12.01.2012

Gefahren durch Chemie und Nano-Silber
in imprägnierter Bekleidung

antibakteriell Stockholm (LiZ). Eine Studie der schwedischen Chemikalienagentur KEMI weist nach, daß imprägnierte Kleidungsstücke beim Waschen entsprechende Chemikalien und Nano-Partikel absondern. Während der Nutzen der Imprägnierung fraglich ist, gibt es erhebliche Gefahren für Mensch und Umwelt.

KEMI analysierte insgesamt 30 Textilien, die entweder mit Nano-Silber, Triclosan oder Triclocarban als antibakterielle Biozide zur Geruchsminderung imprägniert wurden. Alle Textilien wurden nach dem Kauf vor dem ersten Waschgang analysiert und anschließend mehrere Male gewaschen. Nach drei beziehungsweise zehn Waschgängen wurden die Kleidungsstücke erneut untersucht.

Manche Textilien verloren in den Waschgängen bis zu 98 Prozent des Nano-Silbers. Bei einigen Proben wurde schon nach nur drei Waschgängen die Hälfte des Nano-Silbers freigesetzt.

Die für die Imprägnierung von Textilien eingesetzten Biozide gelangen nach dem Waschen trotz Kläranlagen in die Umwelt. So sind sie mittlerweile zum Beispiel auch auf Feldern zu finden, auf denen Lebensmittel angepflanzt werden. Nano-Partikel gelangen auf diese Weise auch ins Trinkwasser. Die Nano-Partikel werden anschließend mit der Nahrung vom Menschen aufgenommen. Nano-Silber ist hochtoxisch für Wasserorganismen. Gelangt Nano-Silber in großen Mengen ins Abwasser und in biologische Kläranlagen, kann es dort nützliche Bakterien zerstören und zudem die Vermehrung von Bakterien, die Krankheiten auslösen können, fördern.

KEMI warnt vor der weiten Verbreitung dieser Biozide und weist darauf hin, daß schon neugeborene Kinder bis zu hundert verschiedene künstliche Chemikalien im Blut aufweisen. Die Verwendung von antibakteriellen Chemikalien und Nano-Partikeln in Textilien kann außerdem dazu führen, daß die Antibiotika-Resistenz bei Bakterien weiter steigt und die medizinische Wirkung bei der Krankheitsbekämpfung immer häufiger ausbleibt.

Silber-Partikel in Nano-Größe werden unter dem Vorwand, antibakterielle Eigenschaften seien wünschenswert, in Socken, Kühlschränken oder gar Kinderspielzeug eingesetzt. Die Deklaration ist oft mangelhaft oder fehlt völlig. Nicht selten weist lediglich der Begriff "antibakteriell" die VerbraucherInnen auf einen Einsatz von Nano-Teilchen hin. Doch der Hygiene-Hype um vermeintlich sterile Produkte ist aus wissenschaftlicher Sicht völlig irrational.

Schon vor über einem Jahrzehnt warnte der Freiburger Professor Franz Daschner vom Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum davor, daß die nicht nur für die Umwelt, sondern auch die notwendige Hygiene in Haushalt und Klinik bedenklichen chemischen "Kampfstoffe" sehr viel Schaden anrichten. Nun wird diese mit irrationaler Werbung geschaffene Nachfrage vermehrt durch antibakterielle Produkte auf der Basis von Nano-Silber bedient. Die Folge ist eine völlig unnötige Belastung der Haushaltsabwässer und die Gefahr, daß immer mehr resistente Bakterienstämme auf diese Weise gezüchtet werden.

Nano-Silber wirkt antibakteriell. Für Nano-Silber gilt wie für alle Nano-Partikel: Die Teilchen sind mehr als 1000-fach kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haars. Eine Millionstel Millimeter dünne Schicht von Nano-Silber auf dem Gewebe von Strümpfen oder in Kühlschränken tötet Bakterien ab und hemmt so unangenehme Gerüche. Wegen dieser antibakteriellen Wirkung wird Nano-Silber von einem Großteil der VerbraucherInnen positiv beurteilt - im Gegensatz zu anderen Nano-Partikeln. Die Werbe-Branche weiß: Der Begriff antibakteriell ist - immer noch - positiv besetzt.

