Berlin (LiZ). Zum fünften Mal fand heute die Demo unter dem Motto "Freiheit statt Angst" statt. Rund 5000 Menschen protestierten auf dem Berliner Alexanderplatz gegen den Überwachungswahn von Staat, EU-Bürokratie und Konzernen, gegen Vorrats- datenspeicherung, elektronische Gesundheitskarte und Daten- sammelwut. TeilnehmerInnen nahmen mit satirischen Aktionen den alltäglichen Irrsinn aufs Korn.
Mit Sprechchören, Trommeln und selbstgebauten Kamera-Attrappen zog die "Freiheit-statt-Angst"-Demo durch die Berliner Innenstadt. Manuela Schauerhammer vom Aktions-Bündnis sah in ihrem Redebeitrag die bürgerlichen Rechte weiterhin bedroht. "Die Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellt die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar." Insbesondere von der EU-Bürokratie komme derzeit eine Flut von Verschärfungen bei Überwachungsgesetzen. Ein offener gesellschaftspolitischer, kultureller und sozialer Austausch sei nur durch eine überwachungsfreie Kommunikation möglich, so der Tenor aller Reden.”Das Internet als digitalen Raum für mehr Demokratie muß bewahrt und weiterentwickelt werden," forderte Rena Tangens vom Aktions-Bündnis. Wie die Demokratie im Informationszeitalter aussieht, werde jetzt entschieden.
Gefordert wurde unter anderem die Abschaffung der lebenslangen Steuernummern, ein Ende der heimliche Durchsuchung von Privatcomputern per "Bundes-Trojaner", ein Stop der Elektronischen Gesundheitskarte und ein Verzicht auf großflächige Videoüberwachung im Öffentlichen Raum. Uta Wagenmann vom 'Gen-ethischen Netzwerk' forderte ein Aus für die seit 1998 angelegten DNA-Datenbanken beim Bundeskriminalamt. Mittlerweile würden 90 Prozent der DNA-Entnahmen ohne richterliche Anordnung erfolgen, die Datenbanken wuchsen pro Monat um 8.000 auf mittlerweile 700.000 Profile.
Hingewiesen wurde zudem auf eine ePetition gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Einen ersten Anlauf der Bundesregierung hatte das Bundesverfassungsgericht zwar im Frühjahr 2010 gestoppt. Immer wieder fordern jedoch Partei-PolitikerInnen, die pauschale Speicherung von Verbindungsdaten erneut auf die Tagesordnung zu setzten. "Schon im September wollen Bundesjustizministerin und Bundesinnenminister über eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verhandeln." sagte Kai-Uwe Steffens, der die ePetition in Gang gesetzt hat. Bis 14. September benötigt diese insgesamt 50.000 Unterschriften, um bei einer Anhörung vor dem Petitionsausschuß des Bundestages behandelt zu werden.
Einig war sich das Aktions-Bündnis aus über 70 Gruppierungen, keine Partei-Auftritte zuzulassen. Gerade eine Woche vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus hätten viele Partei-PolitikerInnen die Bühne gerne für Eigenwerbung genutzt. Mit Ständen und Fahnen zeigten Piratenpartei, Pseudo-Grüne, Linkspartei und "F"DP, daß sie gerne zu jedem Versprechen bereit ständen.
Die Demo begann vor dem Brandenburger Tor und endete auf dem Alexanderplatz, wo es neben den Redebeiträgen bei sommerlichen Temperaturen ein buntes Kulturprogramm gab. So wurde die Veranstaltung “Freiheit statt Angst” auch zu einem fröhlichen Fest für das Selbstbestimmungsrecht aller Menschen.
Anmerkungen
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