31.05.2012

"Versuchs-Endlager" Asse II
Rückholung des Atommülls weiter verzögert
BfS bereitet stattdessen Flutung vor

Atommüll illegal abgekippt Hannover (LiZ). In den vergang- enen Tagen wurde bekannt, daß die dringend nötige Rückholung des Atommülls aus dem "Versuchs-Endlager" Asse II möglicherweise bis ins Jahr 2036 verzögert werden soll. Im Januar 2010 war nach starkem öffentlichen Druck von der Bundesregierung versprochen worden, den Atommüll zu bergen. In den Jahren zuvor waren mehr und mehr gravierende Mängel und kriminelle Vertuschungen bekannt geworden. Nun kommt jedoch zutage, daß das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) derzeit Planungen zu einer gefährlichen Flutung des ehemaligen Bergwerks vorantreibt.

Seit zweieinhalb Jahren verspricht die Bundesregierung die Rückholung des Atommülls aus dem vom Einsturz bedrohten "Versuchs-Endlager" Asse II. Ständig wechselndes Personal ist mit der Ausarbeitung von Plänen beschäftigt, den Atommüll, der niemals in dem ehemaligen Salzbergwerk hätte eingelagert werden dürfen, zu bergen. Gleichzeitig wurden immer neue künstliche Hindernisse aufgebaut wie etwa der Bau einer eigenen Stickstoff-Fabrik auf dem Gelände des Bergwerks, da Stickstoff zur Bekämpfung eines möglichen Brandes in den Bergwerksstollen angeblich nicht auf andere Weise herangeschafft werden kann.

Einen Tag vor dem Besuch des neuen Bundes-"Umwelt"-Ministers Peter Altmaier in dem maroden Atommüll-Lager Asse II haben Bürgerinitiativen und Verbände heute in Hannover Zweifel und Mißtrauen geäußert, daß die Bundesregierung und die Landesregierung von Niedersachsen es mit der Räumung des Atommülls wirklich ernst meinen. Die Realität widerspricht den Beteuerungen der Partei-PolitikerInnen: Während die Maßnahmen zur Rückholung nicht vorankommen, wird die Flutung von Asse II – so, wie sie der alte Betreiber noch bis vor drei Jahren präferiert hat – unmittelbar vorbereitet.

"Wir haben kein Vertrauen," erklärt Andreas Riekeberg vom Asse-II-Koordinationskreis, "daß nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt jemand den Notfall ausruft und mit der Flutung beginnt. Wenn es tatsächlich noch bis 2036 dauern sollte, bis die Rückholung beginnt, dann wäre ja immerhin 24 Jahre Zeit, in der jederzeit geflutet werden kann. Sind jedoch erst einmal die Schleusen geöffnet, läßt sich der Atommüll nicht mehr zurückholen."

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bereitet derzeit durch verschiedene Maßnahmen die Flutung von Asse II vor, nicht aber die Beherrschung größerer Wasserzutritte. Diese sind jedoch jederzeit zu erwarten. Bereits im Jahr 2007 wurde publik, daß seit 1988 Wasser in die Stollen von Asse II eindringt und dies geheim gehalten wurde. Bereits 1965 war bekannt, daß die beiden benachbarten Schächte Asse I und Asse III abgesoffen waren. Von dem weniger als zehn Kilometer entfernten Salzbergwerk Hedwigsburg war nach einem Wassereinbruch nur noch ein wassergefüllter Krater übrig geblieben.

Dr. Frank Hoffmann vom Asse-II-Koordinationskreis fand bei einem detaillierten Vergleich des sogenannten "Notfallkonzeptes" des BfS für Asse II mit dem Konzept "Vollverfüllung" des alten Betreibers GSF heraus, daß die Flutung mit Magnesiumchlorid-Lösung weiter planerisch vorbereitet wird. Bei einer Flutung der Bergwerksschächte und den darin enthaltenen weitgehend verrosteten Atommüll-Fässern würde es in unbekannten Zeiträumen an unbekannten Orten in Norddeutschland zu einer Freisetzung von Radioaktivität in unbekanntem Ausmaß kommen. Nach Berechnungen von Dr. Ralf Krupp aus dem Jahr 2010 kann dies innerhalb weniger Jahre geschehen.

Weiterhin lehnt der Asse-II-Koordinationskreis daher eine Flutung von Asse II strikt ab: "Die unabsehbaren Schädigungen von Mensch und Umwelt sind nicht zu verantworten." Zugleich fordern die UmweltschützerInnen, daß das BfS umgehend andere Konzepte für den "Notfall" des auslegungsüberschreitenden Lösungszutritts entwickeln und mit Hochdruck an der Umsetzung der Rückholung arbeiten müsse.

 

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Anmerkungen

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      Folge 12 der Info-Serie Atomenergie