15.02.2016

Dokumentation

Rede von Knut Dörfel
auf der 166. Montags-Demo

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

ich begrüße Euch im Namen des AK Fluglärm und Umwelt zur 166. Montagsdemo!
Als ich vor ein paar Wochen gefragt worden bin, ob wir nicht auch mal wieder auf einer Montagsdemo einen Redebeitrag übernehmen wollen, habe ich gerne zugesagt.
Bei uns in der BI ist nämlich ein Thema ganz weit oben auf der Liste: Was können wir tun, damit der Protest gegen den Flughafenausbau auch 2016 stark bleibt, lebendig bleibt und weiter eine Perspektive hat.
Darüber möchte ich heute sprechen.

Wir sind hier, wir sind laut, weil Fraport uns die Ruhe klaut! - und weil wir das Unrecht des Flughafenausbaus bisher nicht aus der Welt schaffen konnten!

Wenn Unrecht zu Recht wird - wird Widerstand zur Pflicht!

Wir sind im Vertrauen auf unsere Grundrechte auf Unversehrtheit und Schutz unserer Gesundheit und Schutz der Gesundheit unserer Kinder - aber auch auf Schutz unserer Eigentumsrechte vor die Gerichte gezogen und mussten die Erfahrung machen, dass Recht haben noch lange nicht bedeutet, Recht zu bekommen!

Ich erzähle nichts Neues, wenn ich hier feststelle: Der Planfeststellungsbeschluss ist im Grunde Resultat eines groß angelegten Betrugs:
Nachweislich war der angebliche Bedarf an Flugbewegungen und Flughafenkapazitäten falsch, nachweislich waren die Angaben zu den wirtschaftlichen Vorteilen, die der Flughafenausbau mit sich bringen sollte falsch! Vor allem aber waren die zugrundegelegten Annahmen bezüglich der Risiken und Belastungen für die Menschen unter den Flugrouten falsch!
Hunderttausende sind unerträglich belastet und bedroht: Die Gefahren durch die Wirbelschleppen wurden nachweislich und in himmelschreiender Weise falsch berechnet, genauso die Risiken durch Vogelschlag.

Am schwersten wiegt aber, dass die massiven Gefahren und Belastungen für unsere Gesundheit wurden brutalstmöglich missachtet.

In vielfältigen Studien ist belegt, dass wir durch den Flughafenausbau mit mehr als 2000 vorzeitigen Sterbefällen und mehr als 20.000 schweren Erkrankungen durch den Flughafenausbau bedroht und belastet sind. Dazu kommen dann noch die nachhaltigen Beeinträchtigungen und Störungen der Enwicklung von vielen zehntausend Kinder- und Jugendlichen!

Es geht also nach wie vor buchstäblich um Leben und Tod! Wie können wir da leise werden?

Die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker aus den Flughafenausbauparteien arbeiten bis heute mit immer den gleichen Tricks gegen uns und unseren Protest.
Entweder sie halten im Vertrauen auf ihre Macht und ihre Agenturen für Öffentlichkeitsarbeit stur an den bisherigen verlogenen Argumenten fest, oder sie geben sich überrascht und betroffen und ziehen sich darauf zurück, dass aus rechtlichen Gründen jetzt leider nichts mehr zu machen ist. Dabei versuchen sie es gar nicht! Stattdessen bieten uns alle nur möglichen "Nachbesserungen" an und versuchen uns so "einzuwickeln", abzulenken und uns von unseren Forderungen und unserem Protest abzubringen.

Ein besonders perfides Instrument in diesem Zusammenhang ist der "Dialog", den man uns immer wieder anbietet, Dialog und Mitsprache buchstäblich bis zum Umfallen.

Natürlich müssen wir uns den Realitäten stellen: Im 5. Jahr nach Eröffnung der neuen Landebahn - die niemals hätte gebaut werden dürfen - hat sich an den Rahmenbedingungen unseres Protests einiges geändert:

Wir sind nicht mehr so viele wie früher, wenn wir jeden Montag im Flughafen demonstrieren.

Die Medien - vor allem an spektakulären Neuigkeiten interessiert - berichten nicht mehr so oft von den Montagsdemos

und die mit viel Kostenaufwand nahezu unermüdlich betriebene Öffentlichkeitsarbeit aller möglicher PR- und Werbeagenturen, die von FRAPORT ein günstiges Bild zeichnen sollen und von den verantwortlichen Politikern den Druck nehmen sollen, verpufft keineswegs wirkungslos.

Aber auch wenn wir in einer anderen Situation als 2012 oder 2013 sind: wir haben eine Menge entgegenzusetzen und wir werden das auch 2016 erfolgreich tun!
Wir haben Erfahrungen und Erfolge, auf die wir aufbauen können und die wir 2016 weiterentwickeln können.

Wir haben bisher gesagt: "Wir geben keine Ruhe, bis wir unsere Ruhe wiederhaben!" Und dabei bleibt es!

Darum bauen wir auch 2016 wie bisher auf unsere Montagsdemonstrationen auf -

UND GEHEN DARÜBER HINAUS!

