"S"PD stimmt für Vorratsdatenspeicherung
Gabriel und Maas setzen sich durch
Berlin (LiZ). Obwohl vielen FunktionärInnen in der "S"PD bewußt war, daß sie nach einer Zustimmung zur VDS mit erheblichen WählerInnen-Verlusten rechnen müssen, stimmten sie beim Partei-Konvent in Berlin dem von Partei-Chef und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel forcierten und von Bundes-Justizminister Heiko Maas vorgelegten Gesetzes-Projekt zu.
Maas war vor zehn Tagen in die Kritik geraten, weil der von ihm in Kooperation mit dem "schwarzen" Bundes-Innenminister Thomas de Maizière vorgelegte Gesetz-Entwurf für eine zweite Einführung der Vorratsdatenspeicherung offensichtlich äußerst unprofessionell formuliert wurde (Siehe unseren Artikel v. 10.06.15). Doch dies schien auf dem Partei-Konvent in Berlin wenig zu stören. Maas erklärte, er sei "eben nicht nur für die Freiheit, sondern auch für die Sicherheit zuständig". Dabei sagt die überwiegende Mehrheit der Fachleute, daß die VDS keineswegs zu mehr Sicherheit beitragen könne - zugleich jedoch wird so der Weg in den Überwachungsstaat geebnet. Das Vorhaben wurde mit 124 zu 88 Stimmen bei 7 Enthaltungen akzeptiert.
Zu vermerken bleibt, daß sich Sigmar Gabriel - abgesehen von seiner körperlichen Konstitution - wieder einmal als politisches Leichtgewicht outete: Auf dem Konvent behauptete er, das 2007 erstmals verabschiedete (und 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärte) VDS-Gesetz stamme "aus schwarz-gelben Zeiten". Dabei war der frühere Pop-Beauftragte der "S"PD von 2005 bis 2009 Bundes-"Umwelt"-Minister. Daß das VDS-Gesetz trotz erheblichen Drucks von rechts in der Zeit der "schwarz-gelben" Koalition in den Jahren 2009 bis 2013 nicht wieder eingeführt wurde, war vor allem dem ausdauernden Widerstand von Bundes-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu verdanken. (Sie hatte 2007 zu den KlägerInnen gegen das VDS-Gesetz gehört.)
Nachdem der Europäische Gerichtshof im April 2014 die EU-Richtlinie zur Speicherung aller Verbindungsdaten für rechtswidrig und nichtig erklärt hatte, wurden kurz darauf die nationalen VDS-Gesetze in Österreich, der Slowakei und Rumänien vor Gericht zu Fall gebracht. Im März 2015 folgten die Niederlande und Bulgarien. Das Entsetzen bei den deutschen DatenschützerInnen und Internet-NutzerInnen über das angekündigte Vorgehen der "schwarz-roten" Bundesregierung ist entsprechend groß. BürgerrechtlerInnen hatten die Mitglieder der "S"PD aufgefordert, sich dem eingeschlagenen Kurs der Parteiführung entgegenzustellen (Siehe unseren Artikel v. 22.03.15).
Der Gesetz-Entwurf sieht vor, daß Telekommunikations-Unternehmen die Telefon- und Internet-Verbindungsdaten aller BürgerInnen zehn Wochen lang speichern. Dazu gehören die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe sowie die IP-Adressen von Computern. Für die Standortdaten, die bei der Nutzung von Mobiltelefonen anfallen, ist eine Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen. Mobilfunk-Provider werden künftig also in Datenbanken die Aufenthaltsorte und Bewegungsprofile von 80 Millionen Deutschen für die jeweils vorangegangenen vier Wochen speichern müssen.
Geplant ist von der Berliner Parteien-Politik, über den VDS-Gesetz-Entwurf nach der Sommerpause im Bundestag abzustimmen. Etliche Organisationen kündigten bereits an, erneut gegen die VDS vor dem Bundesverfassungsgericht Klage einzureichen. Maas scheint dies nicht zu beeindrucken: "Wir orientieren uns strengstens an den engen Vorgaben des Verfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes. Ich bin mir sicher, daß unser Gesetzesvorschlag jeder gerichtlichen Überprüfung standhält," sagte er.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Maas hat VDS-Gesetz vermasselt
Mängelrügen von vielen Seiten (10.06.15)
Witz der Woche
Seeheimer Spargel-Dampfer mit Maas gerettet (10.06.15)
Witz der Woche / Karikatur von Samy
Maas, de Maizière und der facebook-Schutz (25.03.15)
Justizminister Maas fällt um
VDS und totalitärer Staat (22.03.15)
Vorratsdatenspeicherung
Widerstand gegen Gabriels Pläne (17.03.15)
BürgerrechtlerInnen sagen Nein zu Forderung
nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung
(12.01.15)
Bundesverfassungsgericht:
Vorratsdatenspeicherung war verfassungswidrig (2.03.10)