5.05.2016

Sieg Mexikos über die USA?
Niederlage für Umwelt-Standards

Stoppt TTIP!
Genf (LiZ). Vor einem Schiedsgericht der Welthandels-Organisation WTO hat die US-Regierung gegen die mexikanische Regierung verloren. Die US-Regierung hatte ein Gesetz erlassen und ein Siegel eingeführt, das delphin-sicher gefangenen Thunfisch auszeichnet. In der Begründung des letztinsanzlichen Urteils heißt es nun, dieses Siegel sei ein "Handelshemmnis".

Die mexikanische Regierung hatte vor dem WTO-Schiedsgericht im Interesse ihrer Fischfang-Industrie geklagt, weil diese auch Methoden anwenden, bei denen immer noch viel zu viele Delphine sterben. In der Urteils-Begründung des Schiedsgerichts wird nun damit argumentiert, das in den USA eingeführte Siegel sei ein Handelshemmnis, weil es die mexikanischen Thunfisch-Exporte diskriminiere. Und dies, obwohl der Verkauf des aus Mexiko in die USA exportierten Thunfischs nicht etwa verboten war.

Thilo Bode, Gründer der VerbraucherInnen-Organisation foodwatch, weist darauf hin, daß dieser Fall ein eklatantes Beispiel dafür ist, was Europa bei Abschluß des sogenannten Freihandels-Abkommens TTIPP drohe: "Ich höre manchmal den Vorwurf, wir würden es mit unserer Kritik übertreiben, daß TTIP und CETA unsere Demokratie unterhöhlen. Aber das Urteil der WTO zeigt, daß genau das passiert: Das Handels-Interesse der Mexikaner sticht das demokratisch legitimierte Schutzgesetz der US-Amerikaner für die Delphine einfach aus."

Viele ExpertInnen sehen dies ebenso: Handelsinteressen werden durch TTIP auf ein Podest gehoben, von dem aus sie Gesetze zum Schutz der Umwelt, von VerbraucherInnen oder ArbeitnehmerInnen platt machen können. Das am vergangenen Wochenende von Greenpeace veröffentlichte TTIP-Geheimdokument bestätigt diese Befürchtung. Bode ist empört: "Als Bürger und Verbraucher haben wir eben auch noch andere Interessen als den ungehinderten Warenaustausch. Zum Beispiel das Interesse, eine der faszinierendsten Tierarten auf unserer Erde zu erhalten. Oder das Interesse, unser Grundwasser vor zu viel Gülle zu schützen, unser Getreide und Obst vor krebserregenden Pestiziden, unsere Lebensmittel vor irreführenden Angaben auf den Verpackungen. Dafür bedarf es immer wieder neuer Gesetze und Verordnungen - so wie die USA den Delphin-Schutz per Gesetz verbesserten, der nun Handels-Interessen geopfert wird." Und er warnt: "Wenn wir TTIP und CETA nicht stoppen, blüht uns genau das: Das Aushandeln widerstreitender Interessen in demokratischen Institutionen wird durch das Urteil anonymer Handelsrichter ausgehebelt."

Wenig bekannt ist bislang, daß es sich bei Handelsabkommen wie den geplanten TTIP oder CETA um völkerrechtliche Verträge handelt. Gesetze, die von ParlamentarierInnen in der EU, in den USA oder Kanada nach Inkrafttreten solcher Verträge beschlossen werden, dürfen den Vorgaben der Handelsverträge nicht widersprechen. Würde die EU zum Beispiel die "Ampel" zur verbraucherInnen-freundlichen Kennzeichnung des Fett-, Zucker- und Salzgehalts von Lebensmitteln einführen, obwohl TTIP eine solche Kennzeichnung verboten hat, verstieße die EU gegen Völkerrecht.

Die VerbraucherInnen-Organisation foodwatch informiert nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und in den Niederlanden die Öffentlichkeit über jene - aus ihrer Sicht - besorgniserregenden Teile der geplanten Verträge, die Partei-PolitikerInnen nicht selten verschweigen. foodwatch fordert dazu auf, sich zu informieren, sich selbst ein Urteil zu bilden und sich zu engagieren.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      TTIP-Leak
      Greenpeace stellt TTIP-Dokumente online (1.05.16)

      300 Kommunen gegen TTIP,
      CETA und TiSA (29.10.15)

      250.000 TeilnehmerInnen auf der
      Anti-TTIP-Demo in Berlin (11.10.15)

      TTIP-Studie:
      Rund 600.000 Arbeitslose mehr in Europa (16.11.14)

      TTIP und Transparenz
      Verhandlungen im Hinterzimmer (5.06.14)

      BUND gegen Freihandelsabkommen
      Geheimverhandlungen
      auf Kosten von Umwelt und VerbraucherInnen (13.07.13)