Stuttgart (LiZ). Die "schwarz-gelbe" baden- württembergische Landesregierung gerät kurz vor der Amtübergabe des bisherigen Ministerpräsidenten Günther Oettinger an seinen designierten Nachfolger Stefan Mappus wegen Korruptionsverdachts gegen den Staatssekretär Gundolf Fleischer in Bedrängnis. Der seit längerem auch innerhalb der "CD"U umstrittene Staats- sekretär im Finanzministerium steht unter Korruptionsverdacht. Er soll im Dienste südbadischer Kiesunternehmer ein Hochwasser-Projekt am Oberrhein jahrelang blockiert haben.
Mit der Rückendeckung des baden-württembergischen Finanzministers Willi Stächele ("CD"U) setzte sich der in seinem südbadischen Wahlkreis als "Gundolf der Große" bekannte Staatssekretär seit vier Jahren massiv dafür ein, daß eine Gruppe von 15 Kies- und Straßenbau-Unternehmen aus dem Breisgau bei dem gemeinsamen Hochwasser-Projekt von Bund und Land zum Zuge kommen. Inzwischen wurde bekannt, daß mindestens vier der Kies-Firmen der "CD"U im Landtagswahljahr 2006 insgesamt über 40.000 Euro gespendet haben. Die Patronage Fleischers für die lokalen Unternehmer würde laut einer nun der Öffentlichkeit zugänglichen Expertise dem EU-Recht widersprechen und Zusatzkosten von rund 220 Millionen Euro verursachen.
Bei dem Projekt sollen zum Schutz der flußabwärts gelegenen Regionen um Karlsruhe, Mannheim und Worms vor Überschwemmungen zwischen Weil am Rhein (Kreis Lörrach) und Breisach (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) etwa 55 Millionen Tonnen Kies abgebaggert werden, um große Rückhaltebecken für Hochwasser zu schaffen. Der Aushub im Volumen des Titisees soll nach dem Willen des Bundes gut 100 Kilometer nördlich bei Iffezheim nach und nach als "Geschiebezugabe" zum Auffüllen der erodierenden Fahrrinne des Rheins genutzt werden. Dies ist laut einer Expertise die wirtschaftlichste Variante, die auch von der Landesregierung offiziell befürwortet wird. "Unser Interesse ist es, daß man das Planfeststellungsverfahren so schnell wie möglich einleiten kann, um das Hochwasserprojekt zügig zu realisieren", sagte ein Sprecher von "Umwelt"-Ministerin Tanja Gönner ("CD"U).
Im Juni 2008 sandte das Bundesbauministerium einen Brief nach Stuttgart mit der Frage, aus welchen Gründen das Vorhaben nicht voran komme. Doch Antwort blieb aus. Im April 2009 wurde ein Brief hinterhergesandt - ebenfalls ohne jede Reaktion. Im September 2009 beschwerten sich das Bundesbauministerium sowie die Landesressorts Verkehr und Umwelt wegen Fleischers Blockade nochmals bei Ministerpräsident Oettinger. Bereits in den vorangegangenen Jahren hatte das Bundesverkehrsministerium mehrfach darauf gedrungen, dem Entwurf der gemeinsamen Verwaltungsvereinbarung für das Hochwasser-Projekt endlich zuzustimmen.
Das baden-württembergische Finanzministerium weist den Verdacht der Korruption zurück: "Spenden und Amtsführung hängen nicht zusammen." Ein Ministeriumssprecher argumentierte, die Verzögerung des Hochwasser-Projekts sei angesichts der finanziellen Tragweite mit "besonderer Sorgfalt" geprüft worden.
Inzwischen wurde jedoch der Verdacht laut, daß Gundolf Fleischer, Landtagsabgeordneter und Finanzstaatssekretär, sich massiv dafür einsetzte, daß die regionale Kiesausschreibungs- und Verwertungsgesellschaft (KVG) den Auftrag für den Kiesaushub erhält. Die Unternehmen möchten den Kies vom Oberrhein selbst vermarkten und zugleich für Iffezheim in den kommenden 80 Jahren anderem Kies liefern. Laut Expertise würde dieses Vorgehen aber das Land Baden-Württemberg 65 Millionen Euro und den Bund 155 Millionen Euro mehr kosten als die von den Behörden entwickelte Lösung. Außerdem widerspräche die direkte Vergabe der Aufträge dem EU-Recht.
Gundolf Fleischer liegt zudem mit dem eigenen Kreisverband über Kreuz. Ein Kreisvorsitzender trat im Juli 2009 zurück, nachdem er Fleischer Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung von Kreisgeschäftsstelle und Abgeordnetenbüro vorgeworfen hatte. Er hatte sich jedoch gegen Fleischer nicht durchsetzen können und offenbar auch keine Unterstützung aus der "CD"U-Hierarchie erhalten. Seitdem ist die Immunität Fleischers aufgehoben und die Staatsanwaltschaft Freiburg ermittelt in dieser Sache. Dessen ungeachtet plant Gundolf Fleischer eine erneute Kandidatur für den Landtag und gilt als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Landtagspräsidenten im Jahr 2011.
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Anmerkung
Siehe auch unseren Artikel:
Steuerfahnder-Affaire Hessen
Für Roland Koch kommen Erinnerungen
an Spendenskandale ungelegen (28.01.10)