4.04.2015

Wachsende Beteiligung beim Ostermarsch
trotz naßkaltem Wetter

Ostermarsch in Stuttgart, 4.04.2015, Foto: Silke Göppert
Stuttgart / Berlin (LiZ). In Stuttgart, München, Saarbrücken, Ohrdruf (Thüringen), Leipzig, Düsseldorf, Berlin, Oldenburg, Bremen, Rostock und Kiel nahmen Tausende am Ostermarsch der Friedensbewegung teil. Wie im vergangenen Jahr war der Ukraine-Konflikt eines der wichtigsten Themen.

Viele TeilnehmerInnen hatten trotz naßkaltem Wetter selbstgemachte Transparente und Schilder mitgebracht, auf denen sie vor allem die Aggression der USA und der EU mit ihrer Einmischung in den Ukraine-Konflikt anprangerten. Auch das Drehen an der Rüstungsspirale durch die Obama-Regierung, die eine neue Generation von Atomwaffen einführt, wurde in etlichen Reden thematisiert.

In Stuttgart sprach Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) beim Auftakt des baden-württembergischen Ostermarschen vor dem EUCOM, der US-Kommandozentrale für die US-Streitkräfte in Europa. Er wies darauf hin, daß der "ansonsten nicht sonderlich friedensbewegte" Historiker Michael Stürmer vor Kurzem die Ostausdehnung der NATO als "Würfelspiel mit der Katastrophe" bezeichnet hatte. Wagner ergänzte: "Gewürfelt wird auch und gerade exakt hier: Im EUCOM von US-General Philip Breedlove! Von hier aus werden wesentliche Teile der aktuellen Generalmobilmachung der NATO gegen Rußland befehligt!" Und damit wird ein Friedensvertrag unterminiert, der vor allem aus ökonomischen Interessen eines erheblichen Teils der deutschen Wirtschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier mitgetragen wurde.

Wagner betonte, aus seiner Sicht sei die deutsche Bundesregierung keineswegs eine reine Vasallen-Regierung, sondern besitze durchaus Spielraum, im Ukraine-Konflikt auch eigene Interessen zu verfolgen. So sei in den vergangenen Monaten deutlich geworden, daß die Obama-Regierung mit Provokationen versuchte, einen Erfolg der Friedensverhandlungen in Minsk zu verhindern, während die deutsche Regierung anscheinend einen konstruktiven Part beim Erfolg von Minsk II spielte. Wagner verglich die Rolle der deutschen und der US-Regierung mit zwei Banden, die ein ganzes Stadtviertel in Brand gesetzt und geplündert haben. Und während die eine Bande nun bemerkt, daß das Feuer auf die eigenen Häuser überzugreifen droht und notdürftig versucht, das Feuer einzudämmen, ist die andere Bande damit beschäftigt, weiterhin zu zündeln.

"PERSISTENT PRESENCE 15; 2015 VJTF FUNCTIONS TESTING; FALCON VIKING; NOBLE JUMP; SIIL 15; STEADFAST JAVELIN; SABER STRIKE 2015; IRON WOLF; BALTOPS 2015; SWIFT RESPONSE; SILVER ARROW; TRIDENT JUNCTURE 2015; IRON SWORD 15; COMPACT EAGLE..."., zählte Wagner auf. Und dies seinen nur einige der der NATO-Manöver, die in nächster Zeit mit Blick auf Rußland abgehalten werden.

Zugleich wies Wagner darauf hin, daß er trotz seiner scharfen Kritik an der NATO-Politik keineswegs die Rolle der russischen Seite beschönigen wolle - auch diese kämpfe zur Durchsetzung ihrer machtpolitischen Interessen derzeit mit harten Bandagen. Nichts desto trotz müsse er vor allem darauf aufmerksam machen, wovon die Mainstream-Medien hierzulande offensichtlich nichts wissen wollen: "Der Westen trägt eine wesentliche, wenn nicht sogar die Hauptschuld an der Eskalation in der Ukraine und im Verhältnis mit Rußland." Wagner präsentierte hierzu ein treffendes Zitat aus dem 'spiegel': "Fast 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges geht es darum, wer es schafft, die früheren Sowjetrepubliken der Region in seinen Einflußbereich zu ziehen. Es geht um Geopolitik, um das 'Grand Design', wie es die Experten gern nennen."

