Atomforschung am KIT
Indizien weisen auf
militärische Anwendungen hin
Karlsruhe (LiZ). Forschung an miniaturisierten Atom-Reaktoren und deren Einsatz in Atom-U-Booten, das Proliferations-Risiko bei der Thorium-Technologie und militärische Anwendungen bei der Wasserstoff-Forschung sind Themen die in eine gefährliche Richtung deuten: Am KIT in Karlsruhe wird Militärforschung betrieben.
Etliche Staaten, darunter Frankreich und Großbritannien, planen die Erneuerung ihrer Atom-U-Boot-Flotten oder den Bau "Kleiner Modularer Reaktoren" (SMR). Singapur hat vor wenigen Monaten die ersten zwei U-Boote mit Wasserstoff-Antrieb und hochleistungsfähigen Akkus bei der deutschen ThyssenKrupp-Werft TKMS bestellt. [1]
Die Energiewerke Nord (EWN), das Institut für Transurane (ITU), der französische Atom-Konzern AREVA und einige Institute des KIT (Karlsruher Institut für Technologie, eine TH des Landes Baden-Württemberg) forschen an bestimmten Technologien, die immer auch zu militärischen Zwecken benutzt werden können. Bei manchen Bereichen ist der militärische Zusammenhang offensichtlich, obwohl für das KIT-Nord die Zivilklausel (Verbot militärischer Forschung) gilt.
Das IKET
Am KIT fanden im Januar 2014 unter Beteiligung des Instituts für Kern- und Energietechnik (IKET) Vorträge zu Atom-U-Boot- und SMR-relevanten Technologien statt. SMR (small modular reactor) sind kleine modulare Atomreaktoren bis 300 Megawatt Leistung, die derzeit in U-Booten und als Schiffsantriebe bei Flugzeugträgern oder Eisbrechern eingesetzt werden. Angestrebt wird allerdings auch ein Einsatz in abgelegenen Gebieten ohne Stromnetz oder für Siedlungen und Großindustrie mit hohem Wärme- und Strombedarf. [2]
1. Der IKET-Mitarbeiter Dr. Chen hielt am 14. Januar 2014 einen Vortrag, der sich mit der Reaktorkühlung mittels Blei-Wismut-Flüssigmetallkühlung (LBE) beschäftigt. Einsatzgebiete des LBE als Kühlmittel sind laut Chen: Transmutation, Beschleunigergetriebene Systeme (ADS), schnelle Reaktoren der neuen Generation (sogenannte Atomkraftwerke der "vierten Generation") und russische U-Boot-Reaktoren. Des Weiteren folgten Ausführungen zu "Naturkonvektion und theoretische Modellierung". Naturkonvektion, also die Umwälzung des Reaktor-Kühlmittels ohne Pumpe oder "Schwerkraft-Umwälzung" wird bereits bei bestehende Atom-U-Booten (etwa die US-amerikanischen Atom-U-Boote der Ohio-Klasse) eingesetzt. Der Vorteil besteht darin, daß hierbei die störenden Motorengeräusche der Umwälzpumpen vermieden werden und das U-Boot so wesentlich schwerer durch feindliches Sonar geortet werden kann.
Das bedeutet, daß die Naturkonvektion - die vielleicht für Viele zunächst harmlos klingt oder gar Assoziationen zu Nachhaltigkeit weckt - der Flüssigmetallkühlung, mit der sich Dr. Chen beschäftigt, durchaus militärisch relevant ist. Diese Flüssigmetallkühlung würde Atom-U-Booten eine geräuschlose Fortbewegung ermöglichen, was einer Aufrüstung gleichkommt.
