16.02.2012

Welche Pläne hat GM mit Opel?
Verkauf oder Kaputtsanierung?

Fährt Opel bald über die Klippe? Bochum (LiZ). Die seit 2004 andauernde Krise beim Autohersteller Opel ist wieder akut. Der US-amerikanische Mutter-Konzern General Motors (GM) wird zwar einen Konkurs vermeiden müssen, um das Europageschäft nicht zu gefährden. Möglicherweise aber wird Opel verkauft oder nach dem Beispiel von 2004 weiter kaputtsaniert.

Wie jetzt publik wurde, hat GM im Jahr 2011 mit Opel einen Verlust von 750 Millionen US-Dollar eingefahren. Doch der Verlust im Vorjahr war noch größer: zwei Milliarden US-Dollar. Im vergangenen Monat verkaufte Opel nur noch 56.000 Autos - gut 21 Prozent weniger als im Januar 2011. Dies zeigt, daß es mit Opel keineswegs aufwärts geht. Und eine Neuorientierung, etwa auf zukunftsträchtige und klimaverträgliche Autos mit Wasserstoff-Motoren, ist von einem aus den USA gesteuerten Unternehmen noch weniger zu erwarten als bei Konkurrenz-Konzernen wie Daimler, BMW oder VW. Die schlechte Auftragslage zeigt sich auch darin, daß die Opel-Werke derzeit höchstens zu 75 Prozent ausgelastet sind.

Doch auch die anderen deutschen Automobil-Konzerne versuchen die schlechte Lage durch allerlei Tricks zu kaschieren. So berichtet etwa der Autoexperte und Professor an der Universität Duisburg-Essen Ferdinand Dudenhöffer, daß bis zu 40 Prozent der derzeit in Deutschland produzierten Autos zunächst bei Händlern oder anderweitigen Scheinbesitzern angemeldet werden, um sie anschließend als "Gebrauchtwagen" mit nicht selten hohem Preisnachlaß zu verkaufen. Doch ein solcher Trick kann nicht lange funktionieren und allenfalls dabei helfen, kurzfristige Verkaufseinbrüche zu kompensieren. Auf die Dauer kommt eine solchermaßen vor sich hergeschobene Überproduktionshalde die Hersteller teuer zu stehen.

Daß es sich nicht allein um ein für Opel spezifisches Problem oder etwa eines der deutschen Autobranche handelt, zeigt sich in den Neuzulassungszahlen in Europa. Diese gingen nach Angaben des europäischen Verbandes der Automobil-Konzerne um 7,1 Prozent zurück. Und die Märkte in Südeuropa schrumpften gar zwischen 12 und 30 Prozent. Dadurch ist allerdings Opel besonders stark betroffen, denn in den von der Weltwirtschaftskrise stark gebeutelten Staaten Südeuropas waren die Autos aus Bochumer und Rüsselsheimer Produktion stärker gefragt. Und es ist absehbar, daß diese Nachfrage in den kommenden Monaten völlig einbricht.

Bei diesen schlechten Aussichten stehen die Manager im Stammsitz in Detroit unter heftigem Entscheidungsdruck. Auch die US-Administration unter Barack Obama, die GM mit Milliarden-Subventionen im Dezember 2009 aus dem Konkurs freikaufte, dürfte eheblichen Druck machen, das vermeintliche Faß ohne Boden in Europa schnellstmöglich abzustoßen.

Es ist daher nicht verwunderlich, daß GM kein Interesse daran zeigt, mit Produktionsverlagerungen die Lage in den deutschen Opel-Werken zu mildern. Während andere Auto-Konzerne wie Daimler, BMW und VW ihre Produktionsstätten je nach Nachfrage mit der Produktion von verschiedenen Modellen auslasten können, ist dies bei der Modellkonzeption bei Opel nahezu unmöglich. Modelle aber, die sehr wohl in Bochum oder Rüsselsheim vom Band laufen könnten - wie etwa die GM-Modelle Orlando oder Cruze, die auf derselben Plattform aufbauen wie der Astra - läßt GM in Korea fertigen. Und es ist kaum zu erwarten, daß GM dies ändert.

Offenbar hat GM längst die Option aufgegeben, Opel zu sanieren oder ein solches Ziel nach 2004 gar nicht mehr ernsthaft verfolgt. Stattdessen konnte GM den Absatz von Modellen, die ursprünglich für den US-Markt konzipiert waren, in Europa überraschend gut voranbringen. Manche rechnen daher damit, daß eine neue Runde des Kaputtsanierens mit Massenentlassungen und sogenannten Transfergesellschaften ansteht. Die Spekulationen gehen allerdings eher in die Richtung, daß GM sich von Opel trennen wird - und sei es für einen symbolischen Verkaufspreis von einem US-Dollar. Leider wird die Belegschaft jedoch nicht die Chance erhalten, das Unternehmen in Eigenregie weiterzuführen. Aus der Sicht von GM und auch aller übrigen Auto-Konzerne wäre das Risiko zu groß, daß ein Konkurrent entstünde, der umweltverträgliche Autos produziert.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      BUND kritisiert IAA:
      Ausgestellte Serienmodelle nicht klimaverträglich
      (17.09.09)

      US-Regierung rettet GM mit Trick
      Finanztochter GMAC in Geschäftsbank umgewandelt
      (30.12.08)

      Juristisches Nachspiel
      wegen Streik bei Opel (6.06.05)

      Betriebsrats-Vorsitzender
      bei Opel Bochum zurückgetreten (17.12.04)

      Opel-Transfer ins Nichts (10.12.04)

      Opel Bochum: Fristlose Kündigung von "Rädelsführern"?
      (27.10.04)

      Opel-Arbeitsplätze und Kampfjet F16 (25.10.04)

      Sechster Streiktag in Bochum
      mangelnde europäische Solidarität (19.10.04)

      Streik bei Opel (15.10.04)