30.12.2010

Winter schützt Klima
Flugverkehr lahmgelegt

Flugzeug mit Schneemann Berlin (LiZ). Die anhaltende Winterkälte führt auf den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld zu Flugausfällen. So schützt der Winter das Klima, für das kürzlich auf dem Klimagipfel im mexikanischen Cancún PolitikerInnen aus über 160 Staaten nur heiße Luft übrig hatten. Eine Schweizer Spezial-Chemiefirma, die etliche europäische Flughäfen mit dem Enteisungsmittel Glykol versorgt, hat massive Engpässe und muß daher vom 1. bis 4. Januar die Produktion unterbrechen. Dem Vernehmen nach sind europaweit über 100 Flughäfen von dem Liefer-Stop betroffen.

Leif Erichsen, Sprecher der Berliner Flughäfen, bestätigte, daß eine Warnung des Lieferanten vorliegt, die "sehr beunruhigend" sei. Das Schweizer Spezial-Unternehmen ist der einzige Lieferant der für Tegel und Schönefeld zuständigen Firma GlobeGround. Die derzeit hohe Nachfrage nach Glykol scheint die gesamte Branche überrascht zu haben.

Der Produktions-Stop könne "je nach Wetterlage und Vorratsmengen der Flughäfen zu erneuten Beeinträchtigungen im europäischen Flugverkehr führen", hieß es. Die Vorräte an Glykol sind begrenzt: In Tegel faßt das Glykol-Depot 120.000 Liter, in Schönefeld 60.000 Liter. Wegen des strengen Winters sind in den vergangenen Wochen in Berlin bereits mehr als 1000 Flüge ausgefallen. Fehlende Enteisungsmitteln hatten schon mehrfach für Ausfälle im europäischen Luftverkehr gesorgt, so in London-Heathrow, am Pariser Flughafen Charles de Gaulle und in Brüssel. Fluggäste warteten mitunter tagelang auf den Weiterflug.

Das Schweizer Chemie-Unternehmen produziert seit Oktober rund um die Uhr. Allein im Dezember sei die Produktion von Glykol gegenüber dem Vorjahr um die Hälfte gesteigert worden. In Berlin wurde in den vergangenen Tagen so viel Enteisungsmittel verbraucht wie im gesamten vorigen Winter. Ähnlich sieht es an den Flughäfen Düsseldorf und Frankfurt am Main aus.

Frankfurt am Main scheint jedoch - vorerst - nicht von dem Liefer-Stop des Schweizer Unternehmens betroffen zu sein: N*Ice, die Enteisungs-Fachtochter der Betreibergesellschaft Fraport, bezieht ihr Mittel aus den Niederlanden und Großbritannien. "Wir haben uns bei den Glykol-Vorlieferanten regelmäßige Lieferungen gesichert," sagt N*Ice-Chef Wolfgang Gräf. Allerdings ist auch in Frankfurt der übliche Domino-Effekt zu erwarten.

Die Probleme mit dem Nachschub für die Flugzeug-Enteisung alarmiert auch den Flughafenverband ADV. "Die Airports versuchen schon seit Wochen alles, um weitere Lieferanten zu finden", sagt ADV-Geschäftsführer Ralph Beisel. Schon vor Weihnachten sei etwa eine Schiffsladung aus den USA geordert worden. Doch diese wird erst in der kommenden Woche ankommen.

Laut internationalen Sicherheitsvorschriften müssen Tragflächen und Leitwerke eines Flugzeugs beim Start eisfrei sein. Das Enteisungsmittel Glykol wird in sogenannten Crackern aus Erdöl beziehungsweise Erdgas gewonnen. Die Zahl dieser Anlagen ist in Europa begrenzt.

Welchen Stellenwert Umwelt und Klima bei PolitikerInnen tatsächlich haben, zeigte sich in doppelter Hinsicht beim Gipfeltreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy am 10. Dezember in Freiburg. Der für den Personenverkehr eigentlich nicht freigegebene Flughafen in Lahr diente zur Landung der Prominenz. Die Tonnagebeschränkung wurde aufgehoben und Umweltauflagen spielten plötzlich keine Rolle mehr. Die großflächige Enteisung der Rollbahn fand ohne die ansonsten zwingend vorgeschriebene Entwässerung statt. Große Mengen Enteisungsmittel flossen so ungeklärt ins Grundwasser. In Freiburg wurde gar das Verbot außer Kraft gesetzt, wonach der Motor von Autos nicht im Stand warmlaufen gelassen werden darf. Bereits 15 Minuten vor der Abfahrt von Merkel und Sarkozy starteten die Motoren der gesamten Flotte von Staatskarossen vor dem Historischen Kaufhaus und verpesteten die Luft, wie die Lokalpresse berichtete.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Nur heiße Luft in Cancún
      Keine konkreten Verpflichtungen (12.12.10)

      "Bundeshauptstadt im Klimaschutz 2010"
      Wie kommt Freiburg zu der Ehre? (26.10.10)

      Merkels Klimapolitik: Nur Bluff
      Gebäudesanierung "entschärft" (23.09.10)

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      mit Klimaschutz-Aussagen vor (7.09.10)

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      und zukunftsweisendes Energiekonzept (24.08.10)

      Frankreich: Schrägdach-Solaranlage
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      mit jährlich 13 Milliarden Euro (4.06.10)

      Klima: Grönland steigt empor
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      (26.04.10)

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      Die Klima-Heuchler von Koch bis Platzeck (25.02.10)