21.12.2010

Giftiges Chrom im Trinkwasser
Schlimmer als im Kino-Film

Wasserhahn Washington (LiZ). US-ameri- kanische Umwelt-SchützerInnen der Environmental Working Group (EWG) haben im Trinkwasser von 31 US-Städten eine krebserregende Chemikalie, sechswertiges Chrom, gefunden. Der Fall erinnert an den Mitte der Neunziger von Erin Brockovich aufgedeckten Skandal, der mit Julia Roberts in der Hauptrolle im Jahr 2000 verfilmt wurde. Der Film spielte an den Kinokassen weltweit mehr als 300 Millionen US-Dollar ein. Die Trinkwasser-Analyse der EWG liegt seit Montag vor und hat MedizinerInnen in den USA alarmiert.

Wie bereits in einem weniger schwerwiegenden Fall in Europa im April dieses Jahres deutlich wurde, finden ChemikerInnen bei der astronomisch hohen Zahl an heute in der Technik eingesetzten Chemikalien nur noch das, wonach sie nach einem Anfangsverdacht suchen. Dabei ist sechswertiges Chrom durch den Umwelt-Skandal und den Kinofilm über Erin Brockovich eigentlich hinreichend bekannt. Zudem hatte das US-Gesundheitsministerium zufällig gerade im Oktober festgehalten, daß mit sechswertigem Chrom verseuchtes Trinkwasser an Versuchs-Tieren "deutliche Anzeichen krebserregender Wirkung" zeige. Als weitere Folgen dieser Chemikalie sind Leber- und Nierenschäden, Leukämie und Geschwüre bekannt. Die Schädlichkeit von Chrom für den Menschen hängt von der Oxidationsstufe ab. Metallisches Chrom und die häufig auftretenden dreiwertigen Chrom-Verbindungen sind unschädlich und sogar essentiell für den Menschen, beispielsweise beim Glukose-Stoffwechsel.

Die Geschichte der Erin Brockovich hatte 1996 weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Zahlreiche Menschen im kalifornischen Hinkley waren krank geworden, zeigten Vergiftungs- erscheinungen, Nierenleiden, Krebs, manche starben. Sie hatten über das Trinkwasser eine gefährliche Substanz zu sich genommen: Sechswertiges Chrom, das ein nahegelegenes Unternehmen jahrzehntelang abgelassen hatte und das ins Grundwasser gelangt war. Die Anwaltsgehilfin Erin Brockovich machte den Skandal bekannt und verhalf den Menschen von Hinkley zu ihrem Recht. Zusammen mit einer rechtsanwaltlichen Kanzlei brachte sie eine Sammelklage auf den Weg und setzte die Zahlung der größten Schadensersatzsumme in der Geschichte der USA durch. Das Unternehmen 'Pacific Gas & Electric' mußte insgesamt 333 Millionen US-Dollar an mehr als 600 AnwohnerInnen zahlen und die Verunreinigung beseitigen.

Die Chemikalie fällt in Stahl- und Zellstoff-Fabriken sowie beim Gerben von Leder, in der Verchromung sowie in der Kunststoff- und Färbemittel-Erzeugung an. Die Proben der aktuellen EWG-Analyse lagen zum Teil deutlich über den heute von Kalifornien empfohlenen Richtwerten: Die höchsten Giftwerte wurden im 90.000-EinwohnerInnen-Ort Norman, Oklahoma, gefunden - gefolgt von Honolulu, Hawaii, und Riverside, Kalifornien. In Norman waren die Werte laut EWG-Analyse mehr als 200 Mal so hoch, in der Hauptstadt Washington rund drei Mal so hoch wie die kalifornischen Richtwerte.

Laut der 'Washington Post' hat die EWG das Trinkwasser in 35 Städten der USA untersucht - und in den meisten Proben sechswertiges Chrom gefunden. In 31 von 35 Orten sei die Substanz nachgewiesen worden, davon 25 Mal in einer erhöhten Dosis, berichtete die Zeitung am Sonntag auf ihrer Internetseite. Die EWG-Studie wurde am gestrigen Montag, veröffentlicht. Sie ist demnach die erste landesweite Analyse von sechswertigem Chrom im Trinkwasser. Für die Untersuchung wurden große und kleine Städte ausgewählt, darunter auch solche, in denen Wasserwerke bereits erhöhte Gesamt-Chromwerte festgestellt hatten. Haushalte mit mindestens 17 Millionen Menschen sollen von dem mit sechswertigem Chrom verseuchten Trinkwasser betroffen sein.

"Diese Chemikalie wurde so weitläufig bei so vielen Firmen in den USA eingesetzt, daß mich das Ergebnis nicht überrascht", äußerte Brockovich, die immer noch gegen die Verseuchung mit sechswertigem Chrom in Hinkley kämpft, gegenüber der 'Washington Post'. "Die lokalen Wasservorräte sind in den gesamten USA bedroht. Das ist eine Chemikalie, die kontrolliert werden muß."

 

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Anmerkungen

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