Frau Doktor Schavan und Frau Doktor Merkel:
Ein voll vertrautes Doktorspielchen
Mir schavant Böses für unsere Noch-Doktorin im Bundeskabinett: Die Kanzlerin hat ihr nämlich ihr "volles Vertrauen" ausgesprochen. Und das kommt einem politischen Todesurteil gleich. Denn wann immer Merkels voll ausgesprochenes Vertrauen voll am Überlaufen ist, heißt das für die jeweils Voll-Vertrauten, daß sie sich bald voll laufen lassen dürfen, wenn die Kanzlerin zum Abschiedstrunk ihren Giftbecher reicht.
Ihr volles Vertrauen hatte sie schon früher exekutiert an ihren verschiedenen Ex-Kerlen – mögen sie nun Franz-Josef Jung, Karl-Theodor zu Guttenberg, Christian Wulff oder Norbert Röttgen heißen. Zuweilen war ihr Vertrauen so übervoll, daß sie sogar ihr "vollstes Vertrauen" zum brutalen Einsatz brachte. Dabei handelt es sich um einen typischen Merkelschen Superlativ. Der ist zwar der deutschen Grammatik fremd, aber mit der deutschen Sprache hat sie ohnehin wenig am Doktorhut. Und immerhin hat sie noch einen.
Neun Insassen ihres Kabinetts dürfen sich mit einer solchen Kopfbedeckung schmücken. Mich würde es nicht wundern, wenn sich eines nahen Tages herausstellt, daß es sich dabei um eine große Abschreibungsgesellschaft handelt. Denn abschreiben kann man diese Regierung ohnehin. Nun trauen sich die meisten Politiker kaum noch, ihren Doktortitel vor den Namen zu setzen. Am liebsten würden sie ihre Promotions-Arbeiten mit allen Exemplaren, die noch irgendwo in Archiven liegen, schreddern. Aber es gibt kaum noch Reißwölfe im freien Handel. Die sind alle beim Verfassungsschutz im Einsatz.
"Person und Gewissen": So der Titel der Doktorarbeit der Noch-Amtsperson im Bildungsministerium. Nun ist das mit dem persönlichen Gewissen so eine Sache. Dazu gehört zumindest ein gewisses Erinnerungsvermögen. Und dieses Vermögen nimmt bekanntlich mit dem Alter ab. Schließlich hat Frau Doktor diese Arbeit vor 30 Jahren geschrieben. Damals hat sie wahrscheinlich noch mit einem sehr jungen Gewissen akademisch herumgedoktort. Da kann sie heute nicht mehr alles wissen – auch wenn sie beteuert: "Ich bin mit mir im Reinen nach bestem Wissen und Gewissen."
Nun habe ich zwar nicht promoviert zur Problemstellung "Person und Gewissen", doch habe ich mich, wenn auch vollkommen unbedoktort, mit dem Thema "Wissen und Gewissen" des öfteren beschäftigt. Selbst auf die Gefahr hin, mich selbst zu plagiieren, sei es hier noch einmal auf- und abgeschrieben: Zu einem Gewissen gehört nun mal ein gewisses Wissen. Und davon will man oft gar nichts wissen. So gibt man dem Wissen den Marschbefehl. Dann heißt es: Geh! Wissen!
Es ist natürlich peinlich, wenn nicht nur das Wissen flöten geht, sondern auch der Doktortitel. Und das auch noch gemeinsam mit Merkels vollem Vertrauen. Nun muß man der Kanzlerin lassen, daß sie als Vertrauens-Verbreiterin einsame Spitze ist. Nicht umsonst führt sie in Meinungsumfragen ständig die Hitlisten der vertrauenswürdigsten Politiker an. Deshalb wird sie auch vor wichtigen Bundestagsreden expertenmäßig gecoacht. Ihre PR-Beraterin ist dabei offenbar die Schlange Kaa aus dem "Dschungelbuch". Dank ihr ist die Kanzlerin eine wahre Meisterin der hypnotisierenden Volks-Beschwörung. Mit ihrer einschläfernden Rhetorik, mit diesem eintönigen angelesken Singsang ihrer sich ständig wiederholenden, inhaltsleeren Phrasen, versetzt sie das Fernsehvolk in eine willenlose Trance. Wie einst die Schlange Kaa singt sie ihr Lullaby:
"Vertraue mir! Hör' auf mich, glaube mir! Augen zu! Vertraue mir!"
Und irgendwann schnarcht ihr Volk dahin. Im vollsten Vertrauen versteht sich.
Gastbeitrag von
Martin Buchholz
für die
Die Internet-Präsenz von Martin Buchholz: www.martinbuchholz.de
Dort erscheint u.a. wöchentlich freitags der "Wochenschauer".