2. Janne Wallenius, Professor der KTH (Königlich Technische Hochschule) Schweden, durfte ebenfalls am 14. Januar 2014 am IKET über die "Kommerzielle Anwendung kleiner bleigekühlter schneller Reaktoren in der kanadischen Arktis" berichten. [3] Wallenius selbst forscht unter anderem an der sogenannten vierten AKW-Generation. Er sprach laut Vortragsankündigung von der "Nachhaltigkeit der Atomkraft" und der "Entwicklung von kleinen, bleigekühlten schnellen Reaktoren für die zeitnahe kommerzielle Anwendung". Weiterhin wurden die angeblichen Vorteile für den Einsatz in der Bergbau- und Schiffsindustrie sowie in abgelegenen arktischen Ortschaften hervorgehoben. Zugleich machte sich Wallenius allerdings lächerlich, indem er solche SMR-Projekte mit dem vermeintlichen Vorteil anpries, die Investition amortisiere sich nach "nur wenigen Dekaden".
Forschungsgebiete des IKET
Am Institut für Kern- und Energietechnik (IKET) existieren unter anderem folgende
Forschungsgebiete:
-
Flüssigmetalltechnologien (Flüssigmetalllabor KALLA): Flüssigmetallkühlung kann eingesetzt werden zur Kühlung von Atomreaktoren (auch "vierte Generation" und Wunschtraum Transmutation), sowie in der Solarthermie (hierzu finden sich am IKET aber kaum Aktivitäten)
-
Wasserstoffverteilungs- und Verbrennungsanalysen (Wasserstofftechnikum)
-
Atom-Kraftwerkskonzepte der "vierte Generation"
-
"fortgeschrittene" Reaktorsysteme und Strategien zur Transmutation
-
numerische Simulationen zu Wasserstoff- und Reaktortechnik
Des Weiteren existiert die an das IKET angegliederte und erst Mitte 2013 verlängerte Kooperation mit der AREVA - Nuklearschule ANPS. [4]
Ein großer Teil der Schulungsinhalte kann auch relevant für Atom-U-Boote sein: Numerische Simulationen, Materialforschung, Reaktor- und Brennelemente-Entwicklung, Thermohydraulik, energetische Optimierung und Wasserstoffverhalten. [19]
Elektromobilität wird immer nur mit Elektroautos assoziiert. U-Boote haben allerdings auch sehr große und leistungsstarke Akkus an Bord, für die fortschrittliche Elektroantriebe benötigt werden. Dies gilt für mit Diesel, Wasserstoff-Brennstoffzellen (wie sie die deutsche Klasse 212 A einbaut) oder atomar angetriebene U-Boote.
Rolls-Royce, Atom-U-Boote, Daimler und das KIT
Es ist vergleichsweise wenig bekannt, daß Rolls-Royce auch in der Energieerzeugung aktiv ist und über einen Unternehmensbereich verfügt, der Nukleartechnik entwickelt - beispielsweise für den Antrieb von Atom-U-Booten. Nach eigenen Angaben ist Rolls-Royce Weltmarktführer in nuklearen U-Boot-Systemen. [5]
Auf dem militärischen Markt ist Rolls-Royce der zweitgrößte Hersteller von Triebwerken weltweit und der größte in Europa. Hergestellt werden unter anderem Fahrzeug- und Panzer-Triebwerke, Luftfahrt-Triebwerke für zivile und militärische Flugzeuge und Hubschrauber, technische Ausrüstungen für Schiffe, sowie verschiedene, teils militärisch genutzte Schiffsantriebe. [6]
Im Juni 2012 vergab das britische Verteidigungsministerium einen Rüstungsauftrag in Milliardenhöhe an Rolls-Royce. [7] Das Unternehmen hat bisher die nuklearen VPR2-U-Boot-Reaktoren für die Vanguard-Klasse hergestellt und soll nun Reaktorkerne für die neue britische atomar angetriebene U-Boot-Flotte liefern, die auch mit Atomraketen bestückt werden kann. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß der Daimler-Konzern Mitte April 2014 seine Anteile an Rolls-Royce verkauft hat. Daimler-Chef Dieter Zetsche sitzt seit Jahren im Aufsichtsrat des KIT und müßte daher wissen, ob (Atom-)U-Boot-relevante Technologie-Kooperationen zwischen Rolls-Royce und KIT bestanden oder bestehen.
