Washington (LiZ). Die von US-Präsident Barack Obama im Januar 2010 angebotenen Staatsbürgschaften im Volumen von 54 Milliarden US-Dollar haben den Energiekonzern Southern Company dazu verlockt, den Bau zweier neuer Atom-Reaktoren anzukündigen. Seit der Reaktor-Katastrophe von Harrisburg im Jahr 1979 hatte kein Energie-Konzern in den USA mehr einen solchen Bau-Antrag gestellt.
Und in den vergangenen drei Jahrzehnten hatte sich in den USA auch kein Investor gefunden, der den Energie-Konzernen einen Kredit für den Bau eines neuen Atomkraftwerks zur Verfügung gestellt hätte. Vergeblich hatte George W. Bush, US-Präsident von 2001 bis 2009, in den acht Jahren seiner Amtszeit alle paar Monate eine "Renaissance der Atomenergie" angekündigt. Seit der Reagan-Ära mit ihrer radikalen Privatisierung der Strom-Konzerne waren in den USA kaum noch Subventionen in die Atomenergie geflossen - anders als etwa in Deutschland, wo trotz des wieder einmal angekündigten Atom-Ausstiegs weiterhin jährlich direkte und indirekte Subventionen im Volumen von über 14 Milliarden Euro der Atomenergie zugute kommen. In der Regierungszeit von "Rot-Grün" zwischen 1998 und 2005 waren es sogar mehr als 17 Milliarden Euro pro Jahr.
Anfang 2010 hatte die Citibank eine Studie veröffentlicht, aus der hervorging, daß die Atomenergie - ohne massive staatliche Subventionierung - unwirtschaftlich ist. Eine ungeschminkten Wirtschaftlichkeitsberechnung brachte zutage, daß Atomkraftwerke erst nach 30 Jahren Betriebsdauer Profite abwerfen. Kein privater Investor ist bereit, solang auf die Rückzahlung eines Kredites zu warten. Die Verdreifachung der Staatsbürgschaften für den Bau eines Atom-Reaktors auf 54 Milliarden US-Dollar durch US-Präsident Obama ist eine solche - verdeckte - Subventionierung.
Nun plant der US-Energiekonzern Southern Company den Bau zweier neuer Atom-Reaktoren am Standort des Atomkraftwerks Vogtle im Bundesstaat Georgia. Veranschlagt sind Baukosten von insgesamt 14 Milliarden US-Dollar. Bei einer geplanten Bauzeit von fünf bis sechs Jahren, sollen die beiden Reaktoren bereits 2016 und 2017 in Betrieb gehen. Die US-Atomaufsicht NRC genehmigte mittlerweile das Vorhaben.
Das AKW Vogtle besteht bereits aus zwei Reaktoren, die 1987 und 1989 nach über zehnjähriger Bauzeit in Betrieb gingen. Übrigens ist in den USA auch derzeit ein Atom-Reaktor in Bau - seit 1972. Einmal fertiggestellt wäre dies der zweite Reaktor am Standort des US-amerikanischen AKW Watts Bar im Bundesstaat Tennessee. In den USA sind in 65 Atomkraftwerken noch insgesamt 104 Reaktoren in Betrieb. Diese decken allerdings nur 19 Prozent des Strombedarfs.
Ähnlich wie in Frankreich scheint sich die US-Regierung weder vom Super-GAU in Fukushima, noch von den Katastrophen in Tschernobyl und in Harrisburg und - auch wenn dies wenig bekannt ist - etlichen weiteren Orten beeindrucken zu lassen. Entgegen den Erwartungen, die von dem vermeintlich linken "Erlöser" Barack Obama im Jahr 2008 entfacht worden waren, hatte dieser nicht nur seine Wahlversprechen in Hinblick auf Krieg, Guantanamo und auch die Gesundheitsreform gebrochen, sondern zuletzt im April 2011 die Unantastbarkeit der Atom-Mafia in den USA bestätigt: Laut einem Report US-Atomaufsicht NRC, wurde die Pflicht zur Meldung von Materialfehlern und "Störungen", die potentiell schwere Unfälle auslösen können, in mehr als einem Viertel der Fälle ignoriert - ohne daß dies zu Konsequenzen geführt hatte.
