Solidaritäts-Demo in Paris
Eineinhalb Millionen für Presse-Freiheit
Paris (LiZ). Rund eineinhalb Millionen Menschen haben heute in Paris an einer Demonstration zum Gedenken an die Opfer der Anschläge auf das Magazin 'Charlie Hebdo' und einen jüdischen Supermarkt teilgenommen und sind dabei für Presse-Freiheit eingetreten. Viele brachten auf selbstgestalteten Plakaten auch ihren Wunsch nach Toleranz zum Ausdruck.
Nachdem es in den vergangenen Tagen in Paris geregnet hatte, strahlte heute die Sonne über den DemonstrantInnen, die von der Place de la République zur Place de la Nation zogen. Die Straßen und Plätze waren von einem Menschenmeer gefüllt. Bei einer geschätzten TeilnehmerInnen-Zahl von 1,3 bis 1,5 Millionen war es vermutlich die größte Demo, die je in Paris stattgefunden hat.
Viele TeilnehmerInnen wollten offenbar ein weltweit sichtbares Zeichen setzen, daß sie sich durch Terror-Angriffe nicht einschüchtern lassen wollen und bereit sind, die - in Staaten wie Frankreich immerhin noch halbwegs intakte - Presse-Freiheit zu schützen. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang jedoch auch daran, daß das Magazin 'Charlie Hebdo' entstanden war, weil das Vorgänger-Magazin 'Hara-Kiri' von der französischen Regierung mehrfach zensiert, im Vertrieb behindert und schließlich verboten wurde.
Zwei Attentäter hatten am Mittwoch die Redaktions-Räume von 'Charlie Hebdo' gestürmt und dort und bei ihrer Flucht zwölf Menschen ermordet. Zwischenzeitlich hatte es geheißen, bei diesem Anschlag sei eine dritte Person beteiligt gewesen. Dies hat sich jedoch bislang nicht bestätigt. Bei einem zweiten Anschlag am Donnerstag erschoß ein dritter Attentäter südlich von Paris eine Polizistin - bei einer Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt ermordete er vier Menschen.
Nach offiziellen Angaben wurden alle drei Attentäter in den vergangenen Tagen von Sondereinsatz-Kommandos der französischen Polizei unter nicht objektiv nachvollziehbaren Umständen erschossen. Im Falle des Überfalls auf den jüdischen Supermarkt ist ein angebliches Bekenner-Video aufgetaucht, das dieses Attentat in einen islamistischen Zusammenhang stellt. Ob dieses Video authentisch ist, läßt sich nicht überprüfen, da es angeblich schon nach kurzer Zeit wieder aus dem Internet verschwand. Im anderen Fall wird ebenfalls spekuliert, ob die beiden Attentäter beim Terror-Angriff auf 'Charlie Hebdo' in einem islamistischen Zusammenhang stehen. Mehrere Zeugen sagen, daß die beiden maskierten Täter "Allahu Akbar" (deutsch: "Gott ist groß") gerufen haben. Merkwürdig ist zumindest, daß sich der eine Attentäter laut Video auf die IS-Terror-Miliz berufen hat, während die anderen beiden angeblich mit Al-Qaida in Beziehung stehen und sich die drei untereinander abgesprochen haben sollen.
Merkwürdig ist auch der Umstand, daß nach Angaben der französischen Tageszeitung 'Le Point' einer der beiden Täter des Anschlags am Mittwoch bei der Flucht einen Personalausweis im Fahrzeug vergessen haben soll, als sie am Rande von Paris das Auto wechselten. Die beiden verdächtigen Brüder Said (34) und Chérif K. (32) seien polizeibekannt. Beide wurden in Paris geboren und besitzen die französische Staatsbürgerschaft. In dem am Mittwoch am Pariser Stadtrand stehen gelassenen ersten Fluchtauto wurden laut einem Medienbericht auch Molotow-Cocktails und Dschihad-Flaggen gefunden, mit denen zum "Heiligen Krieg" aufgerufen werde.
In der Vergangenheit wurde die Redaktion von 'Charlie Hebdo' mehrfach wegen Zeichnungen bedroht, die als Beleidigung des Islam interpretiert worden waren. Chef-Redakteur Stéphane Charbonnier ("Charb"), der neben drei weiteren Zeichnern des Magazins zu den Todesopfern gehört, hatte deshalb seit längerem unter Polizeischutz gestanden.
In Frankreich nahmen in mehreren Städten insgesamt mehr als 150.000 Menschen an Solidaritäts-Demos teil. In Saint-Étienne waren es nach offiziellen Angaben rund 60.000 DemonstrantInnen; in Perpignan versammelten sich rund 40.000 Menschen im Gedenken an die 17 Ermordeten.
Anmerkungen
Siehe auch unseren Artikel:
Paris: 12 Tote bei Anschlag
auf Redaktion von 'Charlie Hebdo' (7.01.15)
Fakten gegen Vorurteile
Mediendienst Integration regt zu Diskussion an (5.01.15)