Berlin (LiZ). Längst müßte auch Deutschland von den Rating- agenturen heruntergestuft werden - und zwar nicht etwa auf A+, sondern auf eine Note am unteren Ende der Skala. Denn die Staatsverschuldung liegt mittlerweile bei über 2.000 Milliarden Euro, Geld das niemals zurückgezahlt werden kann. Umgerechnet auf alle Deutschen belaufen sich die Schulden auf über 25.000 Euro pro Kopf.
Bereits Ende 2010 belief sich die Gesamtverschuldung des deutschen Staates in der Summe der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden laut Statistischem Bundesamt (Destatis) auf 2.035,9 Milliarden Euro. Mittlerweile sind es rund 2.072 Milliarden Euro.
Der größte Teil der Schulden mit einem Volumen von rund 1.280 Milliarden Euro entfällt auf den Bund. Der Rest verteilt sich auf Länder und Gemeinden. Allein dem Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden infolge des Zusammenbruchs der Landesbank WestLB und den damit verbundenen mit Folgelasten Neuschulden im Volumen von mehreren Milliarden Euro aufgebürdet. Die Schulden des ohnehin seit langem de facto bankrotten Bundeslandes wuchsen damit um 41,1 Prozent.
Allein die Wertpapierschulden und Kredite des deutschen Staates (Bund, Länder und Gemeinden) bei privaten Geldgebern wuchsen im vergangenen Jahr um insgesamt 20,3 Prozent auf 1.976 Milliarden Euro. Die Schulden des Bundes wuchsen um 25,5 Prozent. Hierzu trug im Wesentlichen die Stützung der Bank Hypo Real Estate bei.
Gemessen am Bruttoinlandsproduktes (BIP) von rund 2.500 Milliarden Euro und damit an der - noch - vorhandenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands hat der Schuldenstand über 80 Prozent erreicht. Betrachtet werden hierbei lediglich die "öffentlichen" Schulden, also die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden im Volumen von über 2.000 Milliarden Euro. Laut dem sogenannten Maastricht-Kriterium dürften die Staatsschulden die Marke von 60 Prozent des BIP nicht überschreiten. Hinzu kommen jedoch noch die Schulden der privaten Haushalte, von Industrie, Gewerbe und Handwerk. Diese belaufen sich in Deutschland auf über 5.200 Milliarden Euro - rund 210 Prozent des BIP
Die italienischen Staatsschulden belaufen sich auf rund 120 Prozent der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - sprich: es wäre mehr das gesamte italienische BIP eines Jahres nötig, um diese Schulden zurückzuzahlen. Die Schulden der privaten Haushalte Italiens entsprechen nach offiziellen Angaben 220 Prozent des BIP. Dies ist im Vergleich zu Ländern wie Irland (890 Prozent) oder Großbritannien (460 Prozent) noch relativ wenig.
In allen europäischen Staaten müssen sich die BürgerInnen daher auf eine "Sparpolitik" - sprich: Kürzungspolitik nach griechischem Vorbild gefaßt machen. Dies ist keineswegs dem Versuch geschuldet, einen Ausweg aus der Überschuldung zu finden. Sparen, also Rücklagen für schlechte Zeiten bilden, wäre in Zeiten hohen Wirtschaftswachstums und sprudelnder Steuereinnahmen möglich gewesen. Diese Zeiten gehören unwiederbringlich der Vergangenheit an. Heute geht es den Regierungen nur noch darum, im Dienste des Kapitals die Schulden so lange und so reichlich wie möglich zu "bedienen", also Zinsen zu zahlen. Klar ist längst, daß an eine Tilgung der Schulden nicht mehr zu denken ist. Klar ist ebenfalls längst, daß auf diesem Weg die Schuldenberge eher weiter - wenn auch langsamer - anwachsen werden, statt daß sie abgetragen werden könnten. Zugleich wird jedoch auf diesem Weg die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stranguliert, die Weltwirtschaftskrise weiter beschleunigt.
Die Alternative bestünde - nach keynesianischer ökonomischer Lehrmeinung - darin, mit Hilfe erhöhter Schuldenaufnahme die Wirtschaft "anzukurbeln". Doch auch dieser Weg ist versperrt, denn bei der gegenwärtigen Wirtschaftskrise handelt es sich um eine strukturelle, die durch weltweit aufgebaute Produktions-Überkapazitäten verursacht wurde, und nicht um eine konjunkturelle Krise, entsprechend der ökonomischen Theorie des John Maynard Keynes, an die sich große Teile der Linken klammern. Mit keynesianischem "deficit spending" könnte allenfalls um den Preis weiterer Verschuldung ein staatlich subventionierter weiterer Ausbau von Produktionskapazitäten ermöglicht werden.
Die Weltwirtschaftskrise, die im Juli 2007 mit dem Platzen des US-amerikanischen Immobilienblase begann, wird daher unausweichlich erheblich gravierendere Folgen haben als jene, die 1929 begann.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Kreditwürdigkeit Italiens herabgestuft
IWF: "gefährliche neue Phase" (20.09.11)
Schuldenkrise in den USA
Kampf zwischen Elefant und Esel? (15.07.11)
Kein Aprilscherz:
BRD-Verschuldung bei 1690 Milliarden Euro (1.04.10)
Witz zur Lage der Nation
Karikatur von Samy (1.04.10)
Neue Schockwelle befürchtet
Staatspleiten rücken näher (12.01.10)
BRD ruiniert
86 Milliarden Euro Neu-Schulden nicht rückzahlbar (19.06.09)