Neben den Montagsdemonstrationen gibt es Anlässe und Orte genug, an denen wir zeigen können und zeigen müssen: Unser Protest lebt!

Wir haben in den letzten Jahren in vielen großen Demos und Kundgebungen und in kleineren Aktionen unserem Protest Ausdruck verliehen und Aufsehen erregt.

Lasst mich zur Erinnerung einige Beispiele aufzählen:

Wir haben auf dem Römer in Frankfurt dem CDU-OB-Kandidaten und seinen prominenten Unterstützern die Wahlkampagne versaut!

Wir haben vor der Paulskirche Frau Roth für ihre menschenfeindliche Ausbaupolitik mit Schimpf und Schande gebührend verabschiedet.

Wir haben auch auf die teuer finanzierte infame Kampagne "Ja zu FRA!" mit einer großen Demo die richtige Anwort gegeben und wir haben die Berliner Straße in Frankfurt spektakulär zur symbolischen Landebahn gemacht und den Stopp des Flughafenausbaus gefordert.

Wir waren genauso mit großen Demonstrationen in Mainz und Wiesbaden und wir haben am Flughafen zum Jahrestag der Eröffnung der Landebahn "Zähne gezeigt"!

Unser Protest lebt!

Um das immer wieder zu dokumentieren, braucht es aber keineswegs immer eine große Demo.

Wir haben uns und unseren Protest in der Vergangenheit immer wieder zu den verschiedensten Anlässen und an den verschiedensten Orten gezeigt. Beim parlamentarischen Abend der Luftverkehrsindustrie Wiesbaden genauso wie bei den Musikfestspielen im Rheingau, vor der großen Karnevalsprunksitzung in Mainz und beim Rosenmontag, aber auch bei den so genannten "Renntagen des Flughafens" an der Galloprennbahn in Frankfurt - und natürlich bei verschiedenen "FRAPORT-Reklameshows" unter dem Stichwort AIRLEBNISTAG. Auch das nur einige Beispiele.

Und wir haben inzwischen eine vierjährige Tradition vor der FRAPORT-Aktionärsversammlung, wo wir den Fluglärm hinbringen und zeigen, dass wir uns wehren, wenn unsere Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum zu Lasten wirtschaftlicher Profitinteressen missachtet werden.

Der nächste Termin kann schon notiert werden: 20.5.2016.

Schon morgen ist wieder Gelegenheit: Unter dem Motto "Wieviel Fluglärmminister Tarek Al-Wazir FAIRtragen wir?" werden wir beim grünen Wahlkampfbesuch von Al Wazir in Flörsheim mit unserem Protest und einer Mahnwache dabei sein. Um 18.30 Uhr sind wir in der Erzbergerstr. 13 in Flörsheim und geben unsere Antwort auf die mehr als provozierende ja schon zynische Frage "Wieviel Lärm FAIRtragen wir?"

Auch die Lärmwehr-Autokorsos gehen weiter. Unser Mitstreiter Dr. Jensen hat für den 27.02. einen Autokorso für Offenbach am Wohnsitz von Tarek Al-Wazir angemeldet.

Ihr seid alle eingeladen, nähere Informationen folgen noch.
Lasst uns auch dort unsere Antwort auf die neueste Lärmpausenheuchelei in der vergangenen Woche geben!

Wir brauchen keine Lärmverlagerungen und keine Lärmkosmetik! Wir brauchen Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Wir brauchen Begrenzung der Flugbewegungen auf 380.000 und wir brauchen die Schließung der neuen Landebahn!

Unsere Gegner sind stark und wirtschaftlich mächtig - und sie haben schon lange die Politikerinnen und Politiker der Ausbauparteien auf ihrer Seite - und sie haben inzwischen auch die Grünen an ihrer Seite. Für Regierungsbeteiligung und Teilhabe an der Macht bereiten jetzt die Grünen unter der Führung Al-Wazirs der Flughafenausbaupolitik der CDU in der Landespolitik den Weg!

Für uns heißt es aber auch angesichts einer scheinbaren Übermacht im Jahr 2016:
Nicht nachlassen - und klug mit den veränderten Rahmenbedingungen umzugehen.

Wir sind stark, wenn wir uns auf die Unverhandelbarkeit unserer Kernforderungen besinnen:
Mit faulen Kompromissen und "kleineren Übeln" dürfen wir keinen Frieden machen!

Wir sind stark, wenn wir unsere Energien NICHT in perspektivlosen Flughafendialogen und ermüdenden Mitbestimmungsdebatten verbrauchen, vielmehr stattdessen unseren Zusammenhalt und unsere Kommunikationstrukturen zu verbessen und uns Klarheit über unsere Perspektiven zu verschaffen.

Wir sind stark, wenn wir einig und solidarisch unsere Ziele verfolgen.

Und wir sind stark, wenn wir uns als Teil der großen und internationalen sozialen Bewegung verstehen, die sich überall dort mit ihrem Protest zu Wort meldet, wo die Lebensinteressen der Menschen, Umwelt- und Klimaschutz, Demokratie, Humanität und Frieden von wirtschaftlichen Profitinteressen internationaler Großkonzerne bedroht sind und angegriffen werden.

