22.05.2013

Globalisierung und Buchsbaumzünsler
Pestizide gegen einen
kleinen Schmetterling?

Bekämpfung des Buchsbaumzünslers
Berlin (LiZ). In ganz Deutschland, aber mittlerweile auch der Schweiz und Österreich verbreitet sich der Buchsbaumzünsler und frißt nicht selten gleich ganze Buchsbaum-Hecken kahl. Eingeschleppt wurde der kleine Schmetterling aus Ostasien im Jahr 2006 durch Containerschiffe.

Der Buchsbaumzünsler (Cydalima perspectalis) ist ein ostasiatischer Kleinschmetterling aus der Familie der Crambidae. Wie viele andere "invasive" Tier- und Pflanzenarten gelangte er im Zuge der Globalisierung nach Europa. Die Ursache hierfür ist wieder einmal der im Kapitalismus unausweichliche Zwang zur Profitmaximierung. Obwohl der Buchsbaum seit vielen hundert Jahren in Deutschland und Europa gezüchtet und vermehrt wird, fanden Baumärkte und Gartencenter heraus, daß es billiger ist, Buchsbaum aus Ostasien zu importieren als diesen selbst zu züchten. So konnten sie andere Anbieter im Verkaufspreis unterbieten - und die KundInnen achten in aller Regel nicht darauf, woher die Ware stammt. Mit dem Buchsbaum gelangte der kleine Schmetterling sodann als "blinder Passagier" im Bauch der Containerschiffe nach Europa.

Beispiele für weitere eingeschleppte Arten, sogenannte Neozoen und Neophyten, sind Riesen-Bärenklau, Maiswurzelbohrer, Indisches Springkraut, Ochsenfrosch, Tigermücke und Nutria. Während zahlreiche dieser Tiere und Pflanzen keine merklichen negativen Auswirkungen verursachen, geht von einigen ein stark negativer Einfluß aus: Sie bringen die Artenvielfalt, die in Deutschland in weiten Teilen schon durch industrielle Landwirtschaft und Flächenfraß stark aus dem Gleichgewicht gebracht wurde, in ihrem Verbreitungsgebiet oft in eine gefährliche Schieflage.

Die asiatische Tigermücke etwa wurde infolge der klimatischen Veränderungen erstmals im Jahr 2007 nördlich der Alpen festgestellt (siehe unseren Artikel v. 26.11.07). Die in den Tropen verbreitete Stechmücke überträgt gefährliche Krankheiten wie das Dengue-Fieber oder Chikungunya. Bereits seit 1990 breitet sie sich in Italien aus.

Der Maiswurzelbohrer wurde in der Folge des Kosovo-Krieges mit Militärflugzeugen nach Mitteleuropa eingeschleppt. Ochsenfrösche wurden wegen der Froschschenkel gezüchtet, fremdländische Schildkröten als Weihnachtsgeschenke mißbraucht und danach ausgesetzt, Pelztiere wie die südamerikanischen Nutria entkamen Zuchtfarmen und vermehrten sich unkontrolliert.

Eine Gemeinsamkeit mit dem vor rund sieben Jahren eingeschleppten Buchsbaumzünsler besteht darin, daß viele der genannten invasiven Arten hierzulande keine natürlichen Fraßfeinde vorfinden. Bislang jedenfalls verschmähen unsere einheimischen Vögel die Raupen des Buchsbaumzünslers, während die Raupen anderer Schmetterlinge in einem Biotop, das sich im ökologischen Gleichgewicht befindet, soweit in ihrer Zahl verringert werden, daß ihr Hunger nach den Blättern ihrer Nahrungspflanze für diese keine existentielle Gefahr darstellt.

Dank der in der Evolution über sehr lange Zeiträume geprägten Geschmacksvorlieben der in Europa einheimischen Vogelarten - dies bewirkt zugleich einen Schutz vor Vergiftungen - finden die Raupen des Buchsbaumzünslers ein "Schlaraffenland" vor und fressen sich ohne auf Widerstand zu treffen durch die Bestände an Buchsbaum in Friedhöfen, Vorgärten und städtischen Anlagen. Hobby- und ProfigärtnerInnen sehen sich einem Alptraum gegenüber und greifen nicht selten unbedacht zu Pestiziden.

Zu allem Überdruß kam nun ein weiteres Problem hinzu, ein gefährlicher Pilz wurde aus England aufs europäische Festland eingeschleppt und gefährdet im Verein mit dem Buchsbaumzünsler ganze Bestände. Vor einigen Jahren war der Pilz erstmals in England aufgetaucht, etwas später klagten holländische Baumschulen über komplett vernichtete Buchsbaum-Bestände. Der Pilz in Kombination mit den Raupen setzt dem Buchs derart zu, daß ihn viele Baumschulen schon ohne Garantie verkaufen.

Die Bekämpfung des Buchsbaumzünslers wird zudem dadurch erschwert, daß der Befall zunächst nicht sichtbar ist. Denn die weiß-schwarzen Schmetterlinge legen ihre Eier direkt ins Innere der Pflanze, wo die Raupen - sobald sie geschlüpft sind - sofort zu fressen beginnen. Haben die Raupen alle Blätter vertilgt und finden keine weiteren Buchsbäume, stürzen sie sich auf die grüne Rinde der Triebe und nagen schließlich auch das Holz ab. Stark befallener Buchs ist mit den Gespinsten der Raupen überzogen, die Blätter sind bis auf die Mittelrippen abgefressen oder eingetrocknet.

Bis zur Verpuppung durchlaufen die bis zu zweieinhalb Zentimeter großen Raupen mehrere Larvenstadien - als Schmetterling leben sie nur wenige Tage. Das Fatale: Bei günstigen Witterungsbedingungen sind hierzulande bis zu fünf Generationen pro Jahr möglich. Daher breitet sich der Buchsbaumzünsler so rasend schnell aus. Vor dem Winter spinnen sich die Raupen der letzten Generation im Inneren des Buchs' ein, um etwa Anfang März wieder zu fressen zu beginnen.

Fachleute empfehlen den Buchs statt mit Pestiziden mit einem Mittel, das das Bakterium namens Bacillus thuringiensis enthält, zu behandeln. Solche Mittel sind auch im Bio-Landbau zugelassen. Ebenso wie beim Einsatz von Pestiziden muß zwei bis dreimal in der Saison gespritzt werden. Empfehlenswert ist es, dabei ein Hochdruck-Spritzgerät zu verwenden, damit das Mittel die feinen Raupen-Gespinste durchdringt. Falls die von den Raupen verursachte Zerstörung bereits weit fortgeschritten war, ist es ratsam, die Pflanze kräftig zurückzuschneiden. Die Überreste von Pflanzen und Raupen sollten nicht auf den Kompost, sondern in einer festen Tüte in den Hausmüll gegeben werden. Auch dem Pilzbefall kann auf ökologisch verträgliche Weise entgegengewirkt werden: Buchs sollte in trockener Umgebung und nicht in Rindenmulch einsetzt werden.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Bienen und Wildinsekten sind überlebenswichtig
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (27.02.13)

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

      Bio-Landwirtschaft
      Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      Neu im Supermarkt:
      Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
      Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

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      Tigermücke nördlich der Alpen
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      und noch ein Insektizid (14.08.03)

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      (4.05.03)