Nano-Silber ist daher das Nano-Material, das am häufigsten und in einer sehr breiten Produktpalette zu finden ist. Tonnenweise wird Silber für Nano-Produkte verarbeitet. Von Zahnpasta über Unterwäsche bis hin zu Frischhalte-Dosen und Computer-Tastaturen sind international hunderte von Produkten mit Nano-Silber auf dem Markt - die meisten davon gibt es auch in Deutschland. Die Zahl ist auch deswegen so hoch, weil viele VerbraucherInnen eine immer sterilere Umgebung wollen - und sich von der Wirkung des Nano-Silbers in die Irre führen lassen.

Die Silber-Ionen töten zwar einen Teil der Bakterien ab oder hindern zumindest deren Wachstum. Völlig keimfrei werden - und vor allem auch dauerhaft keimfrei bleiben - können in der Alltagsumgebung benutzte Gegenstände wie Computer oder Textilien aber ohnehin nicht. Doch dem virtuellen Nutzen steht ein reales Risiko gegenüber: Bakterien werden mit der Zeit gegen Nano-Silber resistent. Infolge des irrationalen Einsatzes von antibakteriellen Mitteln im Haushalt werden resistente Bakterienstämme gezüchtet und damit wird zugleich der segensreiche Einsatz solcher Mittel in der Medizin gefährdet. Die Gefahr wächst, daß sie bei ihrem sinnvollen Einsatz beim Desinfizieren in der Medizin immer häufiger wirkungslos werden.

Aus gesundheitlichen Gründen ist die Angst vieler VerbraucherInnen vor Mikroorganismen ohnehin nicht nachvollziehbar. Eine keimarme Umgebung reduziert die Häufigkeit von Infektionskrankheiten nicht. Es lassen sich auch keine positiven Effekte auf die Gesundheit von Kindern feststellen. Im Gegenteil stärkt der Kontakt mit vielen verschiedenen Bakterien das Immunsystem.

Nano-Silber-Partikel können aufgrund ihrer geringen Größe über die Haut oder die Atemwege in den menschlichen Körper gelangen und dort Zellen oder Organe schädigen. Langzeituntersuchungen dazu fehlen allerdings bis heute. Es gibt aber Hinweise auf Lungen- und Leberschäden, die mit der Aufnahme von Nano-Silber verbunden sind.

Für VerbraucherInnen ist es gar nicht so einfach, auf Produkte mit Nano-Silber zu verzichten. Denn bei vielen Anwendungen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, den Einsatz von Nano-Silber auf dem Produkt anzugeben. So genügt es etwa bei Nahrungsergänzungsmitteln wie Zahnpasta den gesetzlichen Vorschriften, wenn "antibakteriell" auf der Verpackung zu lesen ist. Wodurch diese Wirkung erzielt wird, muß jedoch nicht angegeben werden. Auf der sicheren Seite sind KundInnen im Bio-Laden, denn die Hersteller-Firmen der dort verkauften Produkte verzichten freiwillig auf den Einsatz von Nano-Materialien.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Kritik an Bayer-Konzern
      Produktionsanlage für Nano-Röhren (28.04.10)

      Hygiene-Hype bietet Schlupfloch
      für Nano-Technologie (19.04.10)

      Gefahren durch Nano-Silber
      BUND fordert Verbot (2.12.09)

      Großes Gefahrenpotential
      Umweltbundesamt warnt vor Nanotechnologie (20.10.09)

      Nano-Technik und Kosmetik
      Europa-Parlament: Deklaration erst ab 2012 (24.03.09)

      Nano-Partikel in Lebensmitteln
      Bundesregierung verweigert Schutz der Bevölkerung
      (12.03.08)

      Nano-Technologie
      Eine neue Durchsetzungs-Strategie (18.12.07)

      Nano-Technologie - Ebenso vielfältig wie gefährlich
      (10.06.07)

      Warnung vor Nano-Technologie
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      (13.10.06)

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      Verletzungen durch 'Magic'-Spray (4.04.06)