Mainz (LiZ). Rund 3000 Menschen nahmen an einer Demonstration in Mainz teil, zu einer breiten Bündnis aufgerufen hatte. Entgegen früheren Zusagen waren Flugrouten in Richtung Mainz und Rheinhessen verlagert worden. Die Wut der Menschen, deren Nachtruhe gestört wird, richtet sich nicht nur gegen die hessische Landesregierung, sondern auch gegen den rheinland-pfälzischen "roten" Ministerpräsidenten Kurt Beck, der bei der Landtagswahl am 27. März im Amt bestätigt werden will.
Noch zur eher harmlosen Kritik an Ministerpräsident Beck zählte der Vorwurf, er habe den Schutz der Landeskinder vor dem bedrohlich anwachsenden Fluglärm "verschlafen". Aus einem Lautsprecherwagen erscholl auf dem Gutenbergplatz beim Mainzer Dom Fluglärm und auf Transparenten war zu lesen: "Mehr Lebensqualität durch weniger Lärm."
Auf der Abschlußkundgebung trat der Parteifreund von Beck und Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel auf. Er verwies darauf, daß Beck "noch am Freitag" der "schwarz-gelben" hessischen Landesregierung Wortbruch vorgehalten habe. Diese hatte - unter dem mittlerweile besserverdienenden Roland Koch - "faire Flugpläne" und ein Nachtflugverbot "fest" zugesagt. Angesichts der Untätigkeit von Beck steht dessen Parteifreund und Fraktions-Chef im hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel (Nachfolger von Andrea Ypsilanti), nicht sonderlich überzeugend da, wenn er Kochs Nachfolger Volker Bouffier wegen der fortgesetzten politischen Serviceleistung für den Betreiber des Frankfurter Flughafens Fraport kritisieren will. Hinzu kommt, daß die "S"PD in Hessen seit den Zeiten des "roten" Ministerpräsidenten Holger Börner nur wenig Glaubwürdigkeit bei den Flughafen-GegnerInnen wiedergewinnen konnte.
Bei Ostwind können nun auch die BewohnerInnen der südlichen Stadtteile von Mainz und der Gemeinden der Verbandsgemeinde Nieder-Olm nachempfinden, warum viele Menschen in der Umgebung von Frankfurt bereits seit den 1970er Jahren gegen den stetigen Ausbau des "wirtschaftlichen Drehkreuzes" ankämpfen. Die Rhein- hessInnen (BewohnerInnen dieses Teil von Rheinland-Pfalz) werden nun nicht selten bereits um fünf Uhr morgens durch Fluglärm geweckt. An ein Wiedereinschlafen ist dann nicht mehr zu denken. Immerhin hatten sich viele MainzerInnen schon zu Zeiten der Rodung des Kelsterbacher Forsts mit den BewohnerInnen des Hüttendorfes und dem Widerstand solidarisiert.
Die Fraport will auf Deutschlands größtem Flughafen im Herbst die neue Nordwestlandebahn in Betrieb nehmen. Diese vierte Bahn erweitert die Kapazität um rund 50 Prozent. Mit Beginn des Winterflugplans Ende Oktober 2011 sollen statt rund 80 Starts und Landungen in der Stunde dann rund 120 möglich sein. Auch beim Bau der Startbahn 18 West wurde versprochen, daß danach Schluß sei, keine Erweiterung jenseits des Zauns sei geplant. Doch selbst der Mainzer Bürgermeister weiß und sagt ganz offen: "Nach dem Ausbau ist vor dem Ausbau." Auf die Fraport ist in diesem Sinne Verlaß, das zeigt auch der Bau des Terminals 3. Dieser ergibt nur einen Sinn bei einer südlich gelegenen Landebahn.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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(15.01.04)