Tokyo (LiZ). Während sonst überall auf der Welt die Projekte zum Betrieb eines Schnellen Brüters gescheitert sind, will Japan offenbar weitere gigantische Finanzmittel in das Projekt Monju stecken. Der mit einer Leistung von 246 Megawatt (MW) relativ kleine Schnelle Brüter war nach einem Natriumbrand 15 Jahre lang abgeschaltet. Nun wurde erneut der Probebetrieb aufgenommen.
Im Dezember 1995 war es im Schnellen Brüter Moju zu einem schweren Unfall gekommen. Bei einem Schnellen Brüter werden schnelle Neutronen benötigt, um aus dem eingesetzten Brennstoff ein Plus an neuem Brennstoff zu "erbrüten". Dabei muß flüssiges Natrium als Kühlmittel eingesetzt werde, was eine zusätzliche Gefahrenquelle birgt. Der Stoff reagiert bei Kontakt mit Luft und Wasser unter hoher Wärmeentwicklung. Dabei können Stahlbehälter und -rohre innerhalb kürzester Zeit schmelzen. 1995 waren mehrere hundert Kilogramm heißes und flüssiges Natrium aus einem Leck des Kühlkreislaufs ausgetreten. In Verbindung mit der Feuchtigkeit in der Luft begann das Natrium zu "brennen". Unter ätzenden Dämpfen und Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius begannen aus Stahl gefertigten Anlagenteile zu schmelzen.
Erst hatte die Regierung versucht, den Unfall zu verheimlichen, doch die Öffentlichkeit erfuhr am Ende doch davon. Fünf Wochen nach dem Unfall beging Shiego Nishimura, Manager des halbstaatlichen Betreiberunternehmens, Selbstmord. Er sprang in Tokyo aus einem Fenster. Nishimura hatte die innerbetriebliche Untersuchung des "Störfalls" geleitet. Nur wenige Stunden vor seinem Tod waren Ergebnisse der Untersuchung bekannt geworden: Leitende Mitarbeiter hatten offenbar versucht, Video-Aufnahmen vom Unfall zu verstecken und die schweren Schäden an der Anlage herunterzuspielen. Bei der Untersuchung des Lecks waren mehr als drei Tonnen festen Natriums gefunden worden.
Im März 2010 war von Nachrichten-Agenturen verbreitet worden, Japan wolle 14 neue Atomkraftwerke bauen. Da Wirtschaftsunternehmen jedoch aus ökonomischen Gründen nicht bereit sind, die erforderlichen Investitionen aufzubringen, hängen diese Pläne davon ab, ob es der japanische Regierung möglich ist, die entsprechenden Subventionen bereit zu stellen. Eine Entscheidung darüber wird für Juni erwartet. Auf dem Papier sind derzeit 53 Reaktoren in 17 japanischen Atomkraftwerken in Betrieb, die weniger als 30 Prozent des Strombedarfs decken. Nach wie vor sind jedoch beispielsweise seit dem Erdbeben am 16. Juli 2007 sechs von sieben Reaktoren des AKW Kashiwazaki-Kariwa abgeschaltet.
Bereits am 31. Mai 2005 hatten Nachrichten-Agenturen verbreitet, der Schnelle Brüter Monju dürfe wieder ans Netz. Der Oberste Gerichtshof Japans hatte am 30. Mai 2005 nach einem langjährigen Rechtsstreit mit AnwohnerInnen entschieden, die seit 1995 abgeschaltete Anlage dürfe wieder in Betrieb genommen werden.
1998 genehmigte ein Gericht die Wiederinbetriebnahme. Nach einer Klage von AnwohnerInnen wurde das Urteil jedoch fünf Jahre später wieder aufgehoben. Das Oberste Gericht erklärte diese Entscheidung 2005 für hinfällig. Damals hieß es, der Schnelle Brüter solle voraussichtlich 2008 wieder ans Netz gehen.
Doch auch vor der gestern vorgenommenen Aufnahme des Probebetriebs des Schnellen Brüters Monju war es erneut zu einer "Panne" gekommen. Die Anzeige eines Warnsystems, das bei einem Leck und dem Austritt von Natrium Alarm schlagen soll, war ausgefallen. Doch dies sollte den auf 6. Mai festgelegten "Neustart" nicht in Frage stellen.
Monju soll in den kommenden drei Jahren verschiedene Tests absolvieren und erst danach den "Regelbetrieb" aufnehmen. Von 2025 an soll er als Versuchsreaktor laufen und erst 2050 soll Monju den kommerziellen Betrieb beginnen.
Neben bloßen Absichtsbekundungen ist Monju weltweit das einzige Projekt eines Schnellen Brüters, das weiter betrieben wird. In Deutschland mußte der Schnelle Brüter Kalkar nach Milliardenverlusten 1991 aufgegeben werden. Das französische Projekt eines Schnellen Brüters, der "Superphénix" in Malville, wurde wegen technischer Probleme 1997 stillgelegt und 1998 endgültig politisch beerdigt. Auch dieses Projekt hatte gigantische Steuermittel verschlungen. Monju hat die japanischen SteuerzahlerInnen bereits 900 Milliarden Yen, umgerechnet rund 65 Milliarden Euro, gekostet. Zweckoptimistische "ExpertInnen" der Atomenmergie-Gemeinde schätzen, daß der Betrieb von Monju jährlich weitere 1,6 Milliarden Euro kosten wird.
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Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Studie der Citibank:
Atomenergie ist unwirtschaftlich (12.02.10)
Obama verspricht
Bau neuer Atomkraftwerke in den USA (30.01.10)
Feuer in japanischem AKW
Ein Arbeiter verletzt (5.03.09)
Atomkraftwerks-Projekt THTR
auch in Südafrika gescheitert
Ebenso wie in Deutschland ein Milliardengrab (14.02.09)
Renaissance der Atomenergie?
Wo in aller Welt? (7.01.09)
Brand im weltgrößten AKW
Seit Juli wegen Erdbeben-Schäden
auf unabsehbare Zeit abgeschaltet (20.09.07)
Japanisches AKW durch Erdbeben schwerer beschädigt
als bisher bekannt
Über 50 Prozent mehr Radioaktivität ausgetreten
(18.07.07)
Erdbeben verursachte Unfall in japanischem AKW
Radioaktives Wasser trat aus (16.07.07)
Schweres Erdbeben erinnert an
AKW-Stilllegung vor einem Jahr (26.03.07)
Japan: AKW Shika abgeschaltet
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(25.03.06)
11 AKWs in Japan abgeschaltet
Zweiter japanischer Strom-Konzern
muß Konsequenzen ziehen (14.08.04)