Derweil bricht in den USA - und auch in Europa - die Branche der Solarzellen-Produzenten zusammen, weil sie im Konkurrenzkampf gegen massiv mit staatlichen Subventionen unterstütze chinesische Firmen unterliegen. Eine Firma nach der anderen geht pleite. Auch dies interessiert die Regierungen offensichtlich nicht. Im Gegenteil: In Deutschland soll gar die im Vergleich zur Atomenergie-Subventionierung winzige Förderung der erneuerbaren Energien drastisch zusammengestrichen werden. Insbesondere gegen die Solarenergie läuft seit Monaten eine Desinformations-Kampagne.
In den USA ist - zumindest in der Bevölkerung - eine äußerst positive Einstellung gegenüber der Solarenergie zu verzeichnen. Über 90 Prozent der US-AmerikanerInnen haben sich in den vergangenen vier Jahren laut wiederholten Erhebungen des Marktforschungs-Unternehmens 'Kelton Reserch' für den Ausbau der Solarenergie ausgesprochen. Selbst in den US-amerikanischen Mainstream-Medien werden Berechnungen verbreitet wie etwa diese: Moderne Solarzellen könnten allein auf einer Fläche von der Größe der Mojave-Wüste mehr als doppelt so viel Strom produziert wie die gesamten USA benötigen.
Ob allerdings die Knabenmorgen-Blütenträume der Atom-Mafia in den USA in Erfüllung gehen werden, ist recht zweifelhaft. Es gehört keine Prophetengabe dazu, vorherzusagen, daß es in den USA - und ebenso in Europa - in diesem Jahr zu einem deutlichen Wirtschaftseinbruch kommen wird. Und wenn sich die zugesagten Staatsbürgschaften ebenso in heiße Luft auflösen wie die Wahlversprechen Barack Obamas, wird es auch nichts mit der seit 30 Jahren unermüdlich angekündigten "Renaissance der Atomenergie."
US-Präsidenten Obama beweist mit seiner aggressiven Unterstützung der Atomenergie - ähnlich wie etwa John F. Kennedy, der den Vietnamkrieg begann - daß PolitikerInnen, die sich als Linke darstellen, nicht selten gefährlicher sind, als jene, die ungeschminkt als Rechte auftreten. Obamas Agieren kann allerdings auch eine unbeabsichtigte Nebenwirkung entfalten: Ähnlich wie der Prinz im Märchen von Schneewittchen vermag Obama so vielleicht die eingeschlafene Anti-Atom-Bewegung in den USA zu neuem Leben erwecken.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Energie-Wende in den USA?
90 Prozent für erneuerbare Energie (15.01.12)
USA: Die Atom-Mafia
steht über dem Gesetz (1.04.11)
Obama stärkt Diktatur
Waffen-Deal für 60 Milliarden US-Dollar eingefädelt
(14.09.10)
Abrüsten durch Aufrüsten?
Obama gibt 80 Milliarden US-Dollar für Atomwaffen
(15.05.10)
Obamas Bluff mit der US-Gesundheitsreform
Historische soziale Errungenschaft oder Sozialabbau?
(23.03.10)
Studie der Citibank:
Atomenergie ist unwirtschaftlich (12.02.10)
Obama verspricht
Bau neuer Atomkraftwerke in den USA (30.01.10)
Obama zeigt erneut Flagge
Ein Verbot von Landminen wäre nicht
im Interesse seiner Finanziers (25.11.09)
"Friedens"-Präsident Obama erhöht Militär-Etat
Neuer Weltrekord: 680 Milliarden US-Dollar (29.10.09)
Obama schürt Konflikt in Somalia
US-Waffenlieferung ins Krisengebiet (27.06.09)
Obama erhöht den US-Kriegsetat
Größtes Militär-Budget der Weltgeschichte (8.04.09)
Renaissance der Atomenergie?
Wo in aller Welt? (7.01.09)
Barack Obama und das Nadelöhr
Ist von Obama anderes zu erwarten als von Bush?
(9.10.08)
Die Subventionierung der Atomenergie
Folge 3 der Info-Serie Atomenergie
Die Geschichte der Atom-Unfälle
Folge 7 der Info-Serie Atomenergie