Berlin (LiZ). Als einziges Bundesland hat bislang Mecklenburg-Vorpommern in dem von Niedersachsen ausgehenden Gen-Mais-Skandal Angaben gemacht, wo der vom Gentech-Konzern Pioneer stammende, mit Gen-Mais kontaminierte Mais angepflanzt wurde. Anfang Juni war bekannt geworden, daß die gen-kontaminierte Mais-Saat in insgesamt sieben Bundesländern verteilt worden ist. Mitverursacher waren niedersächsische Ministerien, die über einen Monat Zeit verstreichen ließen, bis sie die ihnen vorliegenden Informationen an die LandwirtInnen weitergaben. Da war die kontaminierte Mais-Saat jedoch bereits ausgesät.
Greenpeace und der Anbauverband Bioland kritisieren, daß es bei der bestehenden Informations-Blockade der Behörden in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nicht möglich ist, vor dem Saatgut zu warnen. "Auch die anderen Bundesländer müssen jetzt veröffentlichen, wo der illegale Gen-Mais ausgesät wurde. Nur so können sich benachbarte Landwirte, Saatguthersteller, Imker und Gärtner darüber informieren, ob ihnen Schaden droht," erklärt Stephanie Töwe, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. Die Flächen müßten zudem im Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für jeden zugänglich eingetragen werden.
Außer im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist ohne die gebotene Transparenz nicht zu überprüfen, ob die von allen sieben betroffenen Landesregierungen angeordnete Vernichtung der kontaminierten Mais-Anpflanzungen auch realisiert wird. Die baden-württembergische Landesregierung verweigert die Information, obwohl im "Ländle" rund 90 Landwirte mit insgesamt 640 Hektar Anbaufläche vom Gen-Mais-Skandal betroffen sind.
Greenpeace kritisiert zudem den Gentech-Konzern Pioneer, der eine Entschädigung der betroffenen LandwirtInnen bislang verweigert. "Das macht den Skandal perfekt. Pioneer muß die Landwirte umgehend und angemessen entschädigen," fordert Bioland-Präsident Thomas Dosch. Die Forderung aus der Saatgutbranche und von Partei-PolitikerInnen, Schwellenwerte für "gentechnische Verunreinigungen" im Saatgut einzuführen, lehnen Bioland und Greenpeace entschieden ab. "Ein Recht auf Verschmutzung darf es nicht geben. Die EU-Regelung der Nulltoleranz muß Bestand haben," so Thomas Dosch.
Nach der gültigen EU-Regelung darf Saatgut nicht vermarktet werden, wenn es auch nur minimale Spuren von nicht zugelassenen Gen-Sorten enthält. Bioland und Greenpeace fordern zudem, Saatgut unabhängig überprüfen zu lassen, damit die Firmen ihre Qualitätssicherung verbessern. Bislang sind nach Aussagen des Sprechers des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Gert Hahne, die Hersteller für die Kontrolle des Saatgutes zuständig und nicht die Behörden.
Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hatte die Anfang März erhaltenen Information, daß Mais-Saatgut des Gentech- und Agro-Konzerns Pioneer mit der genmanipulierten Sorte NK603 verunreinigt war, erst Mitte April weitergegeben. Mais der Sorte NK603 ist in der EU nicht zum Anbau zugelassen. Die Ergebnisse der regelmäßig im Frühjahr durchgeführten Saatgutproben müssen bis zum 31. März veröffentlicht werden. Bislang ist offenbar auch niemand in den niedersächsischen Ministerien zur Rechenschaft gezogen worden. Dies wirft ein besonderes Licht auf die Rolle des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und jetzigen Bundespräsidenten Christian Wulff.
LINKSZEITUNG
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Gen-Cocktail bei Feinkost Käfer
Umweltinstitut München findet bei dem Traditions-
unternehmen sieben illegal verwendete Gen-Mais-Sorten
(18.06.10)
Niedersachsen Gen-Skandal weitet sich aus
Gen-kontaminierter Mais in 7 Bundesländern ausgesät
(6.06.10)
Skandal in Niedersachsen - Behörden sehen weg
Gen-kontaminierter Mais ausgesät (7.05.10)
Saatgut mit Gen-Mais kontaminiert
Zufall oder Absicht? (27.04.10)
US-Gericht verurteilt Bayer-Konzern
50 Millionen Schadenersatz wegen Gen-Reis (16.04.10)
Bulgarien bleibt gentech-frei
EU-Richtlinien genial ausgetrickst (25.03.10)
Bauernpräsident Sonnleitner als Gentech-Lobbyist
Sonnleitner fordert Erleichterungen für Gen-Futtermittel
(20.10.09)
Verunreinigungen mit Gen-Mais immer häufiger
EU-weit verdreifachten sich die negativen Ergebnisse
(15.08.09)
Gen-Mais NK603 verunreinigt 170 Hektar
Behörden spielen auf Zeit (24.07.09)
Saatgut mit Gen-Mais NK603 kontaminiert
Laxe Auflagen bei der Beseitigung (13.05.09)
CSU für und gegen Gen-Mais
Anbau in Bayern nur im Glashaus (11.02.09)
Öko-Landbau in Deutschland weiterhin gebremst
Einseitig Subventionen für Agro-Gentechnik
und Agro-Chemie (29.01.09)
Gentechnik auf dem Acker
Honig wird zu Sondermüll (30.09.08)
Österreich verhängt
Importverbot für Gen-Mais (24.07.08)
Gen-Raps nahezu unausrottbar
Mehr als zehn Jahre Quarantäne (3.04.08)
Frankreich verlängert Anbau-Moratorium von Gen-Mais
Wissenschaftlicher Ausschuß bestätigt
Gefahr von MON 810 (13.01.08)
Gen-Raps auf tausend Hektar
in Deutschland
Illegaler Anbau erst jetzt entdeckt (30.08.07)
Renate Künast und der heimliche
Genmais-Anbau in Endingen (29.01.07)