Skandal bei der Anti-Atom-Bewegung
Holger Strohm in Hamburg ausgegrenzt
Hamburg (LiZ). Am kommenden Wochenende steht die bundesweite Herbst-Konferenz der Anti-Atom-Initiativen an. Ausgerichtet werden soll diese vom Anti-Atom-Plenum Hamburg. Wegen angeblicher Kontakte zu Neo-Nazis wurden nun in Hamburg die Anmeldungen des Anti-AKW-Urgesteins Holger Strohm und die des Regisseurs Marcin El zurückgewiesen.
Hintergrund der Ausgrenzung Holger Strohms ist offenbar die gezielt gestreute Verleumdung, der mittlerweile 71-jährige Autor des Anti-AKW-Bestsellers "Friedlich in die Katastrophe" habe einem Neo-Nazi-Magazin ein Interview gegeben. Doch schon seit Beginn dieses Jahres ist klar, daß dieses diffamierende Gerücht lediglich auf eine Falschmeldung der 'taz' vom 2. Dezember 2012 zurückgeht. Entgegen der Darstellung der parteinahen Zeitung hatte Strohm lediglich mit einem ihm Unbekannten gesprochen und dieses Gespräch wurde unautorisiert im Magazin 'Umwelt&Aktiv' als "Interview" veröffentlicht. Obwohl diese Umstände längst geklärt sind, wird in interessierten Kreisen weiterhin das verleumderische Gerücht verbreitet, der Anarchist Holger Strohm sei der "Zusammenarbeit mit Nazis" schuldig (Siehe hierzu auch unseren Artikel v. 7.05.13).
Betroffen von der fanatischen Hetze ist nun auch der polnische Regisseur Marcin El, der offenbar vom Hamburger Anti-Atom-Plenum in "Sippenhaft" genommen wurde. Denn ihm könnte allenfalls vorgeworfen werden, daß er zusammen mit Holger Strohm die Film-Fassung des Sachbuch-Klassikers produzierte. Dieser Film wurde im Sommer 2012 veröffentlicht, wird jedoch besonders in Gruppen, die von der pseudo-grünen Partei dominiert sind, mit einem unausgesprochenen Aufführungs-Verbot belegt. Anscheinend gilt zudem in gewissen Kreisen der Hamburger Szene die "Logik": Wenn Holger Strohm durch einen - wissentlichen oder unwissentlichen - Kontakt zu Neo-Nazis verseucht ist, dann greift diese Seuche auch auf alle über, die mit Strohm Kontakt hatten. Im Sprachgebrauch des "Verfassungsschutzes" wurde dies früher als "Kontaktdelikt" bezeichnet...
Auf eine Anfrage der Redaktion der Linkszeitung, ob die Zurückweisung der Anmeldung von Holger Strohm und Marcin El denn tatsächlich Ernst gemeint sei, schrieb die "Vorbereitungsgruppe Herbstkonferenz 2013" anonym am 15.10. per eMail zurück: "Wir haben auf unserem gestrigen Treffen nochmals kurz darüber diskutiert, mit dem Ergebnis, dass wir an unserer Entscheidung festhalten. Ansonsten sehen wir keine weitere Notwendigkeit, dies weiter zu diskutieren."
Etliche AktivistInnen der Anti-Atom-Bewegung rufen daher nun zu einem Boykott der Herbst-Konferenz in Hamburg auf.
Holger Strohm zählt zum Urgestein der Anti-Atom-Bewegung. Bereits 1971 erschien sein Bestseller "Friedlich in die Katastrophe" in der ersten Auflage. Nachdem er das Manuskript über 80 Verlagen vergeblich angeboten hatte, veröffentlichte Strohm das Buch zunächst im Privatdruck, dann im anarchistischen Kleinverlag 'Association' und ab 1981 beim Alternativ-Verlag 'Zweitausendeins'. Von dieser Ausgabe wurden schnell 130.000 Exemplare verkauft. Die Gesamtauflage der bei 'Zweitausendeins' verlegten Bücher von Strohm beläuft sich auf 640.000.
Auch beim erfolgreichen Widerstand gegen den Bau des am südbadischen Kaiserstuhl geplanten AKW Wyhl, half Strohm mit Vorträgen, die der Bevölkerung vor Ort die wissenschaftliche Basis für ihren zunächst rein emotional begründeten Widerstand lieferte. Der Historiker Joachim Radkau bescheinigt Strohm, er habe zu einem "erheblichen Niveausprung in der bundesdeutschen Kernkraft-Kritik" beigetragen.
Bereits 1978 engagierte sich Holger Strohm in einer Vorläufer-Organisation der Grünen und kandidierte als Spitzenkandidat der 'Bunten Liste - Wehrt Euch' bei den Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft. Nach der Gründung von Orts-, Kreis- und Landesverbänden im Jahr 1979 half er im Januar 1980 die Bundespartei 'Die Grünen' in Karlsruhe aus der Taufe zu heben.
An die Anfänge dieser Partei mögen die heutigen Pseudo-Grünen nicht mehr gerne erinnert werden. Dies erklärt auch, warum versucht wird, die grüne Politik der Anfangsjahre mit Hilfe von "Kronzeugen" wie Jürgen Trittin und Behauptungen über eine angebliche Nähe der Grünen der 1980er-Jahre zu pädophilen Forderungen, in den Schmutz zu ziehen. Und dies erklärt auch, warum jene, die die grüne Partei um 1990 an sich rissen und nur noch die Fassade stehen ließen, den mittlerweile 71-jährigen Holger Strohm mit fadenscheinigen Behauptungen bekämpfen.
Anmerkungen
Siehe auch unseren Artikel:
Fanatische Hetze gegen Holger Strohm
Qui bono? (7.05.13)
Der Film "Friedlich in die Katastrophe"
läuft bundesweit an (30.09.12)
Rezension zum Buch von H. Strohm:
"Die stille Katastrophe" (5.12.2000)