Wildnis-Wegweiser für Deutschland
von 18 Naturschutz-Organisationen
Berlin (LiZ). Die Initiative 'Wildnis in Deutschland', die von 18 Naturschutz-Organisationen getragen wird, hat heute die Broschüre "Wir für Wildnis" herausgegeben. Dieser "Wegweiser zu mehr Wildnis in Deutschland" enthält elf gemeinsame Positionen, mit denen die Verbände und Stiftungen auch ihre Geschlossenheit herausstellen wollen.
"Daß die Naturschutz-Szene bei einem Thema einen solch breiten Schulterschluß vollzieht, ist ausgesprochen bemerkenswert. Das zeigt, auf welch breiter Basis die Positionen stehen und welch große gesellschaftliche Relevanz sie haben," erklärt Manuel Schweiger, Wildnis-Referent der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und Koordinator der Initiative.
In der Broschüre geben die ExpertInnen Handlungsempfehlungen für mehr Wildnis und nennen Argumente, warum Wildnis-Gebiete in Deutschland für die Natur und für den Menschen von so großer Bedeutung sind. Deshalb fordern die Naturschutz-Organisationen von der Bundesregierung einen Fonds, der Anreize schafft, neue Wildnis-Gebiete auszuweisen. Dieser "Wildnis-Fonds" kann als Verbrauchsstiftung etabliert werden und soll zu Beginn mit mindestens 500 Millionen Euro ausgestattet sein. Unterstützung für die Idee eines solchen Finanzierungs-Instruments kommt auch von den Umweltministern der Bundesländer, die sich im Mai auf ihrer Konferenz in Bad Saarow geschlossen für die Einrichtung eines nationalen Wildnis-Fonds ausgesprochen haben.
Zu den "guten Gründen" für Wildnis zählt zum Beispiel, daß auch kommende Generationen biologische Vielfalt und faszinierende Naturwunder erleben und davon lernen können. Insbesondere in Zeiten des Abgleitens in die Klimakatastrophe sind Wildnis-Gebiete unersetzlich für seltene Tier- und Pflanzenarten, die sich den rasch ändernden Umweltverhältnissen anpassen müssen und dabei auf Rückzugsräume und Wanderkorridore angewiesen sind.
Mindestens zwei Prozent der deutschen Landesfläche sollen bis 2020 zu Wildnis-Gebieten werden – so fordert es die Initiative "Wildnis in Deutschland", und so sieht es auch die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) der Bundesregierung von 2007 vor. Im Vergleich zu den USA ist dies eine äußerst kümmerliche Zielvorgabe: Die als Nationalparks unter Schutz gestellte Fläche - eine alte Errungenschaft, die hier und dort angegriffen wird - beträgt immerhin rund 11 Prozent der Fläche der USA.
In Deutschland sind bisher erst 0,6 Prozent erreicht. Manuel Schweiger weist für die Wildnis-Initiative darauf hin, daß das bei weitem noch nicht genug ist: "Meint es die Bundesregierung ernst, das Wildnis-Ziel erreichen zu wollen, müssen dringend Impulse für weitere Wildnis-Gebiete gesetzt werden."
Mit einem Wildnis-Fonds soll für Privatpersonen, Kirchen und Kommunen ein Anreiz geschaffen werden, Flächen für Wildnis-Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Die FlächenbesitzerInnen könnten damit für ihren freiwilligen Dienst an der Umwelt einen adäquaten Ausgleich erhalten.
Bisher habe der Bund selbst vor allem mit dem Nationalen Naturerbe einen wichtigen Beitrag zum Zwei-Prozent-Ziel geleistet, loben die Verbände. Auch die 16 Nationalparks sowie Wildnis-Gebiete von Naturschutzorganisationen tragen zu diesem Ziel bei. Dennoch ist der Widerstand in Deutschland, den es zu überwinden gilt, enorm. Dies zeigte sich etwa in den vergangenen Jahren, als in Baden-Württemberg ein winziger Nationalpark realisiert wurde (Siehe hierzu unseren Artikel v. 28.11.13). Für diesen ersten Nationalpark im "Ländle" wurde weniger als ein Prozent der Wald-Fläche des Bundeslandes "geopfert". Bis 2013 war Baden-Württemberg ist nicht nur bei der Energie-Wende Schlußlicht in Deutschland, sondern neben Rheinland-Pfalz das einzige Bundesland ohne Nationalpark. Beim Kampf gegen Windkraftwerke erwecken lautstarke Pseudo-BIs hingegen den Eindruck, der Natur- und Landschaftsschutz habe im Südwesten ein besonderes Gewicht.
Manuel Schweiger mahnt: "Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Erde, hat in Sachen Wildnis aber enormen Aufholbedarf. Der Wildnis-Fonds kann helfen, dieses Ungleichgewicht zurechtzurücken."