Big Brother liest mit
Allein im Jahr 2011: 2,9 Millionen eMails und SMS
Berlin (LiZ). Vor 15 Jahren wurde die Existenz von Echelon bekannt - die deutschen Geheimdienste wollten dem nicht nachstehen. Mittlerweile hat die Bespitzelung von Telefon- und Internet-Kommunikation extreme Größenordnungen erreicht, die die Stasi-Praxis aus DDR-Zeiten längst in den Schatten stellt. Allein im Jahr 2011 hat der Bundesnachrichten- dienst (BND) fast 2,9 Millionen eMails und SMS mitgelesen. Offenbar ist die Erfolgsquote jedoch verschwindend gering.
Im Jahr 2011 hat der BND fast 2,9 Millionen eMails und SMS - angeblich wegen des Verdachts auf Terrorismus, Waffen- oder Menschenhandel - mitgelesen. Dies geht aus einem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages hervor, der heute (Freitag) bekannt wurde. Offenbar lag dabei die Erfolgsquote lediglich bei einem Zehntel Promille, denn der deutsche Auslandsgeheimdienst soll bei der massenhaften Bespitzelung nur in 290 Fällen auf "nachrichtendienstlich relevantes Material" gestoßen sein. Dieses offiziell genannte Ermittlungsergebnis steht also in offensichtlich krassem Mißverhältnis zu dem gleichzeitig begangenen Bruch bürgerlicher Grundrechte.
In einer Stellungnahme versuchte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter den Bruch von Grundrechten damit zu beschönigen, daß nur ein "eingeschränkter Teil der internationalen Tele- kommunikation" der Überwachung durch den BND unterliege. Die Innenexpertin der Linkspartei-Fraktion, Ulla Jelpke, kritisierte: "Der BND hat jedes Augenmaß verloren. 2,9 Millionen elektronische Nachrichten zu überprüfen, um gerade einmal 290 Treffer zu erhalten, die nicht näher bezeichnetes »relevantes Material« enthalten, das ist eine Erfolgsquote von 0,01 Prozent. In 99,99 Prozent der Fälle hat der Geheimdienst also ohne jeden Grund wichtige Grundrechte verletzt."
Anmerkungen
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