.

In Langzeituntersuchungen können die Degradation der Module, die Leistungsminderung bei sommerlicher Erwärmung, sowie die Effizienz der Photovoltaik-Wechselrichter beurteilt werden. Hieraus sollen Erkenntnisse für den großflächigen Einsatz von Photovoltaik-Systemen hinsichtlich der erforderlichen Modul-Eigenschaften, der Aufstellung und der Netzanbindung, sowie der Investitions- und Wartungskosten einschließlich der Auswirkungen auf die Verteilungsnetze untersucht werden.

Burkhard Hofer, Chef der Energie Versorgung Niederösterreich (EVN), erklärte: "Die EVN sieht Zwentendorf als Symbol für eine erneuerbare Energiezukunft und wird den Standort auch nutzen, um ihren Kunden und Kundinnen die Einsatzmöglichkeiten von Strom und Wärme aus Sonnenenergie nahe zu bringen."

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Verbände fordern Energieeffizienz
      und zukunftsweisendes Energiekonzept (24.08.10)

      Frankreich: Schrägdach-Solaranlage
      mit über 5000 Modulen (23.07.10)

      Greenpeace deckt auf:
      Deutsche Kohle-Subvention
      mit jährlich 13 Milliarden Euro (4.06.10)

      Konkurrenz für die Großen Vier
      Kommunen drängen auf den Strom-Markt (14.04.10)

      Energie-Kommune Wildpoldsried im Allgäu
      Dreimal soviel Ökostrom wie Eigenverbrauch (8.04.10)

      Was ist eigentlich aus Mülheim
      als RWE-Vorzeigestadt geworden? (28.02.10)

      Der Kampf um das Strom-Netz hat begonnen
      EnBW lockt Bürgermeister mit Gänsebraten (23.10.09)

      Gerichtsentscheid gegen Strom-Konzerne
      BGH erzwingt Dezentralisierung
      und stärkt Erneuerbare Energien (29.09.09)

      Wachstum der Windenergie weiter behindert
      Halbierung des Zuwachses gegenüber 2002 (18.09.08)

      Globaler Energie-Vergleich:
      13 mal soviel Zubau an Windenergie
      wie an Atomenergie (20.07.08)

      EEG bremst erneuerbare Energien:
      Wachstum der Photovoltaik stagnierte 2007
      in Deutschland (6.05.08)

      100 Prozent Ökostrom in 8 Jahren
      Eine realistische Perspektive für die Energiewende?
      (15.03.08)

      Erneuerbare Energien bei 14 Prozent
      Schlechte Aussichten für weiteres Wachstum (9.01.08)

      E.on, RWE, EnBW und Vattenfall
      treiben die Strompreise hoch
      Kartellamt sitzt auf brisanten Ermittlungsdaten (5.11.07)

      Solarer Wasserstoff
      Seit über 20 Jahren eine praktikable Alternative (3.11.07)

      Für oder gegen die Stromkonzerne?
      Was treibt die Bundesregierung hinter den Kulissen?
      (7.01.07)

      Bundesregierung predigt Klimaschutz
      und bremst Ökostrom (24.10.07)

      Der Ausgangspunkt
      Folge 1 der Info-Serie Energiewende

      Die Subventionierung der Atomenergie
      Folge 3 der Info-Serie Info-Serie Atomenergie