Kopenhagen (LiZ). Der als "alternativer Nobelpreis" bekannte Right Livelihood Award geht in diesem Jahr an zwei Frauen aus dem Tschad und den USA und an eine Nichtregierungs-Organisation. Unter den PreisträgerInnen ist erstmals ein Chinese, der Solar-Unternehmer Huang Ming. Er erhält einen undotierten Ehrenpreis für Pionierleistungen im Bereich der Solarenergie.
Die Solarenergie war in den vergangenen Monaten wegen einer chinesischen Firma in Mißkredit geraten, weil diese bei der Produktion von Photovoltaik-Zellen erheblich die Umwelt verschmutzte. Atomenergie-PropagandistInnen nutzen dies als Vorwand, einmal mehr die Behauptung zu verbreiten, es gebe eben "keine gefahrlose Energiegewinnung" - gleich ob mit Photovoltaik, Kohle oder Atomenergie.
Das Beispiel des Solar-Unternehmers Huang Ming zeigt dagegen, daß es auch in China anders geht. In Dezhou ist seine Firma an einem großen solaren Stadtentwicklungsprojekt beteiligt. Zugleich engagiert sich Huang Ming gegen Umweltverschmutzung und für die Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes in China. Er erhält den undotierten Ehrenpreis, weil er laut der Jury des Right Livelihood Award zeige, daß auch "dynamische Schwellenländer" zum Kampf gegen die herannahende Klimakatastrophe beitragen können. In ihrer Begründung weist die Jury darauf hin, daß zwar die Hauptlast der in die Welt gesetzten Klimagase von den Konzernen der westlichen Industriestaaten ausging, aber der von China eingeschlagene Weg "entscheidend" dafür sein könne, ob der globale Temperaturanstieg noch rechtzeitig gebremst wird.
Mit dem mit insgesamt 150.000 Euro dotierten "alternative Nobelpreis" wird die Anwältin Jacqueline Moudeina aus dem Tschad für ihren "furchtlosen Einsatz" ausgezeichnet, den früheren Diktator des Tschad, Hissène Habré, vor Gericht zu bringen. Dieser soll in der Zeit seiner Schreckensherrschaft für 40.000 politische Morde verantwortlich gewesen sein. Bislang weigert sich die Regierung des Senegal, in dem Habré politisches Asyl genießt, den Ex-Diktator in den Tschad auszuliefern. Das Rechtssystem des derzeit autokratisch von Idriss Déby regierten Tschad ist jedoch ebenso wenig zur Einhaltung bürgerlicher Rechte oder fairer Gerichtsverfahren geeignet wie etwa jenes im Nachbarland Libyen zu den Zeiten des Diktators Gaddafi. Die Diktatur des tschadischen "Präsidenten" Hissène Habré stützt sich hauptsächlich auf Frankreich.
Die Hebamme Ina May Gaskin aus den USA wird geehrt, weil sie natürliche Medizin mit wissenschaftlicher Erfahrung in der Geburtshilfe verbinde. In den USA war der Beruf der Hebamme abgeschafft worden, da die GeburtsmedizinerInnen ihn für überflüssig hielten. Gaskin gründete ihr eigenes Geburtshilfezentrum, das 'Midwifery Centre'. Heute gilt sie als berühmteste Hebamme der Welt. Sie widersetzt sich dem Trend zu einer Übertechnisierung der Geburten. Während in den USA landesweit 30 Prozent der Neugeborenen mit Kaiserschnitt zur Welt kommen, sind es in im 'Midwifery Centre' nur zwei Prozent – trotz vieler sogenannter Problem-Geburten wie etwa Zwillings- und Steißgeburten. Gaskin kämpft für das Stillen und gegen eine weitverbreitete protestantisch-sektiererische Einstellung, die Frauen in den USA das Stillen in der Öffentlichkeit verbietet.
Die beiden Frauen teilen sich das Preisgeld mit der Nichtregierungs-Organisation Grain, die den massiven Aufkauf von Farmland in den sogenannten Entwicklungsländern durch Finanzinvestoren aufdeckte. Grain setzt sich darüber hinaus für den Erhalt der biologischen Vielfalt ein und in diesem Zusammenhang für die Förderung kleinbäuerlicher Strukturen. Steigende Lebensmittelpreise und die Verknappung fruchtbaren Landes haben dazu geführt, daß besonders in Afrika immer mehr Ackerland von Finanzinvestoren aufgekauft und nach deren kommerziellen Interessen genutzt wird. 60 bis 80 Millionen Hektar hauptsächlich südlich der Sahara - etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche der gesamten EU - sind bereits von international tätigen Investoren aufgekauft worden. Grain kämpft gegen diese Form von Landraub, von dem die Bevölkerung, die von ihrem Land vertrieben wird, oft erst erfährt, wenn das Land eingezäunt wird.
Die Stiftung 'Stiftung Right Livelihood Award Foundation', die den Preis finanziert und vergibt, wurde von dem deutsch-schwedische Publizist Jakob von Uexküll gegründet. Dieser wollte mit dem Preis eine Alternative zum traditionellen Nobelpreis schaffen, die seiner Meinung nach zu sehr die Interessen der reichen Welt widerspiegelt. Mit dem 'Right Livelihood Award' werden Personen und Organisationen geehrt, die Lösungen für "praktische und beispielhafte Antworten auf die dringendsten Herausforderungen unserer Zeit" gefunden haben. Ausgezeichnet werden Leistungen aus den Bereichen Menschenrechte, Armutsbekämpfung, Frieden, Umweltschutz, Kultur sowie alternative Technologien und Wirtschaftsmodelle. Der 'Right Livelihood Award' wird seit 1980 jährlich vor der Verleihung der traditionellen Nobelpreise im Stockholmer Reichstag vergeben.
LINKSZEITUNG
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Friedensnobelpreis für Liu Xiaobo
Ein bedeutungsloser Preis und unlautere Motive (8.10.10)
Alternative Nobelpreise
für israelisch-palästinensische
ÄrtzInnen-Organisation
und drei Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten
(30.09.10)
Mega-Staudammprojekt in Brasilien
Widerstand von AnwohnerInnen,
UmweltschützerInnen und WissenschaftlerInnen
(1.03.10)
"Alternative Nobelpreise" 2007
zeigen Lösungen für globale Herausforderungen auf
(4.10.07)
Alternativer Nobelpreis an Daniel Ellsberg
an Ruth Manorama und Lyrik-Festival von Medellín
(28.09.06)
Friedensnobelpreis an die IAEO
- die Lobby der Atom-Mafia (7.10.05)
Ein schwedischer Preis
und die Diamanten Südafrikas (3.10.05)
Order 81 - Gen-Okkupation des Irak
Aufruf von 13 Alternativ-NobelpreisträgerInnen
(12.03.05)
Friedensnobelpreis für kenianische
Umweltschützerin Wangari Maathai (8.10.04)