30.10.2014

Drohnen über Atomkraftwerken
Gefahr durch Terrorismus

Drohne über AKW - Fotomontage: Samy
Paris (LiZ). Über mindestens sechs französischen Atomanlagen wurden seit dem 14. September nicht identifizierten Drohnen gesichtet. Darunter befanden sich auch die Atomkraftwerke Fessenheim und Cattenom. Der französische Atom-Konzern EdF erstattete Anzeige gegen Unbekannt.

Wenn es um die Begehrlichkeit geht, in den Besitz von Fluggast-Daten zu gelangen, beschwören die PolitikerInnen dies- wie jenseits des Rheins allzu gerne die Gefahr des Terrorismus. So spricht etwa der deutsche Innenminister Thomas de Maizière - wie stetes ohne überprüfbare Fakten - von einer steigenden Bedrohung durch "Dschihadisten" (Siehe unseren Artikel v. 28.10.14).

Diese Haltung ist offensichtlich schizophren. Denn wenn die Gefahr durch ein von TerroristInnen gekapertes Flugzeug real ist, müssen alle Atomkraftwerke sofort stillgelegt werden. Weder die französischen noch die neun in Betrieb befindlichen deutschen Atom-Reaktoren verfügen über einen ausreichenden Schutz gegen den gezielten Absturz eines Passagier-Flugzeugs nach dem Vorbild des Terror-Angriffs auf das World Trade Center vom 11. September 2001. Ein so ausgelöster Super-GAU kann je nach Windverhältnissen ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands in eine für Jahrhunderte unbewohnbare Zone verwandeln.

Nach Informationen der Umweltschutz-Organisation Greenpeace gab es in dem genannten Zeitraum Drohnen-Flüge über vier weitere Atomanlagen in Frankreich. Eine davon ist das Atomkraftwerk Fessenheim, das sich nur 24 Kilometer von Freiburg entfernt am Rhein befindet. Herkunft und Auftraggeber der Überflüge sind unbekannt. Spekulationen, daß Greenpeace für die Flüge verantwortlich sei, weist die Umweltschutz-Organisation zurück.

"Frankreichs Behörden wissen seit Jahrzehnten, daß ihre Atomkraftwerke äußerst anfällig für Terrorangriffe sind," sagt Susanne Neubronner, Atom-Expertin von Greenpeace. "Daß nicht identifizierte Drohnen ohne jegliche Reaktion der Sicherheitsbehörden über Atomanlagen fliegen können, offenbart große Sicherheitslücken."

AKW-Betreiber EdF stellte Strafanzeige gegen Unbekannt wegen nicht identifizierter Flugobjekte über den Atomanlagen in Blayais, Bugey, Graveline, Cattenom, Chooz und Nogent-sur-Seine. Die erste Drohne wurde danach am 14. September über dem Forschungszentrum der Atom-Energie-Kommission (CEA) in Saclay beobachtet. Am 19. Oktober wurden an vier Anlagen Flugobjekte gesichtet. Das französische Gesetz verbietet Flüge im Umkreis von fünf Kilometern und unter 1000 Metern Höhe um eine Atomanlage.

Greenpeace Frankreich fordert sofortige Erklärungen der französischen Atomaufsicht ASN und bemängelt die viel zu späte Reaktion des Konzerns EdF, der erst Tage nachdem die Drohnen gesichtet worden waren, Anzeige bei der örtlichen Polizei erstattete. Greenpeace Deutschland fordert in einem Brief an Außenminister Frank-Walter Steinmeier, sich bei der französischen Regierung um sofortige Aufklärung der Überflüge zu bemühen.

In Deutschland klagt Greenpeace seit dem Jahr 2003 aufgrund der Verwundbarkeit durch Terrorangriffe und Flugzeugabstürze gegen mehrere deutsche Atomkraftwerke. Nach dem Atom-Desaster in Fukushima ordnete die Bundesregierung im Sommer 2011 die Stilllegung von acht von insgesamt 17 Atom-Reaktoren an. Gegen die Stilllegung ihrer AKW klagen derzeit die Konzerne RWE, E,on und Vattenfall.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      "Schwarz-Rot" mit Appetit auf Passagier-Daten
      Angeblicher Zweck: Terrorabwehr (28.10.14)

      "Zwischenlager" Brunsbüttel
      ... 38, 55, 102 (10.10.14)

      "Zwischenlager" Brunsbüttel
      Nach 38 jetzt 55 rostige Atommüll-Fässer (25.09.14)

      Verrostete Atommüll-Fässer im AKW Brunsbüttel
      10, 18, 28, 38 - und wie geht's weiter? (12.09.14)

      AKW Brunsbüttel: Weitere rostige Fässer
      ...und kein Ende (20.08.14)

      Die rostigen Atommüll-Fässer von Brunsbüttel
      - eine Bastelaufgabe (20.02.14)

      AKW Brunsbüttel:
      Noch mehr rostige Atommüll-Fässer im Keller (12.02.14)

      Gericht verwirft Genehmigung
      für Zwischenlager am AKW Brunsbüttel
      Endlager-Such-Gesetz obsolet
      Stop aller 9 Atom-Reaktoren in Deutschland? (19.06.13)

      Rostige Atommüll-Fässer
      im AKW Brunsbüttel (7.03.12)

      AKW Brunsbüttel: Ministerin Trauernicht
      verheimlicht kritischen Bericht (16.01.08)

      AKW Brunsbüttel läuft weiter
      Schneller warten mit Gabriel (23.06.07)

      Wie gefährlich ist Brunsbüttel?
      Forsmark und die deutschen Atomkraftwerke (25.08.06)