Aus den oben genannten Vorträgen und Themen ergeben sich auch unter Berücksichtigung der am IKET vorhandenen Forschungsgebiete und AREVA-Kooperationen eine Reihe naheliegender Fragen (Der frühere Abteilungsleiter des IKET und nunmehr zuständige Bereichsleiter Dr. Joachim Knebel ist zudem Sprecher des Querschnittsthemas Elektromobilität am KIT. Er ist darüber hinaus für über 30 weitere KIT-Institute zuständig.):
1. Existieren am KIT bereits U-Boot- oder SMR-relevante Forschungsprojekte oder Firmen-Kooperationen oder sind solche in den folgenden Gebieten geplant (auch "Dual Use")?
a) Elektromobilität: Batteriespeicher, Antriebstechnik
b) Wasserstofftechnologie: Antriebstechnik, Lagerung,
Explosionsprävention bei kompakten, kleinen Reaktoren
c) Reaktortechnik, Flüssigmetallkühlung
d) Numerische Simulationen
e) Materialwissenschaften
2. Existieren Lizenzen, Patente oder Firmen-Ausgründungen des KIT, die für nuklear- oder wasserstoff-angetriebene U-Boote entsprechende Technologien zum Inhalt haben (auch im Hinblick auf "Dual Use") oder sind solche geplant (zusätzlich zur unten beschriebenen numerischen GASFLOW- Simulation, die anscheinend auch dafür Verwendung finden kann)?
In diesen Kontext passen auch die folgenden Informationen, die die Dringlichkeit der Thematik verdeutlichen:
1. Die geplante Lieferung von deutschen U-Booten an das diktatorische Regime in Saudi Arabien wurde angeblich noch nicht endgültig entschieden. [8]
2. Die israelische Regierung hat sechs U-Boote von der HDW in Kiel gekauft, die zu ThyssenKrupp gehört. Das Geschäft ist umstritten, weil technische Details darauf hindeuten, daß die Atom-U-Boote nachträglich mit Atomwaffen bestückt werden. [9]
3. In Stralsund findet seit Monaten um den Verkauf einer Werft ein Tauziehen hinter den Kulissen statt. Es geht um die Frage, ob in Zukunft dort Windkraftwerke hergestellt werden oder ob ein russischer Investor zum Zuge kommt. [10] Damit wäre im Prinzip auch der Bau von U-Booten auf deutschem Territorium unter russischen Eignern möglich.
4. In Frankreich ist als Ersatz für die Atom-U-Boot-Klasse SSN die Barracuda-Klasse geplant, die zwischen 2016 und 2026 sechs Einheiten erhalten soll.
Thorium und Proliferation
Die internationale Riege der Thorium-Wissenschaftlerlnnen gab sich im Oktober 2013 am CERN ein Stelldichein zur 'Thorium Energy Conference 2013', darunter Luc Van Der Drupel von AREVA, Joel Turner von Roll-Royce, Anil Kakodkar und P. K. Wattal aus Indien, Hongjie Xu aus China, Toshinobu Sasa aus Japan, Didier Haas aus Belgien, Paul Madden aus Großbritannien, Kirk Sorensen aus den USA, Muammer Kaya aus der Türkei und Laszlo Sajo-Bohus aus Venezuela. [11] Als einer der Einflußreichsten ist Carlo Rubbia vom IASS in Potsdam zu nennen, der den Eröffnungsvortrag hielt [12] und der als "Erfinder des Thorium-Reaktors" gilt. Mitte April 2013 besuchte Rubbia das KIT und traf sich dort mit ForscherInnen des Flüssigmetalllabor KALLA.
Thorium kann in nahezu allen Reaktor-Systemen als Brennstoff eingesetzt werden, besonders gut eignen sich jedoch Hoch-Temperatur-Reaktoren (HTR, VHTR), die passenderweise auch AREVA mit im Portfolio hat. [13] Ein "Verkaufsargument" der Atomlobby für diese Reaktor-Bauart ist neben der Stromerzeugung angeblich die Erzeugung von Wasserstoff. Wasserstoff kann jedoch weitaus sinnvoller per Elektrolyse mit Hilfe regenerativ erzeugten Stroms erzeugt werden.
