26.01.2012

Libelle des Jahres 2012
60 Prozent auf der Roten Liste

Blaugrüne Mosaikjungfer, BUND Libelle des Jahres 2012, Foto: Günther J. Loos Berlin (LiZ). Die Blaugrüne Mosaikjungfer wurde zur "Libelle des Jahres 2012" gekürt. UmweltschützerInnen und BiologInnen wollen damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für eine "fazsinierende Insektengruppe" wecken. Von 80 in Deutschland vorkommenden Libellen-Arten stehen bereits 48 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Die Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) ist eine der größten und auffälligsten unter den 80 Libellen-Arten, die in Deutschland - noch - an Gewässern zu finden sind. Im Zuge der Ausdehnung von Siedlungs- und Gewerbegebieten, von Straßenbau, Flughafenerweiterungen und vielen weiteren Formen des Flächenfraßes verschwanden in Deutschland immer mehr Kleingewässer. Bei Straßenbau-Projekten hieß es dann beispielsweise "Ist der Kammmolch etwa wichtiger als der Mensch?" oder im Falle von 'Stuttgart 21': "Es kann doch nicht sein, daß der Juchtenkäfer ein Milliarden-Projekt verhindert!" Zum einen wird mit solchen Sprüchen zu verdecken versucht, daß es lediglich um die Profit-Interessen einer Minderheit geht, zum anderen, daß diese Minderheit mit dem von ihr provozierten größten Artensterben auf diesem Planeten seit 55 Millionen Jahren der Menschheit den eigenen Ast am Baum des Lebens absägt.

Der Fortbestand der Menschheit hängt dabei nicht allein vom Erhalt des ökologischen Gleichgewichts und der Stabilität des globalen Netzes, das die Tier- und Pflanzenarten dieses Planeten bilden ab. Die Ausrottung einer einzigen Insekten-Art kann das Aus für die Spezies Mensch zur Folge haben. Schon Albert Einstein hatte erkannt: "Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr - keine Bestäubung mehr - keine Pflanzen mehr - keine Tiere mehr - keine Menschen mehr..."

Mit der Wahl eines "Insekts des Jahres" und der damit erhofften Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit soll zugleich die Schönheit von Insekten wie etwa Libellen und Schmetterlingen ins Bewußtsein gerückt werden. Einmal ausgerottet sind diese fliegenden Juwelen der Natur unwiederbringlich verloren. Letztlich wird nicht allein das intellektuelle Argument von der für das Überleben der Menschheit unabdingbaren Rettung der vom Aussterben bedrohten Arten, sondern mindestens ebenso sehr die emotionale Verbundenheit des Menschen mit anderen Lebewesen - auch "häßlichen" wie etwa Spinnen - für unsere Überlebens-Chance entscheidend sein.

Die Blaugrüne Mosaikjungfer erhielt ihren Namen allein aufgrund der Färbung der männlichen Exemplare. Am Hinterleib haben sie grüne Flecken auf schwarzem Grund, die schließlich in blaue Flecken übergehen. Im Gegensatz dazu haben Weibchen durchgängig einen braun-schwarz-grün gefärbten Hinterleib. Die Blaugrüne Mosaikjungfer erreicht die beachtliche Länge von bis zu 8 Zentimeter, ihre Flügelspannweite beträgt bis zu 10 Zentimeter.

"Blaugrüne Mosaikjungfern gehören zu den häufigsten Edellibellen. Da sie sich sehr gut beobachten lassen und dem Menschen sehr nahe kommen können, soll ihre Wahl zur Libelle des Jahres 2012 dazu beitragen, auf diese faszinierende Insektengruppe aufmerksam zu machen," erklärte die BUND-Naturschutzexpertin Heidrun Heidecke. Außerdem wollen BUND und Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen (Libellenkundler) mit dieser Wahl dabei helfen, Vorurteile abzubauen. "Denn hartnäckig hält sich die Mär, daß Libellen stechen können. Sie haben aber weder Stechrüssel noch Giftstachel und stechen deshalb auch nicht," so Heidecke.

Die Blaugrüne Mosaikjungfer fliegt von Juli bis Oktober und kommt an nahezu allen stehenden Gewässern vor. Neben Waldweihern, natürlichen Tümpeln und Fischteichen zählen auch Gartenteiche und Regentonnen zu ihren bevorzugten Lebensräumen. Ein naturnaher Teich im Kleingarten oder ein Parkteich in der Stadt reicht den Libellen bereits aus. Die Weibchen der Blaugrünen Mosaikjungfer legen ihre Eier auf treibende Holzstückchen und nahe dem Wasserspiegel in Baumstämmen und Uferbereichen ab. Dort überwintern die Eier. Die Larven leben ein bis zwei Jahre im Gewässer und überwintern dort ebenfalls. Die ausgewachsene Larve kriecht schließlich an Pflanzen aus dem Wasser, aus ihr schlüpft die erwachsene Libelle.

Die Männchen der Blaugrünen Mosaikjungfer kann man häufig bei "Patrouillenflügen" beobachten. Die Insekten fliegen im wiederkehrenden Rhythmus das Ufer auf und ab und halten Ausschau nach Beute, Rivalen und Weibchen. Dabei nähern sie sich dem Menschen gelegentlich bis auf wenige Zentimeter. Reviere werden von den Libellen-Männchen nur für kurze Zeit besetzt, dann aber heftig gegen Artgenossen verteidigt. Schon nach wenigen Stunden suchen sich die Männchen neue Reviere. Bei der Suche nach attraktiven Revieren legen die Blaugrünen Mosaikjungfern oft weite Strecken zurück und erschließen sich so auch immer wieder neue Gewässer. Schon die Anlegung eines Gartenteichs kann zum Überleben von Libellen-Arten beitragen (siehe hierzu den Artikel am Ende der angefügten Liste).

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Schall-Untersuchungen im Meer
      Gefährdet deutsches Institut Wale und Robben?
      (23.01.12)

      UN-Bericht:
      Walbestände schrumpfen dramatisch (9.01.12)

      Skrupellose Thunfischjagd
      Informant offenbarte sich Greenpeace (19.11.11)

      Artenvernichtung
      Rote Liste wird länger (10.11.11)

      Dohle: Von der Roten Liste
      zum Vogel des Jahres 2012 (15.10.11)

      Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
      Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      TierschützerInnen kritisieren Delphin-Lagune
      im Nürnberger Zoo: "Teure Tierquälerei" (27.07.11)

      Schockierende wissenschaftliche Studie:
      Das Meer stirbt (21.06.11)

      Erfolg für Sea Shepherd?
      Japanische Walfang-Flotte dreht bei (16.02.11)

      Vergeblicher Alarm
      Weltmeere bald tote Meere (2.02.11)

      UN-Artenschutzkonferenz in Nagoya
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      Wale und Delphine leiden
      unter zunehmendem Lärm (8.07.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      IWC schreibt Status Quo fort
      Weiterhin illegaler Walfang (24.06.10)

      Korruptions-Skandal bei der Walfangtagung
      IWC-Vorsitzender unter Bestechungsverdacht (21.06.10)

      Rettung für Wale?
      Bundestag beschließt Ausstiegs-Szenario (10.06.10)

      Greenpeace-Protest in Rotterdam
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      Artenschutzkonferenz zündet nächste Stufe
      zur Zerstörung der Lebensgrundlagen (18.03.10)

      Fatale Zusagen an Walfänger geplant
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