Das Assoziations-Abkommen der Europäischen Union mit der Ukraine war - wie Wagner erinnert - das Mittel, um die Ukraine in den westlichen Einflußbereich zu zerren. "Und dabei war Deutschland die treibende Kraft." Wagner erinnerte weiter daran, daß erst zu dem Zeitpunkt, als der damalige frei gewählte ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch im November 2013 entschied, dieses Abkommen nicht zu unterzeichnen, die Eskalation mit den aus dem Westen unterstützten Maidan-Protesten massiv ausgeweitet wurde. "Dies führte im Februar 2014 zum Sturz von Janukowitsch und die rasch gebildete Putsch-Regierung unter substanzieller Beteiligung faschistischer Kräfte wurde umgehend anerkannt."

"Finanzminister Wolfgang Schäuble hat uns nun ein besonders faules Osterei ins Nest gelegt," so Wagner. "Obwohl laut Sparbeschluß des Jahres 2010 der Rüstungshaushalt dieses Jahr bei 27,6 Milliarden Euro hätte liegen sollen, beläuft er sich tatsächlich auf rund 33 Milliarden. Und Schäuble hat nun eine nochmalige Erhöhung um 8 Milliarden in den nächsten vier Jahren angekündigt," erklärte Wagner. Als Begründung werde im sogenannten Eckwerte-Papier aufgeführt, der Konflikt mit Rußland mache "die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für ein höheres NATO-Engagement und zur Stärkung des verteidigungsinvestiven Bereichs" nötig.

Wagner forderte unter anderem, daß die deutsche Bundesregierung Abstand von ihrer generell anti-russischen Politik nehmen müsse. Der Weltfrieden dürfe nicht weiter vom EUCOM aus gefährdet werden: "Das Würfeln mit der Katastrophe muß ein Ende haben!"

In den vergangenen Jahren nahm die Zahl der TeilnehmerInnen an den Ostermärschen - entgegen der Falschmeldungen der Mainstream-Medien - wieder zu. Die 'taz' verwendete in einer Schlagzeile gar den börsentechnischen Begriff der "Baisse". Tatsächlich nahmen in Stuttgart 1300 Menschen teil (2014 waren es 1100 und damit mehr als doppelt so viele wie 2013 - Siehe unsere Artikel).

In Nordrhein-Westfalen haben Friedens- und Anti-Atom-Bewegung gemeinsam eine Auftakt-Kundgebung organisiert: Sie protestierten vor der Konzernzentrale des AKW- und Kohlestrom-Konzerns RWE gegen die Urananreicherungsanlage Gronau. Dort wird nach wie vor - trotz angeblichem deutschen Atom-Ausstieg - für mehr als hundert der weltweit rund 400 Atom-Reaktoren Brennstoff produziert.

In Berlin nahmen rund 1000 TeilnehmerInnen am Ostermarsch teil. Auch dort war eine der Hauptforderungen an die deutsche Regierung, zu einem friedlichen Dialog mit der russischen beizutragen statt im Verein mit der NATO an Einsätzen in der Krisen-Region teilzunehmen.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Starke Resonanz der Ostermärsche
      Ukraine-Konflikt macht Angst (19.04.14)

      Mehr Menschen beim Ostermarsch
      Protest gegen Atombombe, Drohnen und Waffenexporte
      (30.03.13)

      Zehntausende beim Ostermarsch
      Gegen Krieg und Atomwaffen (9.04.12)

      Ostermarsch in vielen Städten
      Protest gegen Atomenergie und Atombombe (23.04.11)

      50 Jahre Ostermarsch
      Gegen Atomwaffen und für Abzug aus Afghanistan
      (3.04.10)

      "Bewegung am Boden"?
      Die Friedensbewegung nach dem NATO-Gipfel (5.04.09)

      60.000 beim Ostermarsch
      Protest gegen fortgesetzte Kriege
      und gegen Unterdrückung in Tibet (24.03.08)

      Baden-württembergischer Ostermarsch in Stuttgart
      "Vernunft muß her statt Militär!" (23.03.08)

      Demonstration gegen Bombodrom am Neujahrstag
      Bundeswehr will Bombenabwurf üben (1.01.08)

      Ostermärsche setzen Zeichen gegen Tornado-Einsatz
      (8.04.07)

      Zehnausende bei Ostermärschen der Friedensbewegung
      (16.04.06)