In einem Thorium-"Kreislauf" kann zudem das waffenfähige Uran-233 chemisch abgetrennt werden. [14] was auch hier den Dual-Use-Charakter verdeutlicht. Der Einsatz von Thorium ist im Prinzip auch in Leichtwasserreaktoren machbar, allerdings müßten dann wesentliche Änderungen an den Brennelementen vorgenommen werden.
AREVA betreibt in Lingen eine Brennelementefabrik und forscht wie das Europäische Institut für Transurane (ITU) am KIT-Campus Nord an Brennelementen für die "vierte Generation" von Atomkraftwerken. Das ITU hat von der Landesregierung Baden-Württemberg eine Umgangsgenehmigung über 550 Kilogramm Thorium erhalten, (darüber hinaus für 80 Kilogramm Plutonium sowie über mehr als 1600 Kilogramm Uran, davon 50 Kilogramm waffenfähiges Uran-233). [15] Für die Arbeit als "Atomdetektive" würden jeweils wenige Gramm ausreichen. Daher stellt sich die Frage, wofür diese großen Mengen radioaktiven Materials benötigt werden?
Atom-Lobbyismus und Rußland
Die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage [Drucksache 18 / 668] ergab die derzeitige Mitgliedschaft des KIT in zugleich fünf Atomlobby-Vereinigungen:
- Kerntechnische Gesellschaft e.V. (KTG)
- Deutsches Atomforum (DAtF)
- VGB Power Tech e.V.
- Nugenia-Nuclear Generation II und III Association (seit 2012)
- European Nuclear Education Network (ENEN, seit 2013)
Dr. Joachim Knebel vom KIT war zeitweilig Abteilungsleiter des IKET, ist seit 2006 Mitglied des Vorstands der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG) und war von 2008 bis 2011 Vize-Präsident der Europäischen Kerntechnischen Gesellschaft (ENS). Knebel ist ein Propagandist der Transmutation als "Lösung" des Atommüll-Problems.
Die russische Regierung hat laut 'Süddeutscher Zeitung' 70 Milliarden US-Dollar in seinem Militärhaushalt eingeplant. Noch in diesem Jahr soll die russische Marine laut 'Süddeutscher Zeitung' mehr als 40 Schiffe und U-Boote erhalten, zusätzlich sei die Erneuerung der strategischen atomaren Waffen vorgesehen. [16]
Die russische Atomwirtschaft ist unter anderem mit Rosatom international an mehreren AKW-Bauprojekten beteiligt,. In Rußland selbst sind derzeit nach offiziellen Angaben acht Atom-Reaktoren im Bau (darunter eines seit 1985), 21 weitere sollen bis 2030 bewilligt werden. Rußland und Deutschland sind derzeit die weltweit größten Exporteure konventioneller Unterseeboote. [17]
Forschungszentrum Jülich
Professor Hans-Josef Allelein, Inhaber des Lehrstuhls für Reaktorsicherheit und -technik an der TH Aachen, entwickelt am Forschungszentrum Jülich nach einem Bericht des WDR offenbar unverdrossen und steuerfinanziert mit Geldern des Bundeswirtschaftsministeriums sowie des Forschungsministeriums den Thorium-Kugelhaufenreaktor weiter.
