20.03.2012

AKW Krümmel
Noch mehr rostige Atommüll-Fässer

AKW Krümmel Hamburg (LiZ). Rostige Atommüll-Fässer fanden sich nun in einem dritten Atomkraftwerk. Dies wirft ein bezeichnendes Licht auf die profitgetriebene Haltung der Atom-Branche: "Augen zu und durch!" Der AKW-Betreiber und Strom-Konzern Vattenfall mußte eingestehen, daß nun auch im AKW Krümmel bei Hamburg ein rostiges Atommüll-Faß gefunden wurde.

Nachdem der Fund durchgerosteter Atommüll-Fässer im AKW Brunsbüttel am 7. März bekannt geworden war, folgte am 15. März das baden-württembergische AKW Neckarwestheim (siehe unseren Artikel vom 15.03.12). Der Skandal nimmt zudem eine neue Dimension an, denn Vattenfall kann über den Zustand hunderter Atommüll-Fässer, die in den Kellern des AKW Krümmel lagern, keine präzisen Aussagen treffen. Die von den Fässern ausgehende Strahlung lasse derzeit keine Messungen zu. Angeblich hat sich nun das für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Justizministerium in Kiel eingeschaltet. In der an Skandalen reichen Geschichte des AKW Krümmel wäre es aber das erste Mal, wenn dies zu Konsequenzen führt.

In unmittelbarer Nachbarschaft des AKW Krümmel befindet sich das wegen einer vermutlichen Nuklearkatastrophe am 12. September 1986 in die Schlagzeilen geratene Forschungszentrum GKSS, in dem in früheren Zeiten Atomwaffen-Forschung betrieben worden war. Bereits im Jahr 2000 wurden in der "Landessammelstelle" auf dem Gelände der GKSS rostige Atommüll-Fässer entdeckt. Trotz der angeblich hohen Strahlung der Atommüll-Fässer in den beiden Lagern hat das schleswig-holsteinische Justizministerium als Atomaufsicht - in anderen Bundesländern wird diese Funktion von "Umwelt"-Ministerien wahrgenommen - nun veranlaßt, daß die Fässer überprüft werden.

"Die Kavernen sind Sperrbereiche, in die keine Mitarbeiter dürfen," erklärte dagegen Oliver Breuer, Sprecher des Kieler Justizministeriums. "Wir haben angeregt, den Zustand mit Kameras zu untersuchen. Doch der Betreiber sagt, daß die Strahlung in dem Lager so hoch ist, daß Kameras nicht lange funktionieren," so Breuer. Vattenfall zeige sich aber "zuversichtlich, eine Lösung zu finden". Wie hoch die Strahlungswerte in den Kellern des AKW Krümmel genau sind, kann Vattenfall aber angeblich derzeit nicht beantworten. Für die Lagerung von schwach- und mittelradioaktivem Atommüll in AKW-Kellern gibt es in Schleswig-Holstein offenbar keine Grenzwerte. So steht zu befürchten, daß trotz allem Widerstand gegen den von Hamburg rund 90 Kilometer entfernten Endlagerstandort Gorleben direkt vor den Toren Hamburgs gefährlicher Atommüll auf unbestimmte Zeit und unter fragwürdigen Sicherheitsbedingungen gelagert wird.

Offenbar lagern in zwei Kellern des AKW Krümmel in sieben Meter Tiefe Atommüll-Fässer, die mit radioaktiv belasteten Filterharzen und Filterverdampferkonzentraten befüllt sind. Und vermutlich handelt es sich dabei um dieselbe problematische Füllung, die im AKW Brunsbüttel für den Skandal sorgte. Dort wurde nach Angaben der Atomaufsicht bis zu 500 Millisievert Strahlenbelastung pro Stunde an einzelnen Fässern gemessen. MitarbeiterInnen des AKW dürfen maximal 20 Millisievert Strahlung pro Jahr ausgesetzt werden.

Für Atomkraft-Gegnerin Bettina Boll aus Geesthacht, dem Ort neben dem AKW Krümmel und der GKSS, in dem sich die Leukämiefälle häufen, ist trotz vieler negativer Erfahrungen mit diesen Nachbarn die Nachricht über die rostigen Fässer ein Schock. "Leider wird hier wieder deutlich, daß Vattenfall nur das zugibt, was ohnehin an die Öffentlichkeit kommt," so Boll. Und sie weist auf ein verräterisches Detail hin: Auf einem hundertfach verteilten Poster mit einem Querschnitt des AKW Krümmel war das Faß-Lager deutlich eingezeichnet. Auf einer ansonsten entsprechenden Infografik jedoch, die Vattenfall Jahre später veröffentlichte, findet sich an derselben Stelle nur eine graue Fläche.

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      AKW Neckarwestheim
      Noch ein rostiges Atommüll-Faß (15.03.12)

      Rostige Atommüll-Fässer
      im AKW Brunsbüttel (7.03.12)

      Brennelemente-Kugeln aus Jülich verschwunden
      Zusammenhang mit GKSS-Unfall? (3.04.11)

      Elbe radioaktiv verseucht
      Unterlauf belastet wie La Hague (2.07.10)

      AKW Krümmel:
      Trauernicht drückte im Juni beide Augen zu (17.08.09)

      AKW Krümmel sorgt für Zulauf bei Öko-Strom
      Dem Vattenfall-Konzern laufen die KundInnen weg
      (31.07.09)

      6 Atomkraftwerke vom Netz
      Gehen nun in Deutschland die Lichter aus? (24.07.09)

      AKW Krümmel: Brennelement defekt
      Zusammenhang mit Reaktor-Tuning (6.07.09)

      AKW Krümmel: "Blackbox" war abgeschaltet
      Die Atom-Mafia interessiert sich nicht
      für behördliche Auflagen (5.07.09)

      AKW Krümmel: Zweiter Startversuch gescheitert
      (4.07.09)

      AKW Krümmel vom Netz
      Methode "try and error" (1.07.09)

      AKW Krümmel heute wieder am Netz
      Trauernicht und Gabriel schweigsam (24.06.09)

      "Black Box" für Atomkraftwerke?
      Audioüberwachung für AKW Krümmel angeordnet
      (25.02.09)

      AKW Krümmel und AKW Brunsbüttel
      seit 20 Monaten außer Betrieb
      Was steckt dahinter? (13.02.09)

      Abgeschaltetes AKW Krümmel mit "normalen" Pannen
      War "AKW-Tuning" Ursache
      des Beinahe-GAU am 28. Juni? (28.12.07)

      AKW Krümmel:
      Atom-Ministerin Trauernicht beim Lügen ertappt
      (26.07.07)

      Beinahe-GAU oder Medien-GAU?
      Betrachtungen zum Unfall im AKW Krümmel
      im Zerrbild der Mainstream-Medien (17.07.07)

      AKW Krümmel knapp an GAU vorbei
      Schnellabschaltung infolge des Brands gefährdete Reaktor
      (3.07.07)

      Brand im AKW Krümmel
      Reaktor heruntergefahren (28.06.07)

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      Schneller warten mit Gabriel (23.06.07)

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      (13.04.07)

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      Pro-Atom-Politik von Simonis (1.11.04)

      Leukämie in der Elbmarsch
      Heiße Teilchen aus der PAC-Brennstofftechnologie
      (9.04.01)

      Der deutsche "Atom-Ausstieg"
      Folge 2 der Info-Serie Atomenergie