20.09.2015

Griechenland bleibt schwarz
Tsipras wird Insolvenz-Verwalter

Griechisches Nein - Zertreten! - Grafik: Samy
Athen (LiZ). Bei den von Griechenlands Pro-Forma-Regierungs-Chef Alexis Tsipras einberufenen vorgezogenen Parlaments-Wahlen, gewann sein als links firmierendes Parteien-Bündnis Syriza trotz deutlicher Stimmenverluste die Mehrheit. Da sich Tsipras weigerte, die ihm mit dem Referendum vom 5. Juli aufgetragene Abwehr der von der Troika auferlegten Austeritäts-Politik umzusetzen, steht er nun vor Aufgabe, als Insolvenz-Verwalter die Abwicklung Griechenlands zu organisieren.

Nach vorläufigen Hochrechnungen kommt Syriza auf rund 35 Prozent der abgegebenen Stimmen, was bei einer Wahlbeteiligung von rund 55 Prozent (25. Januar: 64 Prozent) einem Rückgang der Stimmen von 2,25 Millionen um mehr als 300.000 auf 1,93 Millionen entspricht. Syriza hat demnach rund 15 Prozent an Zustimmung in der griechischen Bevölkerung eingebüßt. Den Sieg hat Tsipras vor allem der Tatsache zu verdanken, daß die Partei-PolitikerInnen der als konservativ firmierenden neoliberalen Nea Dimokratia und der als "gemäßigt" links firmierenden Pasok, die Griechenland durch Korruption, irrsinnige Waffeneinkäufe, Aufblähung des Militär-Apparats und unverantwortliche Verschuldungs-Politik bei europäischen (vor allem deutschen und französischen) Banken in die Misere führten, noch unbeliebter sind.

Offenbar hat Tsipras erneut - wie bereits vor dem 25. Januar - eine Koalition mit der Anel-Partei von Panos Kammenos vereinbart. Dem ist zu entnehmen, daß auch weiterhin die Interessen des griechischen Militärs nicht angetastet werden. Der Kurs verschärften Sozial-Abbaus, der auf eine Abwicklung Griechenlands hinausläuft, wurde durch die Anerkennung der 13-seitigen "Reform"-Liste der Troika durch Tsipras und Kammenos bereits wenige Tage nach dem Referendum vom 5. Juli bindend festgelegt (Siehe unsere Artikel v. 5.07.15 und v. 10.07.15). Dies gewährleistet, daß die Rettung vor allem deutscher und französischer Banken auf dem Rücken der Mehrheit des griechischen Volks fortgesetzt werden kann.

Tsipras übernimmt damit eine ähnliche Rolle wie Gerhard Schröder in den Jahren von 1998 bis 2005, der Dank seinem linken Image mit der Einführung der Hartz-Gesetze und dem massiven Ausbau des Niedriglohn-Sektors den einschneidendsten Sozial-Abbau nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland durchsetzen konnte. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Aussage des früheren Chefs der Aufsichtsräte von DaimlerChrysler und Deutscher Bank, Hilmar Kopper, vom November 1999: "Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, ob ich mir eine aktive Beteiligung der Bundesregierung auf dem Balkan unter rot-grüner Beteiligung vorstellen könnte, dann hätte ich Sie für nicht recht gescheit gehalten. Genauso aber kam es. Und es konnte nur von der rot-grünen Regierung kommen, sonst hätten wir in diesem Land eine Revolution gehabt. Ähnliches gilt wohl auch für die Veränderung des Sozialstaates." Vermutlich wird jedoch Tsipras als Insolvenz-Verwalter Griechenlands noch weitaus verheerendere Spuren hinterlassen als die Schröders in Deutschland. Bereits heute sind 25 Prozent der GriechInnen arbeitslos und das Gesundheitssystem ist auf einen Stand wie in einem "Entwicklungsland" abgesunken. Doch dies bedeutet keineswegs, daß es nicht noch weiter abwärts geht.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Tsipras hat nicht kapituliert
      Es ist sein politischer Offenbarungseid (10.07.15)

      Griechisches Referendum
      Sieg der Unteren Zweidrittel
      Sieg für Europa (5.07.15)

      "Nein zu diesem Vertrag!"
      Brief von Linken in Syriza (28.02.15)

      Griechenland und EU
      Kompromiß oder Bluff? (24.02.15)

      Griechenland: Durchbruch für Syriza
      Ende des Elends? (25.01.15)

      Schmiergelder für griechische Panzer-Deals?
      Ermittlungen gegen KraussMaffeiWegmann (14.11.14)

      Banken bekommen
      zweites Griechenland-Hilfspaket (21.02.12)