Im Forschungszentrum Jülich (früher "Kernforschungszentrum") war zwanzig Jahre lang ein entsprechender Versuchs-Reaktor (mehr oder weniger) in Betrieb, in dem mit Kugel-Brennelementen Temperaturen von über 1000 Grad Celsius erzeugt wurden. 1978 traten erhebliche Mengen Strontium-90 und Tritium aus und verseuchten Erdreich und Grundwasser unter der Anlage. Das KFZ Jülich war lange Zeit "die am stärksten mit Betastrahlen wie Strontium-90 verseuchte Nuklearanlage der Welt", räumte im Jahr 2000 selbst der Betreiber ein. Dem WDR liegen Papiere vor, mit denen Professor Allelein 2013 einen Vortrag hielt. Es geht darin offensichtlich um die Weiterentwicklung der Kugelhaufen-Technologie. Allelein sagte gegenüber dem WDR: "Wir haben die entsprechenden Rechenprogramme und die entwickeln wir auch weiter, stellen diese Interessenten zur Verfügung. Wir haben da weltweites Interesse: Vor allem die Chinesen sind interessiert. Die bauen ja zurzeit einen solchen Kugelhaufenreaktor und die nutzen dann auch unsere Expertisen." [18]
Die sogenannte Reaktorsicherheitsforschung wird bundesweit mit über 25 Millionen Euro aus Steuermitteln gefördert und findet auch am KIT statt. Dieses Geld würde nicht ausreichen, um die 1967 im Atlantik versenkten 480 Fässer mit Atommüll zu bergen, die aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe stammen - die Finanzierung hierfür ist völlig unklar. Die massiven Probleme aus der Vergangenheit sind bis heute nicht gelöst, aber es wird trotz des in den vergangenen 14 Jahren schon zweimal von deutschen Regierungen angekündigten "Atomausstiegs" weiter mit immensen Summen an neuen Reaktorsystemen geforscht.
Unter die Reaktorsicherheitsforschung fällt auch die Forschung für die "vierte Generation" von Atom-Reaktoren, zu der auch der Typ des Kleinen Modularen Reaktors (SMR) gehört. Das Forschungszentrum Jülich und das KIT gehören neben anderen Forschungs-Zentren zur Helmholtzgemeinschaft und beziehen beide aus diesem steuerfinanzierten Topf Forschungsgelder, die damit den erneuerbaren Energien fehlen.
Erfolgreicher Technologietransfer
Ein Reader des KIT zur Hannover Messe 2014 [20] beschreibt zu Simulations-Programmen, die die Explosionsgefahr von Wasserstoff-Luft-Gemischen berechnen: "Für GASFLOW gibt es bereits etwa 15 Lizenznehmer weltweit. Nachfrage besteht derzeit insbesondere in Asien. Die Lizenzen wurden bisher an Unternehmen vergeben, die kerntechnische Anlagen planen, bauen, oder betreiben (...) Das KIT hat für die Lizenznehmer eine User Group ins Leben gerufen (...) Der nächste Schritt der Weiterentwicklung und Kommerzialisierung erfolgt dann mit Kurs 015 [21] der AREVA-Nuclear-Schule. Dieser Kurs beschäftigt sich mit dem Thema, wie Wasserstoff-Explosionen im Fall eines Super-GAU gemanagt werden könnten: "Wasserstoff entsteht in Kernreaktoren zum einen bei schweren Störfällen, insbesondere Kernschmelzunfällen in Druck- und Siedewasserreaktoren, zum anderen durch Radiolysegasbildung durch Bestrahlung von Wasser. Die Produktionsmechanismen, die Ausbreitung im Containment, sowie der Verbrennungsablauf und seine Folgen werden besprochen. Die Bedeutung für die Auslegung des Containments und Gegenmaßnahmen, wie z.B. Rekombinatoren, werden erläutert. (...) Im letzten Teil des Kurses werden künftige Konzepte zur Wasserstoffgewinnung in kerntechnischen Anlagen vorgestellt und seine Anwendungsmöglichkeiten als Energieträger der Zukunft diskutiert."
Es ist nur mit macht- und militärstrategischen Denkweisen erklärbar, wenn die Wasserstofferzeugung in Atomkraftwerken gepriesen wird, zumal bessere Alternativen wie Wind- oder Solar-Energie mit ausgereifter Technik zur Wasserstoffgewinnung seit vielen Jahren verfügbar sind.
Was kommt als nächstes?
Es fällt auf, daß vor allem diejenigen Schlüsseltechnologien für die Energie-Wende am KIT stark vertreten sind, denen ein großes militärisches Dual-Use-Potenzial zugesprochen wird: Elektromobilität und Wasserstoff-Erzeugung. Am KIT sind sie zudem im Einflußbereich von Atomlobbyisten angesiedelt und dieser offensichtliche Interessenskonflikt scheint zumindest niemanden von der "grün-roten" Landesregierung zu stören...
