2.12.2010

Schein-Wahl in Ägypten
Offenbarungseid für Barack Obama

King Mubarak of Egypt Kairo (Liz). Die Opposition in Ägypten wirft dem Regime von Präsident Hosni Mubarak Betrug bei der Parlaments- wahl vor. Während der frühere Chef der Internationalen Atomenergie- Agentur (IAEA) Mohammed el-Baradei bereits im September zum Boykott der Schein-Wahl aufgerufen hatte, schlossen sich zwei Oppositions- parteien, die am ersten Wahlgang teilgenommen hatten und - vorhersehbar - kläglich abschnitten, nun dem Boykott-Aufruf beim zweiten Wahlgang an.

Im September hatte el-Baradei die 29-jährige Herrschaft Präsident Hosni Mubaraks mit einem "verfallenden, nahezu zusammenbrechenden Tempel" verglichen, der auf "Armut, Analphabetentum und der Mißachtung der Menschenrechte" aufgebaut sei. Rund 25 Prozent der ägyptischen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und muß mit weniger als zwei US-Dollar am Tag auskommen. Die Analphabeten-Rate liegt bei etwa 40 Prozent. Das Geld, das seit Beginn einer neoliberalen Wirtschaftspolitik reichlich ins Land strömt, wird nicht von den einfachen Leuten verdient. Das Mubarak-Regime scheint sich nicht darum zu scheren, wie es außerhalb der Luxussiedlungen der Privilegierten aussieht. Der Zorn in Ägypten wächst.

Angesichts von plumpen Wahlfälschungen hält sich die Wahlbeteiligung in Ägypten seit langem in Grenzen. Tatsächlich gaben maximal 25 Prozent der Bevölkerung bei den vergangenen Parlamentswahlen ihre Stimme ab. Manche Schätzungen von BeobachterInnen sprechen von einer Wahlbeteiligung von rund 10 Prozent bei der aktuellen Schein-Wahl. Offiziell wird die Wahlbeteiligung mit 30 Prozent angegeben. Bei der Wahl-Farce hatten sich trotz el-Baradeis Boykott-Aufruf zwei der größten Oppositions-Parteien, die Muslimbruderschaft und die "liberale" Wafd-Partei, am ersten Wahlgang beteiligt. Nach dem offiziellen Auszählungsergebnis hat die regierende Nationaldemokratische Partei (PND) Mubaraks beim ersten Durchgang fast 95 Prozent (209 von 221) der vergebenen Sitze bekommen. Unabhängige ägyptische WahlbeobachterInnen und ein Teil der Presse prangerten Unregelmäßigkeiten im ganzen Land zugunsten der PND an. Amnesty International forderte die Regierung auf, den Tod von mindestens acht Personen am Wahltag aufzuklären.

"Wir werden uns aus der Wahl komplett zurückziehen", erklärte nun der Generalsekretär der Wafd-Partei, Munir Fachir Abdel Nur. Die Partei werde weder zur zweiten Runde antreten, noch die beiden in der ersten Runde am Sonntag erlangten Sitze annehmen. Der Rückzug der Muslimbruderschaft, der bisher größten oppositionellen Kraft, sollte im Laufe des Tages von deren Chef Mohamed Badie offiziell verkündet werden, wie ein Vertreter der Bruderschaft sagte. Der parlamentarische Sprecher der Muslim-Bruderschaft, Saad Al-Katatni, beschuldigte Mubarak der Wahlfälschung.

Die Muslimbruderschaft, die bisher rund 20 Prozent der Sitze im Parlament innehatte, war bei der ersten Runde der aktuellen Schein-Wahl leer ausgegangen. Ihre Kandidaten durften wegen des Verbots religiöser Parteien nur als Unabhängige antreten. Mehr als einem Dutzend ihrer insgesamt 130 Kandidaten wurde die Teilnahme an der Wahl im Vorfeld untersagt, 1.200 ihrer AnhängerInnen wurden festgenommen.

Die zweite Runde der Wahl um insgesamt 508 Sitze im Parlament findet nun ohne nennenswerte Beteiligung von OppositionskandidatInnen statt. Neben Wafd und der Muslimbruderschaft hatten am Sonntag zwei weitere Oppositionsgruppen sowie sieben unabhängige Kandidaten Sitze erlangt. Die "linke" Tagammu-Partei, die auf einen Sitz kam, erklärte am Mittwoch, sie wolle ihre KandidatInnen in die zweite Wahlrunde schicken. Neben den 508 Mandaten werden zehn weitere ParlamentarierInnen von Mubarak höchstpersönlich ernannt. Zugleich zeigte sich Mubrack sogar fortschrittlich und legte erstmals für Frauen ein Quorum von 64 Sitzen fest.

Das Verhalten von US-Präsident Barack Obama gegenüber der Scheinwahl in Ägypten stellt einen Offenbarungseid dar. Es zeigt sich, daß er - ebenso wie seine Vorgänger im Präsidenten-Amt - bei mit den USA verbündeten Diktaturen wie Ägypten oder Saudi-Arabien andere Maßstäbe anlegt als etwa beim Iran. Während bei der Parlamentswahl im Iran im Juni 2009 mit US-amerikanischer Hilfe eine kapitalistisch orientierte Opposition mit Millionen an verdeckten Geldern und einheitlicher Propaganda aus internationalen Mainstream-Medien unterstützt wurde, mußte el-Baradei in Ägypten auf verlorenem Posten agieren. Und während die Wahl im Iran weit eher die Kriterien einer parlamentarischen Demokratie erfüllte als sämtliche Schein-Wahlen in der 29-jährigen Herrschaftszeit Mubaraks, wurde ohne konkrete Beweise eine internationale Kampage wegen Wahlfälschung gegen das iranische Regime inszeniert.

 

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Anmerkungen

Siehe auch:

      Obama stärkt Diktatur
      Waffen-Deal für 60 Milliarden US-Dollar eingefädelt
      (14.09.10)

      Witz der Woche
      Mubarak und der Abschied von seinen Untertanen
      (21.04.10)

      Manipulation bei der Präsidentschaftswahl im Iran?
      (20.06.09)

      Verfassungs-Referendum in Ägypten:
      Mehrheit für Demokratie
      Mubarak zu 82 Prozent für Mubarak (29.05.05)