24.07.2014

Industrielle Landwirtschaft tötet
Fischsterben in der Elbe

Tote Fische in der Elbe - Grafik: Samy
Hamburg (LiZ). Rund 100 Tonnen tote Fische sind in den vergangenen Tagen allein im Bereich von der Hamburger Hafengrenze bis 15 Kilometer elbabwärts verendet - für die Elbfischerei eine Katastrophe. Das bei 24 Grad Wassertemperatur ungehemmte Algenwachstum wird von der Überdüngung der Elbe durch die industrielle Landwirtschaft verursacht.

Nicht nur in der Ostsee breiten sich infolge des Schadstoffeintrags aus der industriellen Landwirtschaft die Todeszonen aus (Siehe unseren Artikel v. 17.06.14). Vor allem die Massentierhaltung schwemmt jedes Jahr rund eine Million Tonnen Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor über die Flüsse in die Ostsee. Dort - aber auch je nach Wassertemperatur bereits in den Flüssen - sorgen sie als Kunstdünger für ein ungehemmtes Algenwachstum. Nun sorgt ein in diesem Ausmaß bislang unbekanntes Fischsterben in der Elbe für Empörung.

Elbfischer Lothar Buckow klagt über einen hohen Anteil an Jungfischen unter den angeschwemmten Fisch-Kadavern. Lachse, Aale, Stinte und Meerforellen ersticken im Wasser, sobald dessen Sauerstoff-Gehalt unter 3 Milligramm pro Liter sinkt. Die Meßstation Seemannshöft ermittelte vor wenigen Tagen einen Sauerstoff-Gehalt von 1,5 Milligramm pro Liter - zu wenig für die Kiemenatmung der Wasserlebewesen.

Todeszonen breiten sich in der Elbe bei Wedel eben so aus wie vor Blankenese. Elbfischer Walter Zeeck zog dort mit dem Netz allein bei einem Fang 300 Kilogramm toten Fisch in seinen Kutter. Selbst große Fische wie Brassen erliegen dem Sauerstoff-Mangel. Die Umweltschutz-Organisation BUND bewertet die Situation als "extrem angespannt". Die Umweltbehörde jedoch erwartet aufgrund der vorhergesagten Wetteränderung "kein umfangreicheres Auftreten von toten Fischen" am Wochenende.

Hat die Elbe mehr als 16 Grad, bilden sich im Oberlauf Algen. Ein großer Teil der auch angeschwemmten Algen gelangt nach dem Wehr bei Geesthacht in das mehr als zehn Meter tiefe Elbwasser. Dort sterben sie wegen Lichtmangel ab und die Zersetzung durch Bakterien verbraucht den Sauerstoff, der dann den Fischen zum Atmen fehlt. Der Wissenschaftler Wilhelm Petersen erklärt, die Elbe sei stark mit Stickstoff belastet, der vor allem aus dem Düngemittel-Einsatz in der industriellen Landwirtschaft stammt.

Nach Ansicht von BUND-Sprecher Paul Schmid verschärfen außerdem die Baggerarbeiten an der Fahrrinne sowie die Elbvertiefung den Sauerstoffmangel. Seit der vorangegangenen Elbvertiefung im Jahr 1999 habe sich die Situation in der Elbe dramatisch verschlechtert. "Sollte es eine erneute Elbvertiefung geben, besteht die Gefahr, daß die Elbe im Sommer eines Tages ökologisch tot ist," warnt Schmid. Über die geplante erneute Ausbaggerung der Elbe entscheidet das Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig voraussichtlich am 2. Oktober.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Todeszonen der Ostsee weiten sich aus
      Bundesregierung untätig (17.06.14)

      Europas Flüsse stärker mit Chemie belastet
      als bislang angenommen (16.06.14)

      Wald-AIDS 2013
      Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)

      Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser
      verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)

      Agrar-Subventionen
      BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)

      VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser
      darf Pestizide enthalten (2.08.13)

      Phosphat-Dünger
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (7.05.13)

      Dem deutschen Wald geht es schlechter
      als in den 1980er-Jahren (4.02.13)

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Speer-Azurjungfer ist Libelle des Jahres 2013
      Vom Aussterben bedroht (5.01.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

      Wald-AIDS greift um sich
      Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.02.12)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
      Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      BUND fordert Aufgabe der Pläne
      zum Elbe-Ausbau und Elbe-Saale-Kanal (9.02.11)

      Uran im Trinkwasser
      foodwatch kritisiert neuen Grenzwert (29.11.10)

      Appell gegen Massentierhaltung
      Für eine Agrar-Wende (23.11.10)

      Die Ostsee stirbt
      Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)

      Hormone im Klärwasser
      Arzneimittelrückstände bedrohen Fische (17.04.10)

      Ostsee-Pipeline gefährdet Ökosystem
      WWF fordert Kompensationen (21.12.09)

      Uran im Trinkwasser
      'Foodwatch' kritisiert zu hohe Belastung (26.11.09)

      Umweltfrevel im Nationalpark
      Nothafen Darßer Ort wird ausgebaggert (6.11.09)

      Deutschlands Wasserverbrauch:
      160 Milliarden Kubikmeter jährlich (3.08.09)

      Der Rhein wird aufgeheizt
      AKW Fessenheim mit maßgeblichem Beitrag (30.06.09)

      Bundesregierung unterliegt:
      Liste der Agrar-Subventionen endlich öffentlich (9.06.09)

      Globale Wasserkrise steht bevor
      Weltwasserforum 2009 in Istanbul (15.03.09)

      Hormone im Mineralwasser
      Plastikflaschen in der Kritik (12.03.09)

      Die Ostsee stirbt
      Immer weniger Schweinswale (28.01.09)

      Wald-AIDS auch in den USA
      Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)

      Steigende Pestizidbelastung
      bei konventionellem Obst und Gemüse
      Politik fördert weiterhin einseitig
      agro-industrielle Landwirtschaft (24.07.08)

      Umweltverbrechen Mais-Anbau
      Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser (18.05.08)

      "Umwelt"-Minister Gabriel macht den Coca-Cola-Vertreter
      in der Schule
      Was hat Coca-Cola wirklich mit Wasser zu tun? (24.04.08)

      Die Ostsee stirbt
      Gabriel desinteressiert (15.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Deutschland schaut zu (28.09.07)

      Wasser,
      globale Umweltzerstörung und Klimakatastrophe (14.05.07)

      Schmetterlinge in Deutschland
      80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)

      Explosivstoff Wasser
      Nahost braucht eine gerechtere Verteilung... (1.02.04)

      Agrar-Wende
      Nichts als heiße Luft (24.01.04)

      Wasser und Weltbank (13.07.03)

      Wer gräbt den Armen
      das Wasser ab? (30.03.03)

      Wucher mit Wasser
      Die Folgen der Privatisierung der Wasserversorgung
      (22.03.03)