1.01.2012

Parteispenden
Die Spitze des Eisberges

Eine Hand wäscht die andere Berlin (LiZ). Entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung wurden die Großspenden des Jahres 2011 an das "schwarz-rot-grün-gelbe" BRD-Blockflöten-Spektrum veröffentlicht. Hierunter sind Parteispenden über 50.000 Euro zu verstehen. Wer als Spender nicht auffallen möchte, kann den Betrag auch stückeln.

Deutsche Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr deutlich von "Schwarz-Gelb" zu "Rot-Grün" umorientiert. Anscheinend spricht sich auch in diesen Kreisen die Erkenntnis Hilmar Koppers, die dieser ein Jahr nach dem Start der "rot-grünen" Bundesregierung ausplauderte, nur langsam herum. Kopper, früherer Chef der Aufsichtsräte von DaimlerChrysler und Deutscher Bank, erklärte in einem Interview mit dem 'Hamburger Abendblatt' (4.11.1999) recht ungeniert: "Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, ob ich mir eine aktive Beteiligung der Bundesregierung auf dem Balkan unter rot-grüner Beteiligung vorstellen könnte, dann hätte ich Sie für nicht recht gescheit gehalten. Genauso aber kam es. Und es konnte nur von der rot-grünen Regierung kommen, sonst hätten wir in diesem Land eine Revolution gehabt. Ähnliches gilt wohl auch für die Veränderung des Sozialstaates. Wahrscheinlich müssen die heiligen Kühe von denen geschlachtet werden, die an ihrer Aufzucht am aktivsten beteiligt waren." Doch auch unabhängig, wieviel Spenden der jeweiligen Partei zufließen, orientieren sich Partei-PolitikerInnen nachweislich im Laufe ihrer Karriere mehr und mehr an den Interessen des Kapitals. Denn dies ist für ihren Aufstieg entscheidend.

Neben dieser entscheidenden, aber nur in gründlichen soziologischen Studien nachweisbaren Beeinflussung, stehen spektakuläre Einzelfälle, die die medial geprägte Aufmerksamkeit auf sich ziehen: So etwa die "Mövenpick-Spende", der die Senkung der Hotel-Steuer folgte und die 2008 und 2009 in der öffentlichen Debatte im Vordergrund stand.

Bei der "C"DU gingen im Jahr 2011 nur halb so viele Großspenden ein wie im Vorjahr. Dennoch erhielt sie mit 516.000 Euro nach wie vor die meisten Spenden. Ihre bayerische Schwesterpartei "C"SU konnte mit 512.000 Euro fast ebensoviel einsacken. Die "F"DP büßte rund ein Drittel des Spendenzuflusses ein, kam aber immerhin auf 320.000 Euro. Die "S"PD hielt sich in der Gunst der Konzerne nahezu unverändert, weil sie in der Oppositions-Rolle wie gewohnt links blinkt und damit erneut viele davon zu überzeugen vermag, daß sie im Falle einer erneuten Regierungsverantwortung einmal ausnahmsweise nicht rechts abbiegen wird. Sie erhielt 355.000 Euro. Die Pseudo-Grünen erhielten - wohl nicht zuletzt wegen der Verdienste des neuen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann um die Durchsetzung von "Stuttgart 21" - fast doppelt so viel wie im vorangegangenen Jahr: 110.000 Euro.

Auffallend bei den Mehreinnahmen der Pseudo-Grünen in der bundesweiten Auflistung ist eine Spende des Unternehmens-Verbands 'Südwestmetall'. Dieser leitete nach dem "grün-roten" Wahlsieg in Baden-Württemberg je 60.000 Euro in die Taschen der neuen Regierungsparteien um. Bislang hatte 'Südwestmetall' nur die "C"DU alimentiert.

Die spendabelsten Geldgeber stellten erneut die Metallindustrie, der Versicherungskonzern Allianz sowie die Automobil-Konzerne BMW und Daimler. Waren 2010 noch Großspenden von insgesamt 2,5 Millionen Euro an die Bundestagsparteien geflossen, so ging das Aufkommen im Jahr 2011 auf nur noch 1,8 Millionen Euro zurück. Im Wahljahr 2009 fanden sich noch gut sechs Millionen Euro Großspenden in den Taschen der Bundestagsparteien. Mehrere langjährige Spender drehten der "C"DU den Geldhahn 2011 ganz oder teilweise ab. Dazu gehörten der Künzelsauer Werkzeug-Produzent Würth, der 2010 noch 100.000 Euro gespendet hatte, und die Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG), die noch im Jahr 2010 zusammen mit Tochter-Konzernen jeweils insgesamt 200.000 Euro sowohl an "C"DU wie "F"DP gespendet hatte.

Die aktuelle Veröffentlichung berücksichtigt nur Großspenden über 50.000 Euro, die laut Gesetz von den Parteien unverzüglich beim Bundestagspräsidenten angezeigt werden müssen. Kleinere Zuwendungen zwischen 10.000 und 50.000 Euro werden in der Regel erst ein bis eineinhalb Jahre verspätet in den Rechenschaftsberichten der Parteien offengelegt.

Die Linkspartei fehlt in dieser Veröffentlichung, da sie keine Großspenden vom Kapital erhält. Dies sollte jedoch nicht zu voreiligen Schlußfolgerungen verleiten. Die Linkspartei bestreitet rund 10 Prozent ihrer Einnahmen aus Spenden. Im Vergleich hierzu: "S"PD: 8 Prozent, "C"DU: 21 Prozent. Der Anteil der (veröffentlichten) Großspenden an den Einnahmen der Parteien ist verhältnismäßig gering: "C"DU: 1,1 Prozent, Pseudo-Grüne: 0,8 Prozent, "S"PD: 0,2 Prozent (Daten von 2005). Sie dürfen daher allenfalls als Landmarken im Bereich der "politischen Landschaftspflege" - wie es einmal der im Zuge des Flick-Skandals berühmt gewordene Manager Eberhard von Brauchitsch so hübsch bezeichnet hat - betrachtet werden.

Kuriosa: Die Linkspartei erhielt im Jahr 2010 von einem Rentner aus Niedersachsen 175.000 Euro. Diese Spende wurde formell unter die Großspenden eingeordnet. Die Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands (MLPD) erhielt zwei Privatspenden von zusammen fast 214.000 Euro, welche nach der auf der Bundestags-Website veröffentlichten Liste im Dezember gezahlt wurden.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Bundestagsabgeordnete
      wollen mehr Diäten (16.05.11)

      Die Dreckschleudern der Nation
      PolitikerInnen und ihre Dienstlimousinen (18.04.11)

      Früherer Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch
      begeht zusammen mit Ehefrau Selbstmord (11.09.10)

      Offizielle Parteispenden
      über 20 Millionen Euro (16.02.10)

      Parteispenden:
      "Wes Brot ich eß, des Lied ich sing" (21.10.09)

      NichtwählerInnen weit vor Schwarz
      Das reale Ergebnis der Bundestagswahl 2009 (27.09.09)

      Diäten-Erhöhung zurückgenommen?
      Die Lügen der Titelseiten (21.05.08)

      Der Ruf ist restlos ruiniert -
      jetzt erhöh'n sie die Diäten ganz ungeniert! (6.11.07)

      Parlamentarismus überzeugt immer weniger
      82 Prozent: Wir haben nichts zu melden (30.12.06)