Wir brauchen insgesamt eine andere gesellschaftliche Atmosphäre - eine Atmosphäre, in der gegenseitiger menschlicher Respekt, Menschenwürde, Schutz der Natur, der natürlichen Ressourcen und friedliches Zusammenleben der Menschen wichtiger sind als Profitgier, wichtiger als die Gesetze der Märkte und wirtschaftlicher Egoismus und das Streben von Wirtschaftsmächten und Großmächten um internationale Vorherrschaft.

Ob Stuttgart 21, ob Flughafenausbau in München, in London Heathrow oder in Notre Dame des Landes, ob Kampf gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA, gegen Fracking, gegen Versalzung der Werra, gegen globale Bestrebungen, das Wasser zu privatisieren, gegen Spekulation mit Nahrungsmitteln und Ackerland, gegen Rassismus und Intoleranz - ich bin überzeugt, nur wenn wir uns hier einordnen, vernetzen und aktiv bleiben, erhalten wir uns die Kraft, bei unserem Widerstand einen scheinbar übermächtigen Feind NICHT zu resignieren , sondern standzuhalten, aktiv zu bleiben und zu zeigen:
Unser Protest gegen den Flughafenausbau lebt!

Anlässe und Orte, das auch 2016 zeigen, gibt es genug. Wir brauchen nur Zusammenhalt und Fantasie, Solidarität, Ermutigung und ein wenig Mut, Zähne zu zeigen:

Anlässe sind zum Beispiel immer dann, wenn FRAPORT, seine Lobbyisten und die Politiker der Flughafenausbauparteien und der Partei, die ihre grüne Seele für eine Regierungsbeteiligung verkauft hat, öffentlich mit Lügen, vollmundigen, aber leeren Versprechungen und gefälschten Erfolgsmeldungen gegen uns vorgehen.

Und öffentliche Orte gibt es auch immer, an denen wir dann unseren Protest kreativ und unüberhörbar laut werden lassen können. Aktuell denke ich an Wahlveranstaltungen, wie z. B. morgen in Flörsheim, ich denke aber auch ganz besonders an das so genannte Umwelt-Nachbarschaftshaus, eine Einrichtung, die den Anspruch formuliert, dem gemeinen Wohl verpflichtet zu sein, die aber bisher immer nur gemein und gegen unsere berechtigten Forderungen aktiv war.

Noch eine Mahnung zum Schluss:

Wir müssen dringend bedenken, dass es in den Auseinandersetzungen um den Flughafenausbau schon lange nicht mehr nur um die Fakten geht. Wir können 1000mal recht haben - unsere Gegner, die den Flughafenausbau betreiben und vorantreiben wollen, sind nicht "uninformiert" und nicht "im Irrtum"!
Sie wissen, was sie tun! Sie leugnen und verfälschen unsere Wirklichkeit und sind darum nur mit Argumenten nicht zu überzeugen.

Und darum geht es auch für uns nicht nur um die besseren Argumente, sondern es geht auch um Empörung und Zorn - und die Bereitschaft, das auch zu zeigen und für unsere Sache einzustehen!

Und schon gar nicht geht es um mangelnde Einsicht oder das Versagen oder die Blindheit "der Politik". Es geht um politischen Willen, den Flughafenausbau voranzutreiben bzw. ihm nichts entgegenzusetzen. Diejenigen, die sich mit ihren Parteien für diese Politik entschieden haben und dafür stehen - und sich zum Teil sogar noch stolz "Flughafenausbaupartei" nennen, haben Namen und Gesicht und ihre Parteien haben auch Namen!

Wenn wir Kritik daran üben wollen, dagegen protestieren wollen, dürfen wir nicht unbestimmt im Allgemeinen bleiben und von "der Politik" reden.

Wenn wir tatsächlich Druck aufbauen wollen - und das müssen wir - dann müssen wir die Namen der Personen und die Namen der Parteien nennen, die bewusst den Flughafenausbau vorantreiben und den Planfeststellungsbeschluss nicht infragestellen!

Und wir müssen genauso die nennen, die es bewusst unterlassen sich auf unsere Seite zu stellen, obwohl ihre grüne Geschichte und ihre grüne Ethik völlig anderes verlangt.

Messen wir sie nicht nur an ihren Worten, sondern an ihrer politischen Haltung, ihrem politischen Willen und ihrem tatsachlichen Handeln oder eben NICHT-Handeln.

Möge 2016 ein gutes Jahr für unseren Protest werden!

Halten wir uns an das Wort von Bertolt Brecht:

Wer seine Lage erkannt hat - wie soll der aufzuhalten sein?

Jede einzelne und jeder einzelne von uns ist gefordert.

Nein zum Flughafenausbau! Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr!
Begrenzung der Flugbewegungen auf 380.000!
Kein Bau von Terminal 3! Die neue Landebahn muss weg!

 

LINKSZEITUNG

 

Zurück zum Artikel

      Frankfurter Flughafen: 166. Montags-Demo
      gegen Fluglärm und Klimagase (15.02.16)