Salzgitter (LiZ). Im Januar dieses Jahres war verkündet worden, der radioaktive Müll werde aus dem einsturzgefährdeten "Versuchs-Endlager" Asse II rückgeholt. Schon im Jahr 2008 war dies von seiten der Anti-AKW-Bewegung gefordert worden, doch bis heute ist nichts geschehen und die Untätigkeit wird mit vorgeblichen Untersuchungen bemäntelt. Doch in den vergangenen Monaten hat sich die Menge des Wassers, das in die unterirdischen Stollen eintritt, verdoppelt.
Ein Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), das Anfang 2009 die Zuständigkeit von der berüchtigten Helmholtz-Gesellschaft übernommen hat, erklärte, der Anstieg radioaktiver Flüssigkeit im maroden Atommülllager Asse II werde die Pläne zur Rückholung des Atommülls nicht erschweren. "Das Sicherheitskonzept muß nicht verschärft werden, wir sind schon vom Worst Case ausgegangen." Allerdings habe die Zunahme des eindringenden Wassers eine "neue Qualität", weil zum ersten Mal Wasser, das von außen eindringt, mit radioaktivem Abfall in einer Lagerkammer in Kontakt komme.
Insbesondere vor der Kammer 8 in 725 Meter Tiefe hat sich das Volumen des eindringenden Wassers in den vergangenen sechs Monaten von vier auf 8 Liter verdoppelt wie das BfS bestätigte. Mittlerweile stieg auch die Konzentration von radioaktivem Cäsium-137 in der aufgefangenen Flüssigkeit. Das Wasser dringe vermutlich aus dem Deckgebirge ein und nehme auf seinem Weg durch Kammer 8 Radionuklide auf. Das BfS vermutet, daß der vermehrte Zufluß durch die Kammer 8 im Zusammenhang mit der Füllung einer daneben liegenden Kammer steht, in der aber keine radioaktiven Abfälle deponiert worden seien.
"Wir werden dem sehr ernst nachgehen," sagte die Parlamentarische Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser in einer Fragestunde des Bundestags. "Das hat auch Auswirkungen auf unseren Plan, Fässer aus der Asse herauszuholen." Zugleich wird von offizieller Seite eine wissenschaftliche Studie, wonach in der Umgebung von Asse II die Krebs-Rate signifikant erhöht ist, zu verharmlosen versucht.
Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis befürchtet, daß sich die eingelagerten Fässer in Folge von Feuchtigkeit und Salz immer schneller in ihre Bestandteile auflösen. "Die Rückholung der Fässer bleibt weiterhin Pflicht", betonte Dettmann. Allerdings müsse der Betreiber sein Rückholkonzept überdenken. "In den Kammern befindet sich ein Gemisch aus Fässern, Atommüll und kontaminiertem Salz. Es ist zu überlegen, ob man nicht auch mit Löffelbaggern, statt allein mit Greifern arbeitet. Wir können nicht noch zwei Jahre warten, bis das Bundesamt für Strahlenschutz seine vorbereitenden Untersuchungen abgeschlossen hat."
Es stellt sich immer dringender die Frage, ob Politik und Behörden bewußt auf Zeit spielen, um die kostspielige Rückholung des Atommülls zu vermeiden. Denn wenn Asse II einstürzt - wie schon zuvor Asse I und Asse III - ist dies zwar eine Katastrophe für zukünftige Generationen, für den Moment wäre es allerdings die billigste "Lösung".
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel zum Thema:
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um das "Versuchs-Endlager" Asse II (25.11.10)
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