Beim Export von Waffen steht Deutschland weltweit nach den USA und Rußland an dritter Stelle. Allein im Jahr 2012 wurden von der Bundesregierung deutsche Rüstungsexporte im Wert von 4,7 Milliarden Euro genehmigt. In Asien existieren bereits mehrere spannungsgeladene Krisenherde. Die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine sind mehr als besorgniserregend. Auch zwischen Saudi-Arabien und einigen Nachbarstaaten besteht gefährliches Konfliktpotenzial. Vor diesem internationalen Hintergrund betrachtet zieht eine unbeschränkte "Freiheit der Wissenschaft" enorme Proliferations-Risiken nach sich.
Aufgrund der bundesweit einmaligen Sondersituation der Fusion von Großforschungs-Einrichtung und Universität entstehen am KIT eine ganze Reihe von unübersichtlichen Grauzonen, die problematische Kooperationen und höchst fragwürdige Synergien ermöglichen. Einige dieser Grauzonen werden offenbar gezielt und strategisch genutzt, um die Weiterentwicklung und dann Kommerzialisierung der Atomenergie in Sachen "vierter Generation" voranzutreiben und damit gewollt oder ungewollt auch militärisch nutzbare Dual-Use-Technologie im internationalen Rahmen zu ermöglichen.
Über Drittmittelfinanzierung wird maßgeblich Einfluß auf Themen, Fragestellungen und wissenschaftliche Erkenntnisprozesse ausgeübt. Es stellt sich auch die Frage der Deutungshoheit über die Ergebnisse. Verbunden mit dem ständigen undifferenzierten Beschwören und Einwerben von Drittmitteln - auch von höchst umstrittenen Konzernen - und der absolut intransparenten Vergabe von Verträgen, Patenten und Lizenzen auch an ebensolche, entwickelt der Moloch KIT ein gefährliches und teilweise unkontrollierbares Eigenleben. Die Helmholtz-Gemeinschaft und das KIT wollen in der europäischen Energieforschung eine führende Rolle einnehmen. Das KIT will "international anerkannte Gründerschmiede" werden.
Die "Freiheit der Wissenschaft" und die vielgepriesene "Autonomie" des KIT zeigen so ihre höchst zweifelhafte und gefährliche Seite: eine Wissenschaft, die unter dem Deckmantel der Sicherheitsforschung militärischen Anwendungen in die Hände spielt und der Proliferation Vorschub leistet. Es stellt sich zudem die Frage, ob die "Verantwortlichen" in der Parteien-Politik die Zusammenhänge nicht erkennen wollen - oder insgeheim längst erkannt haben.
Anmerkungen
[1] Der Spiegel, 2/2014, S.29
Inhalt zusammengefaßt: Ende November 2013 hat Singapur, ein autoritärer Stadtstaat am Rande der Krisenregion Westpazifik, zwei enorm große U-Boote mit der neuen Typ-Bezeichung 218SG bei der HDW in Kiel (Tochter des Rüstungs-Konzerns ThyssenKrupp) bestellt. Vorgesehen ist ein Antrieb mit Brennstoffzellen. Der Preis ist mit zusammen rund 1,6 Milliarden Euro ungewöhnlich hoch.
[2] Kleine Modulare Reaktoren SMR:
http://www.nuklearforum.ch/de/fakten-und-wissen/faktenblaetter/reaktorsysteme-der-zukunft
In diesem Text wird allerdings auch eingeräumt, daß SMR (der verschiedensten Typen) "ihre Wirtschaftlichkeit noch nicht demonstriert" haben. Phantasiert wird hier zudem von der "unmittelbaren Nachbarschaft" zum Stromverbraucher - "das können Siedlungen sein aber auch Grossindustrien mit hohem Wärme- und Strombedarf".
