Fortschritt bei Plastiktüten
in Griechenland
Athen (LiZ). Während es in Deutschland bei einer "freiwilligen Selbstverpflichtung" bleibt, setzt sich der weltweite Trend zum Verbot der umweltschädlichen Erdöl-Produkte immer mehr durch. Seit Jahresbeginn müssen nun auch in Griechenland die umweltschädlichen Plastiktüten - von Ausnahmen abgesehen - mindestens vier Cent pro Stück kosten.
Bekannt ist seit langem - nicht allein nach entsprechenden Erfahrungen mit "Selbstverpflichtungen" der Automobil-Industrie - daß auf freiwillige Zusagen kein Verlaß ist. Selbst wenn einzelne Unternehmen solche "Selbstverpflichtungen" nicht ausschließlich als kostenloses Werbemittel betrachten, sondern ernsthaft auch die Umsetzung planen, scheitert dies unter dem im Kapitalismus unausweichlichen Zwang zur Profitmaximierung an der Konkurrenz.
Doch Ende 2015 bediente die deutsche "Umwelt"- und Atom-Ministerin Hendricks die Interessen der Produzenten von Plastiktüten und des Handels: Sie entschied gegen eine gesetzliche Regelung und stimmte einer "freiwilligen Selbstverpflichtung" des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zu, wonach der Handel freiwillig einen nicht näher festgelegten Preis für Plastiktüten erheben will.
In Griechenland hingegen kosten seit heute die umweltschädlichen Plastiktüten vier Cent pro Stück. Zum 1. Januar 2019 soll der Preis auf mindestens neun Cent pro Stück ansteigen. Ausgenommen sind vorerst Kioske und Wochenmärkte. UmweltschützerInnen sind daher noch skeptisch, ob das Müllaufkommen durch die neue Regelung erkennbar sinken wird.
In Deutschland werden pro Jahr mehr als sechs Milliarden Plastiktüten verkauft. Im Jahr 2014 lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch damit bei 76 Tüten. In Europa kamen laut EU-Kommission im Jahr 2010 rund 95 Milliarden Plastiktüten in Umlauf. Laut Schätzungen liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in Griechenland bei rund 400 Plastiktüten pro Jahr. Auch insgesamt liegt der Plastik-Verbrauch der GriechInnen mit rund 500.000 Tonnen pro Jahr enorm hoch.
In den Weltmeeren schwimmen bereits durchschnittlich 18.000 Plastikteile pro Quadratmeter. Sie gefährden Delfine, Fische, Meeresvögel und Meeresschildkröten. Ein etwa drei Millionen Tonnen schwerer Müll-Strudel hat sich zwischen Kalifornien und Hawaii gebildet. Angetrieben durch Wind und Strömungen dreht sich diese schwimmende Müllhalde in einem riesigen Wirbel auf dem Ozean. Dieser Wirbel ist etwa so groß wie Mitteleuropa. Auf ein Kilogramm Plankton kommen hier sechs Kilogramm Plastik. In mehreren weiteren Wirbeln im Südpazifik, im Atlantischen und im Indischen Ozean gibt es weitere Plastikteppiche dieser Art, wenn auch mit geringeren Mengen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte 2015, daß Hendricks "ausgerechnet auf das bisher in der Umweltpolitik ausnahmslos gescheiterte Instrument der 'freiwilligen Selbstverpflichtung'" zurückgreift. Die vom Handelsverband Deutschland verkündete "freiwillige Selbstverpflichtung" sei nicht mehr als eine Nebelkerze.
Andere Staaten in der EU wie beispielsweise Irland konnten längst mit einer klaren gesetzlichen Regelung des Plastiktüten-Verbrauchs deutliche Erfolge erzielen. Mit einer Abgabe von 22 Cent pro Plastiktüte konnte in Irland der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von 328 auf 16 Stück gesenkt werden.
Bereits in den 1970er-Jahren regte sich Widerstand gegen die umweltschädlichen Plastiktüten, die nicht zufällig als Symbol der Konsumgesellschaft gelten, mit Kampagnen wie "Jute statt Plastik".
1994 führte Dänemark eine Abgabe auf Plastiktüten ein und hat heute den niedrigsten Pro-Kopf-Verbrauch in Europa.
In Bangladesch sind Plastiktüten seit dem Jahr 2000 komplett verboten. Sie verstopften während der Monsun-Zeit die Abwasserkanäle und erhöhten das Überschwemmungsrisiko.
Seit 2003 sind Plastiktüten im Inselstaat Papua-Neuguinea offiziell verboten.
In den ostafrikanischen Staaten Tansania und Ruanda sind sie seit 2005 und seit 2006 verboten.
San Francisco schaffte 2007 als erste Stadt die umweltschädlichen Beutel in den großen Lebensmittelläden ab.
Los Angeles beschloß 2012, Plastiktüten aus den Geschäften zu verbannen.
Hawaii ist - ebenfalls seit 2012 - der erste US-Bundesstaat, in dem flächendeckend ein Plastiktüten-Verbot durchgesetzt werden konnte.
In Mauretanien sind seit Januar 2013 aus Umweltschutzgründen Herstellung, Verbreitung und Nutzung von Plastiktüten verboten.
2014 unternahm Schottland erste Schritte gegen den Plastikmüll und erhob 5 Pence pro Tüte in den Geschäften. Das Ergebnis: Rund 650 Millionen Plastiktüten wurden im Vergleich zum Vorjahr weniger verbraucht. Der eingenommene Betrag wurde einer karitativen Organisation gespendet.
Anmerkungen
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