Berlin (LiZ). Brillant erfüllte Bruno Thomauske Anfang der 2000er Jahre für "Rot-Grün" die Aufgabe, in Deutschland atomare Zwischenlager an den AKW-Standorten durchzu- setzen. So konnte hinter dem Schleier des verkündeten Atom-Ausstiegs die unbegrenzte Laufzeit der AKW zu Gunsten der Strom-Konzerne garantiert werden. 2003 wechselte Thomauske zum Strom-Konzern Vattenfall und erhielt einen Job als hochbezahlter Chef der AKW Brunsbüttel und Krümmel. Nach dem Beinahe-GAU am 28. Juni 2007 diente er dem Strom-Konzern Vattenfall als "Bauernopfer" und wurde ausgewechselt. Dafür hievte ihn der Strom-Konzern RWE - mit tatkräftiger Unterstützung der nordrhein-westfälischen Landesregierung - auf einen Stiftungslehrstuhl in Aachen. Doch sein nächster Einsatz beginnt schon in Kürze.
Bundes-Atom-Minister Norbert Röttgen holt sich den aus Sicht der Strom-Konzerne verdienten Mann ins Ministerium. Thomauske soll nun - zusammen mit anderen, teilweise ebenfalls von der Atomwirtschaft unterstützten Instituten - eine "Eignungsprognose" für Gorleben erstellen. Die Arbeit wird vom Bundes-Atom-Ministerium finanziert und zusammen mit der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln ausgeführt. Erst vor wenigen Monaten war eine andere Personalie aufgefallen: Der um ein "atomkritisches" Image bemühte Röttgen hatte sich dessen ungeachtet Gerald Hennenhöfer ins Ministerium geholt, der dort nun die Abteilung für "Reaktorsicherheit" leitet. Hennenhöfer war früher für den Stromkonzern Viag tätig, einen Vorgänger von E.on, und setzt sich jetzt nicht nur für die Weiterführung des Ausbaus von Gorleben zu einem atomaren "Endlager" ein, sondern war auch in vieler anderer Hinsicht als Lobbyist der Atomenergie im Einsatz.
Bruno Thomauskes Karriere begann 1983 beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Dort war er zunächst im Bereich des Strahlenschutzes auf dem Gebiet der Endlagerung radioaktiver Abfälle tätig. 1988 wurde er beim BfS Leiter des Projekts Gorleben. Von 1991 bis 1997 leitete er die Abteilung Projektmanagement für Endlagerprojekte und ab 1999 die Abteilung Endlagerprojekte/Betrieb.
Im Einsatz für "Rot-Grün" leitete Thomauske Anfang der 2000er Jahre die Erörterungstermine außerordentlich geschickt und vermittelte über die Medien das Bild demokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten der BürgerInnen. Zugleich blockte er dabei alle berechtigten Einwände ab, die darauf hinwiesen, wie wenig geschützt der atomare Müll in den als "Zwischenlager" deklarierten Leichtbauhallen an der AKW-Standorten insbesondere unter Berücksichtigung der Gefahr massiver Terroranschläge eingelagert würde.
Die "Zwischenlager", in denen mittlerweile immer mehr radioaktiver Müll in höchstens für zwei bis drei Jahrzehnte stabilen CASTOR-Behältern abgeladen wird, nehmen immer deutlicher den Charakter illegaler Endlager an. Im Juni 2007 war das letzte der von "Rot-Grün" durchgesetzten Zwischenlager fertiggestellt worden. Mit dem Bau der Zwischenlager konnte die Verstopfungsstrategie der Anti-Atom-Bewegung ausgehebelt werden. Das Konzept der Standort-Zwischenlager wurde entwickelt, weil der Abtransport des Atommülls aus den Atomkraftwerken in die Plutoniumfabriken La Hague, Frankreich, und Sellafield, England, oder in die oberirdische Halle bei Gorleben den AKW-Betreibern in den 1990er Jahren zunehmend Probleme bereitet hatte. Die Atomkraftwerke drohten nach und nach im Atommüll zu ersticken. Die CASTOR-Proteste verfolgten nicht zuletzt das Ziel einer "Verstopfung" der Atomkraftwerke, die deren Abschaltung erzwungen hätte.
Der Präsident des Deutschen Atomforums (DAtF), E.on-Manager Walter Hohlefelder, hatte im Mai 2004 auf der Jahrestagung Kerntechnik in Düsseldorf bestätigt, daß mit der Errichtung der Zwischenlager die "Verstopfung" der Atomkraftwerke vermieden und ein ungestörter Weiterbetrieb der Atomkraftwerke ermöglicht wurde: "Ende der 90-er Jahre war der Betrieb der Kernkraftwerke existentiell durch die sogenannte Verstopfung bedroht. Also durch den Zwang zur Abschaltung, weil wir die abgebrannten Brennelemente nicht abtransportieren konnten und gleichzeitig nicht genügend anlageninterne Lagerkapazität hatten," so Hohlefelder. "Diese Gefahr ist jetzt praktisch gebannt: Die Transporte zur Wiederaufarbeitung werden planmäßig bis Mitte 2005 abgewickelt. Die Genehmigungen für die anlageninternen Zwischenlager liegen vor. Eine Transportblockade - bislang die Achillesferse unserer Anlagen - wird uns also nichts mehr anhaben können."
Unter Atom-Minister Röttgen erreiche "der Filz eine neue Qualität", kommentierte der Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke, den erneuten Einsatz Thomauskes in Berlin. Die Bürgerinitiative kämpft mittlerweile mehr als 30 Jahre zusammen mit anderen wendländischen Initiativen gegen die Ausweisung des dafür völlig ungeeigneten Gorlebener Salzstocks zum atomaren Endlager. Daß die Atomkraft-GegnerInnen in Thomauske einen "alten Bekannten" wiedererkennen, bestätigte dieser zuletzt bei der Inbetriebnahme des Zwischenlagers am AKW Brunsbüttel. Bei dieser Gelegenheit sprach sich Thomauske einmal mehr dafür aus, die "Erkundungen" im Gorlebener Salzstock zügig fortzusetzen und das Genehmigungsverfahren zum Abschluß zu bringen.
"Thomauske ist nicht nur voreingenommen, er ist ein Atom-Lobbyist. Floskeln wie Transparenz, Ergebnisoffenheit und Bürgerbeteiligung werden durch derartige Personalentscheidungen und den Antrag, im Salzstock Gorleben alternativlos ab 1. Oktober die Bauarbeiten wieder aufnehmen zu lassen, konterkariert. Unsere Einschätzung, wie wir die Einbindung von Atom- und Gorleben-Befürwortern bewerten, schwankt zwischen scham- und skrupellos", sagte Ehmke. Röttgen, so werde klar, wolle auf jeden Fall Gorleben durchboxen. "Von Unvoreingenommenheit und Neutralität keine Spur."
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Anmerkungen
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