[3] Vortragsankündigung: SMRs für kanadische Arktis
www.iket.kit.edu/downloads/Wallenius_14012014.pdf
[4] AREVA-Nuklearschule ANPS am KIT wird fortgesetzt
E-Bulletin, Nuklearforum Schweiz, 26.07.2013
[5] Rolls Royce
Submarine nuclear propulsion
http://www.rolls-royce.com/nuclear/submarine_nuclear_propulsion/index.jsp#
Submarine propulsion
http://www.rolls-royce.com/marine/about/market_sectors/submarines/submarines_propulsion/index.jsp
Submarines
http://www.rolls-royce.com/marine/about/market_sectors/submarines/index.jsp
[6] Conventional combatants
http://www.rolls-royce.com/marine/about/market_sectors/naval/conventional_combatants/index.jsp
[7] Großbritannien: Rolls-Royce erhält Milliardenauftrag
für Atom-U-Boote
Der Spiegel, online 18.06.2012,
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/rolls-royce-erhaelt-milliardenauftrag-zum-bau-von-atom-u-booten-a-839606.html
[8] Saudi-Arabien will deutsche U-Boote kaufen
Der Spiegel, online 3.11.2013,
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/waffenexporte-saudi-arabien-will-deutsche-u-boote-kaufen-a-931484.html
[9] Deutsches U-Boot für israelisches Militär - Atomwaffen-fähig
LinksZeitung, 20.03.2012
www.linkszeitung.de/gewhdw120320liz.html
[10] Werft in Stralsund: russische Investoren möglich
Hamburger Abendblatt, 8.08.2013,
http://www.abendblatt.de/region/article118814317/Russische-Interessenten-fuer-P-S-Werft-in-Stralsund.html
Die Welt, 3.08.2013,
http://www.welt.de/wirtschaft/article118668476/Neue-Hoffnung-fuer-die-P-S-Werften-Stralsund.html
[11] Internationale Thorium Konferenz 2013 am CERN
http://thoriumenergyconference.org
[12] Vortrag Carlo Rubbia ThEC13 am CERN:
http://thoriumenergyconference.org//sites/default/files/pdf/A Future for Thorium Power - Carlo Rubbia - IASS - ThEC13.pdf
[13] AREVA Firmen-Broschüre 'ANTARES, The AREVA HTR-VHTR Design'
www.areva.com
https://smr.inl.gov/Document.ashx?path=DOCS/GCR-Int/ANTARES.pdf
[14] Thorium als Kernbrennstoff:
http://www.nuklearforum.ch/de/fakten-und-wissen/faktenblaetter/thorium-als-kernbrennstoff
[15] Änderungsgenehmigung ITU / UM Baden-Württemberg
http://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/dateien/Dokumente/Umwelt/Kernenergie/Genehmigungen/ITU_Aenderungsgenehmigung_Flügel_M_03_12.pdf
[16] Russische Armee - Abgespeckt und aufgerüstet
Süddeutsche Zeitung, 6.04.2014,
http://www.sueddeutsche.de/politik/russische-armee-abgespeckt-und-aufgeruestet-1.1930449
Dieser Text ist stark propagandistisch gefärbt. So heißt es darin unter Bezug auf die Ukraine-Krise: "Doch nun zittert Europa vor den russischen Truppen."
[17] Schweden exportiert keine U-Boote - ThyssenKrupp will schwedische Werften verkaufen
NTV, 14.04.2014,
http://www.n-tv.de/wirtschaft/ThyssenKrupp-will-Werften-verkaufen-article12656341.html
[18] Forschungszentrum Jülich, Prof. Allelein, WDR-Beitrag vom 17.03.2014
http://www1.wdr.de/fernsehen/ratgeber/markt/sendungen/atomforschung101.html
[19] AREVA
http://www.areva.com/EN/operations-1556/propulsion-and-research-reactors-technicatome-propulsion-reactors-and-electronic-systems.html
[20] KIT: Wasserstoffsimulation GASFLOW
- erfolgreicher Technologietransfer
aus 'Research to Business' 1/2014, KIT auf der Hannovermesse
[21] AREVA-Nuklear-Schule, Kurs 015
www.anps.kit.edu/deutsch/235.php
Siehe auch unsere Artikel:
Streit um Zivilklausel
Militärforschung am Karlsruher KIT (26.01.14)