16.01.2012

Militärs zocken ab
- nicht DIE Griechen

US-Panzer des Typs M1A1 Abrams
Athen (LiZ). Wie in Deutschland gibt es auch in Griechenland die einen, die abzocken und die anderen, die abgezockt werden. Nicht DIE Griechen zocken DIE Deutschen ab. Zu den Abzockern in Griechenland gehört beispielsweise die Militärführung.

Die griechische Regierung erhöht - trotz aller sonstigen Kürzungen - die Rüstungsausgaben und die griechische Militärführung will 400 US-Panzer des Typs M1A1 Abrams übernehmen. Diese gibt das US-Militär zwar kostenlos ab, doch die Überführung nach Griechenland wird zwischen fünf und acht Millionen Euro kosten und mindestens nochmal so viel wird es kosten, die in der Wüste von Nevada seit 1991 herumstehenden Panzer wieder einsatzbereit zu machen. Die laufenden Kosten für Sprit und Unterhalt werden immens sein, denn die Abrams-Panzer dieses Typs schlucken über 30 Prozent mehr Treibstoff als die Dieselmotoren vergleichbarer Panzer.

Maßgeblich beigetragen zur katastrophalen Lage der griechischen Staatsfinanzen hat in den vergangenen Jahrzehnten der - gleichermaßen von pseudo-sozialistischen wie von konservativen Regierungen abgesegnete - gigantische Militärhaushalt. Allein in den vergangenen zehn Jahren steigerten die Regierungen das Militärbudget von 4,5 auf 7,6 Milliarden Euro.

Das griechische Militär verfügt bereits über mehr als 1600 Panzer und damit pro Kopf der Bevölkerung über mehr als in jedem anderen NATO-Staat mit Ausnahme der USA. Laut OECD erreichten die griechischen Militärausgaben 2010 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 1,7 Prozent.

Im Jahr 2009 profitierte insbesondere die deutsche Rüstungsindustrie von der - auf Pump nicht zuletzt deutscher Banken - spendabeln griechischen Regierung, die damals 170 moderne Leopard-2-Panzer des deutschen Herstellers Krauss-Maffei-Wegmann im Preis von 1,72 Milliarden Euro für ihr Militär orderte. Übrigens verfügt das griechische Militär über insgesamt rund 350 Leopard-2-Panzer. Doch diese sind praktisch wertlos, denn es steht keine Munition für diesen Typ bereit.

Die deutsche Rüstungsindustrie hat von der mit legalen Schmiergeldern geförderten Kauflust der griechischen "Elite" bestens profitiert. Der griechische Staat ist traditionell der beste Kunde deutscher Rüstungs-Konzerne. In den Jahren 2005 bis 2010 machten dessen Bestellungen immerhin 15 Prozent des Gesamtumsatzes der deutschen Rüstungsindustrie aus. Nicht nur der Panzer-Produzent Krauss-Maffei-Wegmann machte in Griechenland gute Geschäfte. Auch der Kieler Rüstungs-Konzern Howaldtswerke-Deutsche-Werft lieferte U-Boote im Wert von fast drei Milliarden Euro ans griechische Militär.

Nicht selten traten deutsche PolitikerInnen als Handlungsreisende der Rüstungsindustrie in Athen auf. So drängte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Sommer 2007 bei einem Staatsbesuch den damaligen konservativen Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis, endlich die bereits seit 1996 diskutierte Bestellung über 60 Eurofighter-Kampfflugzeuge zu unterschreiben. Karamanlis versprach eine Entscheidung für 2009, um sich so die Unterstützung für die anstehende Wiederwahl zu sichern. Dennoch flog er aus dem Amt. Anfang Februar 2010, als die griechische Finanzmisere bereits von den europäischen Mainstream-Medien nicht mehr zu leugnen war, brachte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle bei einem Athen-Besuch die Flugzeugbestellung erneut zur Sprache und forderte von der griechischen Regierung "ein Bekenntnis zum Eurofighter" - wie sich GesprächsteilnehmerInnen erinnern.

Hartnäckig halten sich in Athen Gerüchte, wonach Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy sogar noch Anfang November 2011 bei einem Krisentreffen in Cannes den pseudo-sozialistischen griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, der seit 2009 im Amt war, gedrängt haben sollen, als Gegenleistung für weitere Hilfskredite müsse die griechische Regierung entsprechende Rüstungsaufträge vergeben. Merkel und Sarkozy ließen dies allerdings dementieren.

Ein griechisch-französisches Waffengeschäft war zu dem Zeitpunkt allerdings bereits in der Pipeline: Die griechische Regierung ordert bei der halbstaatlichen französischen Werft DCNS bis zu vier neue FREMM-Fregatten. Weil sie aber den Kaufpreis von rund 300 Millionen Euro pro Schiff nicht aufbringen kann, will Sarkozy die Fregatten der griechischen Kriegsmarine für fünf Jahre lang kostenlos überlassen. Danach soll die griechische Regierung die Kriegsschiffe entweder bezahlen, wobei sie einen Rabatt von 100 Millionen Euro bekommen soll, oder zurückgeben.

Derweil werden in Griechenland die Sozialleistungen und das Gesundheitssystem abgebaut, die Renten gekürzt und Zehntausende Staatsbedienstete entlassen. Der griechische Finanzminister hat bei Baufirmen und Lieferanten Schulden in Höhe von 6,6 Milliarden Euro, in den Schulen fehlt es an Schulbüchern und in den staatlichen Kliniken mangelt es mitunter sogar an Mullbinden. Und das griechische Militär schuldet der Raffineriegesellschaft Hellenic Petroleum einen zweistelligen Millionenbetrag für gelieferte Treibstoffe.

 

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