22.04.2010

Griechenland:
Schuldenloch noch tiefer

Weltwirtschaftskrise Luxemburg (LiZ). Statt bei 12,7 lag das Defizit des griechischen Haushalts 2009 bei 13,6 Prozent und vergrößert damit das Schuldenloch. Das gab die europäische Statistikbehörde Eurostat heute, Donnerstag, bekannt. Die Märkte reagierten heftig und Griechenland rückt damit der Staatspleite unaufhaltsam näher. In Athen laufen derzeit Gespräche zwischen Internationalem Währungsfonds (IWF), der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der griechischen Regierung über das kombinierte EU-IWF-Hilfspaket in Höhe von insgesamt 45 Milliarden Euro.

Die neue griechische Regierung hatte nach der Wahl im Herbst 2009 aufgedeckt, daß das Staatsdefizit mehr doppelt so hoch ist wie von der Vorgänger-Regierung eingestanden. Dabei stellte sich zudem heraus, daß Griechenland - wohl mit Wissen der europäischen "Eliten" - unter Vorspiegelung falscher Finanzdaten in die EU aufgenommen worden war. Eurostat hatte das Defizit für 2009 danach zunächst von 5,0 Prozent auf 7,7 Prozent revidieren müssen. Die Staatsverschuldung Griechenlands beläuft sich auf rund 300 Milliarden Euro (rund 115 Prozent des BIP), die Deutschlands liegt derzeit bei insgesamt 1.760 Milliarden Euro.

Das höchste Defizit hat in 2009 allerdings nicht Griechenland, sondern Irland mit 14,3 Prozent zu verzeichnen. Nach Griechenland wird Großbritannien als drittgrößter Defizitsünder mit 11,5 Prozent von Eurostat geoutet. Auch wenn die italienische Regierung sich mit der Neuverschuldung ein wenig zurückhielt, liegt Italien nach wie vor mit einer Verschuldungsquote von 115,8 Prozent des BIP an der Spitze des Trauerzuges. Zwölf der 27 EU-Staaten liegen mit ihrer Verschuldung über der Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP. Die Staatschulden wuchsen in Europa 2009 im Durchschnitt um 2 Prozent.

Griechische CDS (Credit Default Swaps), Wetten auf den Zusammenbruch der griechischen Staatsfinanzen, kletterten enorm in die Höhe und erreichten rund 560 Basispunkte. Dies bedeutet, daß etwa griechische Staatsanleihen im Wert von einer Million Euro mit jährlich 56.000 Euro abgesichet werden müssen. Der Euro-Kurs sank nach der heutigen Veröffentlichung von Eurostat unter 1,34 US-Dollar. Auch CDS auf portugiesische Staatsanleihen zogen kräftig an, da Portugal als einer der nächsten Kandidaten für eine Staatspleite gilt. Das selbe gilt auf etwas niedrigerem Niveau für Spanien und Irland. SpekulantInnen sprechen händereibend von einer "Ansteckungsgefahr."

Der griechische "sozialistische" Ministerpräsident Giorgios Papandreou versucht weiterhin, mit massivem Sozialabbau die internationalen SpekulantInnen bei Laune zu halten. Doch trotz der Hilfe der Gewerkschaften wächst die Unruhe unter der griechischen Bevölkerung. Selbst die BeamtInnen des Landes gingen heute zum vierten Mal seit Jahresbeginn auf die Straße. In vielen Krankenhäusern, Schulen und auch Ministerien wird die Arbeit niedergelegt. Am zweiten Tag in Folge ist auch der Fährverkehr betroffen. Die Ärzte in staatlichen Krankenhäusern behandeln nur Notfälle. Der öffentliche Nahverkehr und der Flugbetrieb sind diesmal nicht betroffen.

 

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Anmerkungen

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