Russische Küstenwache entert
Greenpeace-Schiff
Protest gegen Zerstörung der Arktis
Moskau (LiZ). Die russische Küstenwache hat die 'Arctic Sunrise' geentert. Mit dem Schiff protestierte Greenpeace gegen beabsichtigte Ölbohrungen in der ökologisch empfindlichen Zone nahe des Nordpols.
Greenpeace-AktivistInnen hatten am Mittwoch versucht, auf die Ölbohr-Plattform 'Prirazlomnaya' des russischen Ölkonzerns Gazprom in der Petschorasee zu gelangen. Bereits während der gewaltfreien Aktion hatte die russische Küstenwache Warnschüsse in Richtung der 'Arctic Sunrise' abgefeuert. Kurz danach stürmten 15 bewaffnete BeamtInnen, die sich von einem Hubschrauber abgeseilt hatten, das Greenpeace-Aktionsschiff. Die Crew-Mitglieder mußten auf dem Deck knien und wurden mit Maschinenpistolen bedroht. Um den Kontakt nach außen zu unterbinden, brachen die russischen Einsatzkräfte den Funkraum der 'Arctic Sunrise' auf. Das Schiff befinde sich in internationalen Gewässern, betonte die Umweltschutzorganisation und zeigte sich "sehr besorgt" über das Schicksal seiner Mitglieder.
Greenpeace wirft den russischen Staatskonzernen vor, die ökologisch empfindliche Arktis mit den geplanten Ölbohrungen zu gefährden. Eine Freisetzung von Öl wie etwa bei der unter dem Namen 'Deepwater Horizon' bekannt gewordenen Öl-Katastrophe des Jahres 2010 hätte in den kalten Gewässern der Arktis noch weitaus dramatischere Folgen als im Golf von Mexiko. Gazprom ist der größte russische Ölkonzern, der in der Arktis nach Öl bohren läßt. In einer Kooperation mit Shell sollen in Zukunft weitere Ölvorkommen in der von der russischen Regierung als Staatsgebiet beanspruchten Region der Arktis ausgebeutet werden. Die Offshore-Ölprojekte von Gazprom sind in der Arktis geprägt durch Verzögerungen, Mißachtung von Sicherheitsstandards und mangelhafte Notfallpläne.
Bei der Aktion an der Ölbohr-Plattform 'Prirazlomnaya' waren mehrere Greenpeace-AktivistInnen festgenommen worden. Sie befinden sich noch immer gegen ihren Willen an Bord der russischen Küstenwache. Greenpeace-Sprecher Christoph von Lieven sagte dazu: "Greenpeace wird auch künftig für den Schutz der Arktis protestieren. Diese Gewalt gegen friedliche Proteste muß sofort gestoppt werde. Es wird wieder klar, daß die russische Regierung mehr Interesse daran hat, ihre unverantwortlich handelnden Ölfirmen zu schützen als die Arktis."
Wladimir Chuprov, Leiter des Energie-Programms von Greenpeace-Rußland und derzeit auf der 'Arctic Sunrise', ergänzte: "Die Festgenommenen kommen aus der Schweiz und Finnland. Die finnische Aktivistin könnte an ihrer Hand verletzt sein. Wir versuchen, darüber genaueres zu erfahren. Die 'Arctic Sunrise' wird jedenfalls nicht eher das Gebiet verlassen, bis klar ist, was mit den Festgenommen passiert."
Die UmweltschützerInnen sind mit dem Greenpeace-Aktionsschiff 'Arctic Sunrise' zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen in der Region unterwegs, um für den Schutz der Arktis zu protestieren. Ende August war die unter niederländischer Flagge fahrende 'Arctic Sunrise' von der russischen Küstenwache unter Androhung von Waffengewalt aus russischen Hoheitsgewässern vertrieben worden. Dagegen hatte die niederländische Regierung offiziell Protest eingelegt.
Seit Jahren verzögert sich der Beginn der Ölförderung auf der 'Prirazlomnaya'-Plattform aufgrund technischer Probleme. Weder Gazprom noch einer der anderen in der Arktis tätigen Ölkonzerne ist im Falle eines Ölunfalls ausreichend gerüstet, um austretendes Öl wirksam zu bekämpfen. Die rauen Wetterbedingungen und die großen Entfernungen zu jeder Art von Infrastruktur wie Schiffen, Flugplätzen und Ölauffangmöglichkeiten können jeden größeren Ölunfall zu einer Umweltkatastrophe bislang unbekannten Ausmaßes werden lassen.
Der Protest der UmweltschützerInnen in der Petchorasee ist Teil einer internationalen Kampagne von Greenpeace zum Schutz der Arktis. Seit rund zwei Jahren kämpft die unabhängige Umweltschutzorganisation für ein Schutzgebiet rund um den Nordpol. Wer sich daran beteiligen will, kann im Internet unter www.savethearctic.org seine Stimme für die Arktis abgeben.
An der Aktion haben sich weltweit bereits über 3,9 Millionen Menschen beteiligt. Ziel ist es, mindestens fünf Millionen UnterzeichnerInnen zu sammeln, damit eine UN-Resolution verabschiedet wird. Darin soll die internationale Sorge der Weltgemeinschaft um die Arktis zum Ausdruck kommen. Greenpeace fordert zudem, daß ein internationales Schutzgebiet unter UN-Protektion - wie es bereits in der Antarktis besteht - eingerichtet wird.
Anmerkungen
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