5.04.2010

Ölpest bedroht Weltnaturerbe

Schiffs-Havarie am Great Barrier Reef

Schiffs-Havarie am Great Barrier Reef Sydney (LiZ). Ein vor der australischen Küste havarierter chinesischer Frachter bedroht das Great Barrier Reef. Die mit 975 Tonnen Öl und 65.000 Tonnen Kohle beladene 'Shen Neng I' ist am Ostersamstag, 2. April, rund 70 Kilometer vor der Great-Keppel-Insel im Nordosten Australiens in voller Fahrt auf Grund gelaufen. Austretendes Öl hat bereits einen drei Kilometer langen Ölteppich gebildet. Das Great Barrier Reef ist mit einer Fläche von 345.000 Quadratkilometern das weltgrößte Korallenriff der Erde und wurde 1981 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.

Der australische Meeresbiologe Gregg Webb sagte, eine Ölpest könnte für das Korallenriff verheerend sein. "Ein Korallenriff kann schon einiges ab, aber so viel Öl auf einmal hätte ungeahnte Konsequenzen. Früher wurde angenommen, ein Korallenriff würde mit allem fertig - aber seit einigen Jahren wissen wir, wie empfindlich diese Ökosysteme sind."

Bergungskräfte versuchen, mit Schleppern ein Auseinanderbrechen des 230 Meter langen Frachters zu verhindern. Über der Unglücksstelle kreisen Hubschrauber, um die Ausbreitung des Ölteppichs zu beobachten und das Ausbringen von chemischen Bindemitteln zu koordinieren. Ein Leck konnte heute (Montag) zunächst gestopft werden, doch Versuche, den Frachter bei Flut in tieferes Wasser zu schleppen, scheiterten bislang. Der Frachter bewegt sich nach wie vor im Wellengang und richtet so weiteren Schaden am Riff an.

Die Havarie ereignete sich in der südlichen Zone des Naturschutzgebietes am Great Barrier Reef, 15 Kilometer abseits der zulässigen Schiffahrtsroute. Nur wenige Stunden nach der Abfahrt vom australischen Hafen Gladstone lief der Frachter auf Grund. Der Besitzer des Frachters müsse mit einer Geldstrafe von bis zu 920.000 australische Dollar rechnen, sagte die Regierungs-Chefin des australischen Bundesstaates Queensland Anna Bligh gegenüber dem Sender ABC. Derzeit ist ungeklärt, weshalb sich der Kapitän des chinesischen Frachters so weit von der offizielle Schifffahrtsstraße entfernt hatte. Nach Regierungsangaben gehört das Schiff der Shenzhen Energy Group. Diese gehört zur China Ocean Shipping Company (COSCO).

Das artenreiche Great Barrier Reef gilt als der größte lebende Organismus der Welt. Das sensible Ökosystem ist bereits durch die Wassererwärmung infolge des Klimawandels und durch Abwässer aus der Landwirtschaft stark geschädigt und bleicht zusehends aus. UmweltschützerInnen fordern seit langem von den australischen Behörden, daß Schiffe nur unter Geleit eines Lotsen das Gebiet des Great Barrier Reef passieren dürfen. Der Frachter war auf dem Weg nach China, dessen Industrialisierung mit dem weltweiten Einkauf von Rohstoffen vorangetrieben wird. Mittlerweile fahren jährlich mehr als 6000 Schiffe auf der Route entlang des Great Barrier Reef. China gehört heute nach den USA zu den größten globalen Umweltverschmutzern.

Im März 2009 war vor dem Great Barrier Reef eine große Menge Öl aus dem Containerschiff 'Pacific Adventurer' ausgelaufen (siehe unseren Bericht v. 15.03.09). Dabei wurden die Moreton-Insel und die Strände der Sunshine Coast in Queensland verschmutzt. In den kommenden Jahren ist damit zu rechnen, daß aus den Häfen von Queensland verstärkt Kohle und Flüssiggas verschifft werden, um den wachsenden Energiebedarf der expandierenden Industrie in Asien zu befriedigen. Von jährlich 300 Millionen Tonnen Kohle, die in Australien gefördert werden, gehen 230 Millionen Tonnen in den Export.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Öl-Katastrophe vor Australien
      Artenreiche Meeresregion bedroht (23.10.09)

      Ölpest vor Australien
      weitaus größer als zunächst gemeldet (15.03.09)

      US-Gericht entscheidet nach 19 Jahren
      über Tanker-Katastrophe Exxon Valdez
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      werden vor Sachalin ausgerottet
      Erdöl ist wichtiger als Artenschutz (19.07.07)

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      (12.12.04)

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      der Klimakatastrophe: Vor Australien stirbt
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      Ölpest bedroht Mangrovenwälder (20.08.03)

      Ölpest erreicht Schweden (4.06.03)

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      Titanic der Bohrinseln gesunken (21.03.2001)