13.10.2011

Hohe Radioaktivität in Tokio
Behörden leugnen Zusammenhang
mit Fukushima

Tokio Tokio (LiZ). Laut dem japanischen TV-Sender NHK wurde in der Hauptstadt Tokio an mehreren Orten radioaktive Strahlung knapp unter dem für eine Evakuierung vorgesehenen Grenzwert gemessen. Demnach beträgt die Strahlung 3,35 Mikrosievert pro Stunde. Die örtlichen Behörden leugen einen Zusammenhang mit dem Super-GAU in den rund 220 Kilometer entfernten Ruinen des AKW Fukushima Daiichi.

Gut sieben Monate nach dem Beginn der fortdauernden Reaktor-Katastrophe von Fukushima, wo es in vier Atom-Reaktoren infolge eines Erdbebens zu Kernschmelzen gekommen ist, wurde an einer Stelle am Straßenrand im Westen Tokios deutlich erhöhte radioaktive Strahlung gemessen. Der Wert von 3,35 Mikrosievert pro Stunde, der dort an einer Gartenmauer gemessen wurde, entspricht nach den Vorgaben des japanischen Wissenschaftsministeriums einem Wert von 17,6 Millisievert pro Jahr. Der Grenzwert, bei dessen Überschreiten laut der offiziellen japanischen Regelung eine Evakuierung des betroffenen Gebiets erforderlich ist, beträgt 20 Millisievert pro Jahr.

Die Umrechnung auf eine Jahres-Dosis von 17,6 Millisievert basiert allerdings der hypothetischen Voraussetzung, daß ein Mensch über ein Jahr hinweg "nahe der Strahlungsquelle" acht Stunden draußen und des Rest des Tages im Haus verbringt. Die Abschirmungs-Wirkung einer Hauswand gegen radioaktive Strahlung hängt jedoch stark von der Art der Strahlung ab.

Obwohl eine Behörden-Sprecherin erklärte, daß der Grund für die erhöhte Radioaktivität nicht bekannt sei, leugnen die örtlichen Behörden einen Zusammenhang mit dem Super-GAU in den rund 220 Kilometer entfernten Ruinen des AKW Fukushima Daiichi. Die Reaktoren, aus denen vermutlich heiße Kernschmelze ausgetreten ist und sich in den Untergrund gefressen hat, sind nach wie vor außer Kontrolle. Die Radioaktivität ist vor Ort so hoch, daß Arbeitskräfte in kurzer Zeit einer tödlichen Strahlendosis zum Opfer fallen würden. Nach wie vor entweicht Radioaktivität aus den Ruinen. Nach offiziellen Angaben liegt die austretende Radioaktivitätsmenge lediglich bei 200 Millionen Becquerel pro Stunde. Dies wäre rund ein Viermillionstel der Menge zu Beginn des Super-GAU.

Am gestrigen Mittwoch hatten die örtlichen Behörden bekannt gegeben, daß an einer Stelle im Westen Tokios ein Radioaktivitätswert von 2,7 Mikrosievert pro Stunde gemessen wurde. Sie wiesen Schulkinder an, den betroffenen Gehweg zu meiden. Heute entdeckten BürgerInnen in Funabashi eine Strahlenmenge von 5,82 Mikrosievert am Boden eines Kinder-Freizeitparks. Der Ort liegt in Tokios Nachbarprovinz Chiba und ist rund 210 Kilometer vom Super-GAU entfernt. Ebenfalls am Mittwoch wurde eine radioaktive Strahlung von 2,17 Mikrosievert im Dorf Iitate gemessen. Das Dorf liegt 45 Kilometer von den Ruinen des AKW Fukushima Daiichi entfernt und innerhalb der ausgewiesenen Evakuierungszone.

Kürzlich wurden in Ablagerungen auf dem Dach eines Wohnhauses in der Hafenstadt Yokohama - 3,7 Millionen EinwohnerInnen, rund 250 Kilometer vom Super-GAU entfernt - ungewöhnlich hohe Mengen von radioaktivem Strontium entdeckt. Strontium gilt in der Medizin als "Knochenkiller". Es schädigt das Knochenmark und kann Leukämie auslösen.

 

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Anmerkungen

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