Paris (LiZ). Der derzeitige Aufstand der Bevölkerung gegen das Gaddafi-Regime wirft eine beunruhigende Frage auf: Was wäre, wenn die französische Nuklear-Industrie schon einige Atomkraftwerke in Libyen gebaut hätte und Gaddafi so in den Besitz der Atombombe gelangt wäre?
Bekanntlich sind Atomkraftwerk und Atombombe siamesische Zwillinge. Die ersten Atomreaktoren wurden zu dem Zweck gebaut, das nötige Plutonium für den Bau der Atombombe zu produzieren. Bekannt ist ebenso, daß der Physiker Abdul Qadeer Khan, der "Vater der pakistanischen Atombombe", während Studienaufenthalten in Deutschland in den Besitz des nötigen Know-how zum Bau der Atombombe gelangt war.
Dies erklärt, daß etliche Staaten in der Vergangenheit ein "ziviles" Atomprogramm verfolgten, um so in den Besitz dieses Know-how zu gelangen. Das war schon in der Bundesrepublik der 1950er Jahre so, wo entsprechende Pläne des Atom- und späteren Kriegsministers Franz-Josef Strauß auf breiten Widerstand stießen und schließlich aufgegeben werden mußten.
In den 1970er Jahren bestellten sowohl Argentinien als auch Brasilien Atomkraftwerke. In beiden Ländern waren damals Militärdiktaturen an der Macht, die über den Umweg der "zivilen" Nutzung der Atomenergie in den Besitz von spaltbarem Material und von Bombentechnologie kommen wollten. Das einzige Atomkraftwerk Afrikas befindet sich im südafrikanischen Koeberg. Dessen Reaktoren dienten dem damalige Apartheid-Regime als Einstieg, um in den Besitz einer Atombombe zu gelangen. Im Zuge der Demokratisierung Südafrikas wurden die sechs produzierten A-Bomben wieder demontiert und das spaltbare Material unter Aufsicht der IAEA gestellt. Klar ist: Die Verbreitung von Kenntnissen der Atomtechnologie zur Waffenproduktion läßt sich nicht verhindern, solange die Nutzung zur Produktion von Strom fortgeführt wird.
Angesichts der skrupellosen militärischen Gewalt, mit der das libysche Regime gegen die dortige Bevölkerung vorgeht, fragen die französiche Anti-Atom-Organisation CSFR (Comité pour la Sauvegarde de Fessenheim et de la Plaine du Rhin) und der deutsche Bund für Umwelt und Naturschutz: "Was wäre, wenn Gaddafi bereits über Atomwaffen verfügte? Immerhin ist es noch gar nicht solange her, daß Frankreichs Präsident Sarkozy dem libyschen Diktator Atomkraftwerke aus dem Hause Areva verkaufen wollte."
Beide Organisationen erinnern daran, daß sie bereits im Jahr 2007 auf die Gefahren hinwiesen. Die Resonanz der Mainstream-Medien war jedoch gering.
Anmerkungen
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Info-Serie Atomenergie - Folge 4