Karlsruhe (LiZ). 80.000 Liter "Atomsuppe" in Glaskokillen soll per CASTOR-Transport zwischen dem 14. und 20. Februar von Karlsruhe quer durch Deutschland nach Lubmin ins sogenannte Zwischenlager Nord am Standort des stillgelegten DDR-Atomkraftwerks Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern geschafft werden. Von unabhängigen WissenschaftlerInnen und der Anti-AKW-Bewegung wird der Transport als gefährlich und unverantwortlich bezeichnet.
Ende November 2010 konnte die Verglasung des hochradioaktiven flüssigen Abfalls im Volumen von 80.000 Litern nach jahrelangen Verzögerungen abgeschlossen werden. Damit hat jedoch die Geschichte der 1991 stillgelegten Versuchs-"Wiederaufarbeitungsanlage" Karlsruhe noch längst kein Ende. Ein großer Teil der in der "Atomsuppe" enthaltenen Einlagen werden noch in mehr als einer Million Jahren strahlen und gefährlich sein. Ob das Einschmelzen des flüssigen Abfalls allein zum Transport dieser gefährlichen Hinterlassenschaft des "Atomzeitalters" dient oder auch zu einer langfristigen Abschottung von der Biosphäre ist zumindest fraglich.
Im Februar 2010 veröffentlichte eine deutsch-amerikanische Forschungsgruppe eine Studie, wonach die Langzeitsicherheit von mit hochradioaktivem Müll gefüllten Glaskokillen keineswegs als gesichert gelten kann. (Siehe unseren Bericht v. 5.02.10) Wie die ForscherInnen herausgefunden haben, kann das für die Herstellung von Transportsystemen von Atommüll-Behältern eingesetzte Borat-Glas bei der Berührung mit Wasser instabil werden. Es besteht ein nicht unbeträchtliches Risiko, daß eine ganze Reihe gefährlicher Substanzen entstehen, die das Glas bröckeln lassen.
In der Karlsruher "Atomsuppe" sind 504 Kilogramm Uran und 16,5 Kilogramm hochgiftiges Plutonium, sowie beträchtliche Mengen Cäsium- und Strontium-Isotope enthalten. Die strahlende und wärmeentwickelnde Flüssigkeit mußte in den vergangenen 20 Jahren in einem Spezialtank ständig gekühlt und umgerührt werden. Der nunmehr leere Tank mit meterdicken Betonwänden als auch große Teile der Anlage sind radioaktiv kontaminiert und sollen in den kommenden lauf WAK zehn Jahren "planmäßig" demontiert und für die Zwischen- beziehungsweise Endlagerung vorbereitet werden. Nach wie vor existiert jedoch weltweit kein Endlager für hochradioaktiven Müll.
Der Rückbau der ehemaligen Versuchs-"Wiederauf- arbeitungsanlage" hatte sich seit 1991 mehrmals verschoben. 2005 war noch versprochen worden, bis 2014 könne in Karlsruhe der Status "grüne Wiese" erreicht werden. Im Januar 2008 hieß es, der Abriß der Gebäude könne frühesten 2023 erreicht werden. Parallel dazu haben sich die Schätzungen der hierbei anfallenden Kosten vervielfacht. Ursprünglich waren umgerechnet rund 500 Millionen Euro veranschlagt. 2007 wurde der Betrag von 1,9 auf 2,2 Milliarden Euro korrigiert. 2008 mußte das Stuttgarter Wirtschaftsministerium den Finanzbedarf auf nunmehr prognostizierte 2,6 Milliarden Euro anpassen.
Der für den Transport vorbereitete Atommüll soll nun zwischen dem 14. und 20. Februar von Karlsruhe quer durch Deutschland nach Lubmin ins sogenannte Zwischenlager Nord am Standort des stillgelegten DDR-Atomkraftwerks Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern transportiert werden. Solange weltweit kein Endlager für hochradioaktiven Müll existiert, sind aus der Sicht der Anti-AKW-Bewegung solche CASTOR-Transporte weder rational begründbar noch verantwortbar. Widerstand ist bereits angekündigt.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
"Atomsuppe" verglast
CASTOR-Transport vermutlich Anfang 2011 (28.11.10)
Atommüll-Transporte
Glaskokillen nicht stabil (5.02.10)
Karlsruhe: "Atomsuppe" wird verglast
Verbleib nach wie vor ungeklärt (17.09.09)
Karlsruher "Atomsuppe"
- Verglasung weiter verzogert (17.07.09)
Ankündigung:
Karlsruher "Atomsuppe" soll ab Juli verglast werden
(25.02.09)
Kosten für Karlsruher "Atomsuppe" wachsen
auf 2,6 Milliarden Euro
Vorgeschmack auf das bittere Erbe der Atomenergie
(16.01.08)
Karlsruher "Atomsuppe" kostet Milliarden
Geplante "Entsorgung" verzögert sich weiter (5.10.07)
Kosten Atomausstieg Karlsruhe verdoppelt:
1,9 Milliarden Euro (17.05.05)
Das ungelöste Problem der Endlagerung
Info-Serie 'Atomenergie' - Folge 12