24.03.2012

Schweizer AKW Beznau
Reaktor II wegen Kühlproblem abgeschaltet

AKW Beznau auf Aare-Insel Zürich (LiZ). Reaktor II des Schweizer AKW Beznau mußte wegen eines Problems mit den Kühlpumpen abgeschaltet werden. Laut dem Betreiber AXPO erfolgte die Abschaltung am Freitag abend. Wie üblich wurde eine Gefährdung der Bevölkerung oder der Umwelt verneint. Das AKW Beznau ist derzeit das älteste der Welt.

Das AKW Beznau liegt auf einer Insel der Aare kurz vor deren Einmündung in den Rhein und damit in Grenznähe zu Deutschland. Es handelt sich um zwei Druckwasserreaktoren US-amerikanischer Bauart mit jeweils 365 MW Leistung. Reaktor II ging 1971 in Betrieb. Nach Angaben des Strom-Konzerns AXPO gab es ein Problem mit dem Dichtungssystem an einer der beiden Reaktorhauptpumpen. Reaktor II sei daher "gemäß der Betriebsvorschrift" heruntergefahren worden. Erst vor zwei Wochen hatte AXPO-Chef Heinz Karrer beteuert, das AKW Beznau sei in einem Top-Zustand.

Der Atom-Reaktor bleibt mehrere Tage abgeschaltet, da es zunächst nötig ist, abzuwarten, bis die Anlage genügend abgekühlt ist, um die Pumpe reparieren zu können. Das eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) wurde laut AXPO umgehend von dem Zwischenfall informiert, Reaktor I (Betriebsbeginn: 1969) arbeite "stabil", sei nicht betroffen und bleibe deshalb am Netz.

Der Schweizer Heini Glauser, Energie-Ingenieur von Greenpeace, kritisiert, daß bei dem AKW auf der Aare-Insel im Fall eines Extremhochwassers ähnlich wie im AKW Fukushima Daiichi die Kühlung ausfallen und es zu einem Super-GAU kommen kann. Die maximale Höhe eines solchen Extremhochwassers für den Standort Beznau werde "deutlich unterschätzt", so Glauser.

Ohne auf die Greenpeace-Argumente einzugehen, behauptet AXPO, die "Sicherheit hatte und hat für die AXPO stets höchste Priorität." 1,6 Milliarden Franken (umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro) seien in die Sicherheit des AKW Beznau investiert worden, weitere 700 Millionen Franken (580 Millionen Euro) würden in den kommenden Jahren folgen. Die Reaktordeckel seien zwar entgegen den Behauptungen von Atomkraft-GegnerInnen intakt. Sie würden aber vorsorglich in nächster Zeit ausgetauscht, weil in vergleichbaren Anlagen Ermüdungserscheinungen beobachtet worden seien. Wissenschaftlich überprüfbare Daten werden jedoch nicht veröffentlicht. So liegen bis heute auch keine verwertbaren Daten über die Versprödung des Reaktordruckbehälters des im Jahr 2005 nach knapp 37 Betriebsjahren stillgelegten deutschen AKW Obrigheim vor. AXPO behautet, die Reaktordruckbehälter des AKW Bezau wiesen keine Risse auf.

Kürzlich hatte das Schweizer Bundesverwaltungsgericht dem AKW Mühleberg (Betriebsbeginn: 1971) die unbefristete Betriebsgenehmigung entzogen. Fälschlich wurde in den Mainstream-Medien verbreitet, das AKW können daher "nur noch bis zum 28. Juni 2013 weiterlaufen". Tatsächlich jedoch kann AXPO eine Verlängerung beantragen und bei den gegenwärtigen behördlichen und politischen Verhältnissen in der Schweiz wäre es ein Wunder, wenn die Betriebsgenehmigung nicht verlängert wird.

Die genannte maximale Betriebsdauer von 50 Jahren, die von der Schweizer Regierung wenige Monate nach der Fukushima-Katastrophe als "Atom-Ausstieg" verkündet wurde, ist ebenso unverbindlich wie die von "Schwarz-Rot-Grün-Gelb" in Deutschland für neun Atom-Reaktoren verkündeten Abschalt-Jahreszahlen. Die Schweizer Pseudo-Grünen schicken sich zudem an, den Betrug ihrer deutschen Schwester-Partei nachzuahmen und fordern eine "Laufzeitbegrenzung auf 45 Jahre". In Deutschland war vor elf Jahren eine Laufzeitbegrenzung auf 30 Jahre, dann auf 35 Jahre versprochen worden.

 

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