Bremen (LiZ). Jura-Professor Andreas Fischer-Lescano von der Universität Bremen hat einen erst vier Jahre zurückliegenden Betrug des deutschen Kriegsministers Karl-Theodor zu Guttenberg aufgedeckt. In Guttenbergs Doktorarbeit, die mit der Bestnote "summa cum laude" bewertet worden war, entdeckte er eine Vielzahl abgeschriebener Text-Passagen, die nicht als Zitat gekennzeichnet sind. Die Blitz-Karriere des Barons, die im Februar 2009 mit seiner Ernennung zum Wirtschaftsminister begann, dürfte beendet sein.
Guttenberg bediente sich unter anderem offenbar ausgiebig bei einem Artikel der Schweizer Journalistin Klara Obermüller, der im Jahr 2003 in der 'Neuen Züricher Zeitung' erschienen war. Eine längere Text-Passage ist nur minimal abgeändert. "Wie kann man nur so dumm sein?", sagte sie, als sie heute morgen von den Vorwürfen gegen Guttenberg erfuhr. So etwas käme heute doch so leicht raus.
Die Universität Bayreuth, die Guttenberg den Doktor-Titel verlieh, muß nun prüfen, ob dieser aberkannt werden muß. Und die Faktenlage spricht eindeutig dafür, daß die Vorwürfe des Bremer Jura-Professors zutreffen. Bei vergleichbaren Präzedenzfällen kam es zur Aberkennung von wissenschaftlichen Titeln. Und wenn sich die Bayreuther Universität nicht dem Vorwurf aussetzen will, mit zweierlei Maß zu messen, kann sie dem bayerischen Adligen die Blamage nicht ersparen.
Der Medien-Wissenschaftler Stefan Weber veröffentlichte vor vier Jahren ein Buch mit dem Titel 'Das Google-Copy-Paste-Syndrom' und beschreibt darin die Gefahren für die Wissenschaft durch dreistes Abschreiben, das im Computer-Zeitalter mühelos vonstatten geht. Aufgrund von Gutachten Webers wurden mittlerweile elf Bachelor-, Magister- und Doktortitel aberkannt. Manche der BetrügerInnen behaupteten kühn, die kopierten Text-Passagen seien ihnen "hineingerutscht". Doch dies half nichts, denn mit der Abgabe der Examensabeit ist die Versicherung verknüpft, daß das Werk - bis auf Stellen, die als Zitate gekennzeichnet sind - auf eigener kreativer Leistung beruht. Vor sechs Jahren flog sogar ein juristisches Lehrbuch des Berliner Rechtsprofessors Hans-Peter Schwintowski wegen Plagiaten auf.
Am 10. Februar 2009 hatte Deutschland meistverkauftes Toilettenpapier auf der Titelseite den angeblich vollständigen Namen Guttenbergs abgedruckt. Doch dabei war das Blatt mit den vier Buchstaben dem blinden Vertrauen in die Internet-Enzyklopädie 'Wikipedia' zum Opfer gefallen. Ein Scherzbold hatte kurz zuvor einen "Wilhelm" in die lange Liste der Vornamen des adligen Senkrechtstarters gemogelt. Unbedachtes Abschreiben führte bereits damals zu einer Farce: Selbst das "Nachrichtenmagazin" 'spiegel' hatte sich bei Wikipedia bedient und die falsche Vornamenliste des Barons samt eingeschmuggeltem "Wilhelm" übernommen. MitarbeiterInnen von Wikipedia hatten in der Zwischenzeit Verdacht geschöpft. Der falsche Vorname verschwand kurzzeitig aus der Internet-Enzyklopädie. Doch statt sich eine sichere Quelle für die Angaben zu besorgen - wie etwa regelmäßig publizierte Adelsregister - , vertraute Wikipedia ausgerechnet auf den 'spiegel' und der "Wilhelm" hielt erneut Einzug, diesmal über die Zwischenstation 'spiegel' und mittelbar durch das eigene Renommee in einem circulum absurdum beglaubigt... Der aktuelle Fall erinnert vor diesem Hintergrund an den lateinischen Spruch: "Nomen est Omen!"