18.03.2010

Artenschutzkonferenz
zündet nächste Stufe

zur Zerstörung der Lebensgrundlagen

Der Ast, auf dem wir sitzen Doha (LiZ). Nicht nur der Blauflossenthunfisch wird dem Profitstreben geopfert. Auch bedrohte Arten wie Eisbär und Hai bleiben ungeschützt. Die Begründungen, die auf der internationalen "Artenschutz- konferenz" in Doha vorgebracht wurden, sind an Zynismus nicht mehr zu überbieten. Die japanische Regierung argumentierte beispielsweise, Japans "Eßkultur" sei bedroht, wenn der Blauflossenthunfisch geschützt werde. Voraussetzung für eine "Eßkultur" ist jedoch, daß es etwas zu essen gibt. Artenschutz-ExpertInnen prophezeien die endgültige Ausrottung des Blauflossenthunfischs bis 2012.

Ebenso zynisch ist die Begründung, mit der ein Schutz des Eisbären abgelehnt wurde: Er sei durch den Abschuß weit weniger bedroht als durch die Erwärmung des Erdklimas. Eine Mehrheit der Gesandten aus 175 Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens, die derzeit in der Hauptstadt von Katar tagen, feuerte damit den Startschuß für die letzte Etappe seiner Ausrottung ab. Derzeit gibt es noch rund 25.000 Exemplare, die sich auf den Territorien der USA, Rußlands, Kanadas, Norwegens und Grönlands aufhalten. Doch durch das schmelzende Eis, werden sie immer mehr verstreut, bekommen immer weniger Nachwuchs und können die Jungtiere kaum mehr ernähren.

Die International Union for Conservation of Nature (UICN) hatte den Eisbär 2008 auf ihre Liste der "verletzlichen" Arten gesetzt. Seit 1975 steht der Eisbär auch im Cites-Annex II, der nur einen eingeschränkten Handel erlaubt. Von den fünf Herkunftsländern darf nur Kanada Eisbär-Produkte wie etwa Felle exportieren. Für die Ureinwohner, die Inuit, bildet die Eisbär-Jagd und der Handel mit aus den Bären gewonnenen Produkten eine wichtige Lebensgrundlage. Die grönlandische Regierung setzte den Handel 2008 aus, will aber weiter Eisbären jagen lassen. Nach offiziellen Angaben werden jedes Jahr rund 300 Eisbären auf dem internationalen Markt verkauft, davon stammen 210 aus Kanada. Die US-Delegationsleiterin in Katar, Jane Lyder, schätzt, daß bis zu 700 Eisbären jährlich illegal getötet werden, die meisten "in Rußland".

In Japan zahlen FischhändlerInnen viel Geld für das rote Fleisch des Blauflossenthunfischs. Überwiegend wird der Fisch von europäischen Fangflotten nach Japan geliefert. Auf dem Fischmarkt in Tokio kauften zwei Sushi-Bar-Eigner im Januar des vergangenen Jahres ein 230 Kilogramm schweres Exemplar für 100.000 US-Dollar. Das ist zwar kein repräsentativer Preis, denn die traditionellen Auktionen zu Jahresbeginn ziehen besonders motivierte Bieter an. Doch 20.000 US-Dollar für einen Fisch sind nicht selten.

Auch eine Initiative für mehr Transparenz im Handel mit Haifischprodukten fand in Doha nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Zuvor hatten VertreterInnen von Umweltschutz-Organisationen gehofft, daß der Antrag ohne Probleme verabschiedet werden würde.

Unterstützung erhielt die japanische Regierung bei der Konferenz in Doha unter anderem von Libyen, der Türkei, Chile, Venezuela, Indonesien und Namibia. Der Antrag aus Monaco, den internationalen Handel mit dem Blauflossenthunfisch sofort und ohne Wenn und Aber zu verbieten, damit sich der Bestand wieder erholen kann, fiel bei der Konferenz der Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens CITES mit 20 zu 68 Stimmen durch. Selbst ein Antrag der EU-Staaten, der den Schutz auf unverantwortliche Weise erst in einigen Jahren vorsah, wurde mit 43 zu 72 Stimmen abgelehnt.

In den vergangenen 50 Jahren sind die Bestände des Blauflossenthunfisch im Mittelmeer um 74 Prozent zurückgegangen, im westlichen Atlantik gar um 82 Prozent, berichten MeeresbiologInnen. TierschützerInnen kritisierten die Entscheidung der CITES-Staaten in scharfer Form. "Das Votum der Vertragsstaaten ist eine Schande und setzt den König der Meere dem Untergang aus", sagt Karoline Schacht, Fischereiexpertin der Umweltschutzorganisation WWF. "Wir sind sehr enttäuscht, daß die internationale Staatengemeinschaft dem Roten Thunfisch keine Chance gab. Kommerzielle Interessen der Fischereiindustrie haben wieder einmal über den Schutz der Meerestiere gesiegt", sagte Daniela Freyer, die für Pro Wildlife an der Konferenz teilnimmt.

 

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Anmerkungen

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