22.04.2010

Sanitär-Kosten
für Biblis-DemonstrantInnen?

Roland Koch will Anti-AKW-Demo verteuern

Demo-Plakat AKW, 24. April 2010 Biblis (LiZ). Den VeranstalterInnen der Demo am AKW Biblis am Samstag sollen Sanitär-Kosten in Höhe von mehreren tausend Euro aufgebürdet werden. Auf diese neue Forderung kam der Hauptamtsleiter der Gemeinde Biblis, Manfred Wohlgemut, auf Anregung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Block A des AKW Biblis ist seit 1974 in Betrieb und damit der älteste von 17 Reaktoren in Deutschland, die entgegen allen Versprechungen weiter Strom produzieren.

"Wir handeln nach einer Empfehlung des hessischen Sozialministeriums", sagte Wohlgemut. Die Gemeindeverwaltung will, daß die Veranstalter die Kosten für den Sanitätsdienst - also Notärzte, Helfer und Rettungswagen - bezahlen. Noch nie in der Geschichte der Anti-Atom-Bewegung gab es eine vergleichbare Kosten-Auflage. Gegen diese Forderung wehren sich die VeranstalterInnen nun vor Gericht. Per Eilantrag wollen sie die Kostenfrage nun vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt klären lassen.

"Die Demonstration kostet den Trägerverein jetzt schon zwischen 30.000 bis 40.000 Euro", erklärt Matthias Weyland vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Durch den Sanitätsdienst würden noch mehrere tausend Euro hinzukommen. "Es ist aber nicht nur eine Kostenfrage, sondern auch eine politische Frage." Nach Weylands Ansicht ist die öffentliche Hand für die Kosten des Sanitätsdienst zuständig. Wenn die Gemeinde Biblis nicht dafür aufkomme, sei dies eine eklatante Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

Thomas Kieseritzky, Rechtsanwalt des Trägervereins der Demonstration, kritisiert: "Hier soll bundesweit ein Präzedenzfall geschaffen und das Recht auf Versammlung ausgehöhlt werden. Es kann nicht sein, daß die Ausübung des Versammlungsrechts vom Geldbeutel des Veranstalters abhängt."

Noch gibt es in Hessen kein Präzedenz-Urteil um die Frage nach den Kosten des Sanitärdienstes zu entscheiden. Doch eine solche Frage ist bislang weder bei Demonstrationen noch bei Vereins- oder Kirchen-Festen jemals aufgetaucht. Deshalb drängt sich die Frage auf, ob sich der Erfindungsreichtum aus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden speziell gegen Atomkraft-GegnerInnen richtet. Der Trägerkreis ruft die Bevölkerung nun auf, sich "jetzt erst recht" an den Protesten am 24. April am AKW Biblis zu beteiligen.

Zur Demo in Biblis werden fünftausend bis zehntausend Atomkraft-GegnerInnen erwartet. Der Reaktor Biblis A, der mittlerweile seit rund 36 Jahren in Betrieb ist, steht für den Betrug, der im dem Jahr 2000 als "Atom-Ausstieg" begonnen wurde und der nun nach "Rot-Grün" und "Schwarz-Rot" von "Schwarz-Gelb" fortgesetzt werden soll.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Der Endlager-Schwindel
      Greenpeace veröffentlicht Akten zu Gorleben (13.04.10)

      Biblis A - Lug und Trug
      Demo am 24. April (27.03.10)

      Der deutsche "Atom-Ausstieg"
      Folge 2 der Info-Serie Atomenergie